Wir teilen den folgenden Text, der in der mexikanischen Region von unseren Gefährten im Bulletin Contra la contra Nummer 3 vom März 2020 veröffentlicht wurde.
Seit 2019 zeigt die Weltwirtschaft Anzeichen einer Verlangsamung und prognostiziert für 2020 eine bevorstehende Krise. Als ob dies nicht schon genug wäre, hat sich seit Anfang dieses Jahres der zwischen den USA und Russland geführte Handelskrieg um den Ölpreis verschärft, was zu einem drastischen Rückgang des Rohölpreises geführt hat, wovon diejenigen Länder profitieren, die über ausreichende Reserven verfügen (Russland und Saudi-Arabien), um ihre Produktion an die niedrigen Preise anzupassen. Auf der anderen Seite hat der Ausbruch des neuen Coronavirusstamms „Covid-19“, der seit Ende letzten Jahres in China verheerende Schäden angerichtet hat, die Grenzen überschritten und den Rest der Welt in Mitleidenschaft gezogen und damit der drohenden Wirtschaftskrise vorgegriffen. Die Weltwirtschaft steckt bereits mitten in der Krise, die Verwalter der Macht warten auf die großen finanziellen Rettungsmaßnahmen, die Bourgeoisie beginnt unter dem Vorwand der glücklichen „Quarantäne“ Fabriken zu schließen und Beschäftigte zu entlassen. Die Katastrophe steht unmittelbar bevor.
“Auf allen Ebenen: politisch, moralisch, spirituell, materiell, wird man erfahren, was hinter dem Fortschritt steht: der Tod.
Was für eine Herausforderung! Entweder das Auschwitz der Natur oder das Stalingrad der Industrie
Jede Predigt ist nutzlos. Der Fortschritt wird sich nur selbst aufhalten, dank der Katastrophen, die er verursachen wird”.
So schrieb Mitte der 1970er Jahre ein Schweizer Dichter, dessen Name nicht auf der Liste der Vorläufer der Katastrophenpädagogik steht, die den Anhängern des “Schrumpfungsparadigmas” [decrescita] so sehr am Herzen liegt. Ihr unbestrittener Lehrer Serge Latouche äußerte sich immer auf optimistische Weise, dass Katastrophen, das Bewusstsein zu wecken im Stande seien; ja… aber welches? Das der politischen Klasse, getrieben von der Kraft der Ereignisse, eine verlorene Menschlichkeit die durch eine lang anhaltende toxische Abhängigkeit vom Konsumismus taub, blind und stumm gemacht wurde, wieder auf den richtigen Weg der Bescheidenheit zu bringen. Es handelt sich um eine Überzeugung, die auch heute noch nach außen dringt, wo etwa die Hälfte der Weltbevölkerung zu Hause eingesperrt ist, um einem Virus zu entgehen, von dem angenommen wird, dass er für den Tod von über 100.000 Menschen auf der ganzen Welt verantwortlich ist.
Zu seinem großen Bedauern seit dem 7. April 2020 in seinem Haus eingesperrt.
Die gegenwärtige Krise hat einige Wendungen in der sozialen Kontrolle des Staates bedeutet. Das Wichtigste in diesem Bereich war bereits recht gut etabliert, weil die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die heute herrschen, es verlangten; die Krise hat den Prozess nur noch beschleunigt. Wir nehmen gewaltsam als eine Masse von Manövern an einer Generalprobe teil, um die herrschende Ordnung angesichts einer globalen Bedrohung zu verteidigen. Das Coronavirus 19 war der Grund für die Wiederaufrüstung der Herrschaft, aber eine nukleare Katastrophe, eine klimatische Sackgasse, eine unaufhaltsame Migrationsbewegung, eine anhaltende Revolte oder eine schwer zu bewältigende Finanzblase wären dennoch gleich schwierig gewesen zu bewältigen. Die Ursache ist jedoch nicht unbedeutend, und die wahrhaftigste ist der globale Trend zur Konzentration des Kapitals, das, was führende Politiker unterschiedslos Globalisierung oder Fortschritt nennen. Dieser Trend korreliert mit der Tendenz zur Machtkonzentration und damit zur Stärkung des staatlichen Eindämmungs-, Desinformations- und Repressionsapparates. Wenn das Kapital die Substanz eines solchen Eies ist, ist der Staat die Schale. Eine Krise, die die globalisierte Wirtschaft gefährdet, eine Systemkrise, wie man heute sagt, provoziert eine fast automatische Abwehrreaktion und setzt bereits im Vorfeld vorbereitete Disziplinar- und Strafmechanismen in Gang. Das Kapital tritt in den Hintergrund, und dann erscheint der Staat in seiner ganzen Fülle. Die ewigen Gesetze des Marktes können Urlaub nehmen, ohne dass ihre Gültigkeit geändert wird.
Die Bundesregierung setzt für eine schrittweise Rücknahme der Corona-Kontaktbeschränkungen auf eine breite Akzeptanz für die nach Ostern herunterladbare App zur nachträglichen Kontaktrekonstruktion Infizierter. Die (berechtigte) Angst vor dem Virus wird benutzt, um einem Großteil der Bevölkerung „freiwillig“ ein autoritär hochwirksames Werkzeug zu verabreichen.
Wir kritisieren in diesem Artikel die technische Konstruktion der App, aber auch ihre sozial-technokratischen Konsequenzen. Selbst wenn das Protokollieren von Kontakten vollständig pseudonym erfolgen würde, müssen wir dringend vor dieser App warnen. In dem Moment, wo (sogar anonyme) Verhaltensdaten flächendeckend anfallen, sind die prädiktiven Modelle, die damit trainiert werden, dazu in der Lage, ganze Populationen in Risikogruppen einzuteilen und algorithmisch zu verwalten. Hinzu kommt, dass ein simples Software-Update die App in ein wirksames Tool zur individuellen Zugangsbeschränkung verwandelt. Daher unser klares Nein zur Corona-App!
Es gibt alles und für jeden Geschmack etwas. Ein Extrem sind die spektakuläreren Versionen, in denen Trump das Coronavirus in China eingeführt hätte, um den Handelskrieg zu gewinnen. Oder China hätte es getan, um es auf andere Länder zu verbreiten, sich zuerst von der Gesundheitskrise zu erholen und die Welt zu beherrschen. Oder es wären die Regierungen ihrer eigenen Länder gewesen, die besorgt über die Rentenfrage waren und die die typische malthusianische Lösung angewandt hätten, indem sie die meisten alten Menschen aus dem Weg geräumt hätten. Das andere Extrem, das subtiler ist und auch in bestimmten Medien viel weiter verbreitet ist, behauptet, dass die Ernsthaftigkeit des Coronavirus, wenn nicht eine mediale Erfindung, so doch zumindest bewusst von der Bourgeoisie übertrieben wird, um ihre repressive Kontrolle über uns zu verstärken. Ist es nicht verdächtig, dass die Regierungen den Ausnahmezustand ausrufen, die Armee auf die Straße schicken, die Polizeipatrouillen verstärken und hohe Geldstrafen für eine Krankheit verhängen, die nicht die jährliche Todesrate der Grippe erreicht? Wie dem auch sei, irgendetwas ist hier merkwürdig.
Von der Soligruppe für Gefangene übersetzt, dieser Text wurde ursprünglich auf Spanisch von der Grupo Barbaria veröffentlich.
Es ist schwer, jetzt einen Text wie diesen zu schreiben. Im gegenwärtigen Kontext, in dem das Coronavirus die Lebensbedingungen vieler von uns zerbrochen hat – oder zu zerbrechen droht -, ist das Einzige, was du tun willst, auf die Straße zu gehen und alles in Brand zu setzen, notfalls mit dem Mundschutz. Das ist es wert. Wenn die Wirtschaft über unseren Leben hängt, ist es sinnvoll, die Eindämmung des Virus bis zum letzten Moment hinauszuzögern, bis die Pandemie bereits unvermeidlich ist. Es macht auch Sinn, dass wir diejenigen sein sollten, die entlassen werden, die zur Arbeit gezwungen werden, die weiterhin in Gefängnissen und ICEs (Abschiebeknäste) eingesperrt sind, die gezwungen sind, zwischen Krankheit und der Verbreitung der Infektion an ihre Geliebten zu wählen oder in Quarantäne zu verhungern. All dies mit patriotischem Jubel und dem Aufruf zur nationalen Einheit, mit sozialer Disziplin als Mantra der Henker, mit Lob für den guten Bürger, der den Kopf beugt und schweigt. Das Einzige, was du in Zeiten wie diesen willst, ist, alles in die Luft zu jagen.
„Freiheit kann nur die Gesamtheit der Freiheit sein; ein Stück Freiheit ist keine Freiheit“. Max Stirner, Der Einzige und sein Eigentum.
Mit der Ausbreitung der Pandemie geht der Flügel des Todes über jeden einzelnen von uns hinweg, während wir uns gleichzeitig alle unter einer ebenso autoritären wie ungeordneten staatlichen Verwaltung befinden. In der verallgemeinerten Entfremdung von allem, worauf wir bisher die Fähigkeit hatten, selbst wenn es illusorisch wäre, zu entscheiden, was mit uns selbst geschieht (aber ist die Fahrt mit der U-Bahn zur Arbeit wirklich eine Entscheidung, die wir selbst treffen?), sind dies nun Funktionen, die uns als offensichtliche Ausübung einer individuellen Grundfreiheit erscheinen, die sich verhindert, kontrolliert, kriminalisiert findet (aus dem Haus gehen, Brot kaufen, zu seinen Verwandten gehen, sich treffen, küssen, lieben usw.), und die „Barrieregesten“ regulieren sogar das tägliche und intime Verhalten der Eingeschlossenen.
Die gestrige Nachricht ist, dass – laut einer Umfrage – 72% der Italiener es für richtig halten, diejenigen bei der Polizei anzuzeigen, die sich nicht an die Anti-Pandemie-Verbote halten. Insbesondere sollten alle Versammlungen oder Feiern in den Häusern der Nachbarn gemeldet werden. Fast drei von vier Italienern spionieren das Verhalten ihrer Nachbarn aus, bereit, die Polizei zu rufen, wenn jemand es wagt, sich mit Freunden zu treffen und sich mit ihnen zu vergnügen? Und was ist mit all den potenziellen Massenmördern, die es wagen, laufen zu gehen, es wagen, mit ihren Hunden Gassi zu gehen, ihre Kinder – vielleicht mit ihren Freunden – im Freien spielen zu lassen?
Es lässt sich nicht leugnen, dass das, was in der Welt geschieht, zumindest den Verdienst hatte, den Menschen verständlich zu machen, was mit Herdenimmunität gemeint ist. Es scheint uns ein entlarvendes Konzept zu sein, das uns in Lage versetzt, dessen Bedeutungsambivalenz perfekt zu verstehen. Wir beziehen uns natürlich nicht auf seine medizinische, sondern auf seine soziale Bedeutung. Im Gesundheitsbereich ist dessen Verwendung fast schon pathetisch, eine echte Mystifizierung, die Verwirrung schürt, indem sie eine Immunität verspricht, die es nicht geben kann. Die Immunität, die wirkliche, ist ein erwiesener und tatsächlich dauerhafter Zustand, der nur auf natürliche Weise erworben werden kann, indem man eine Krankheit (jedoch nicht irgendeine Krankheit) durchläuft. Mit der Impfung erhält man das genaue Gegenteil. Im besten Fall versuchen wir, die Krankheit zu vermeiden, indem wir künstlich eine biologische Abwehr aufbauen, die nur bis zum Beweis des Gegenteils unüberwindbar ist, und die oft und gerne vorübergehenden Charaker aufweist. Es ist sowohl ein Amulett gegen die Krankheit als auch ein Mittel gegen Faulheit, eine industrielle Abkürzung für den langen anstrengenden Prozess, die eigene Immunabwehr zu stärken. Man hat sicherlich eine Bild jener im Kopf, die “gesund bleiben”, indem sie ein Pille nach der anderen nehmen, anstatt sich die Mühe zu machen, über sich selbst Bescheid zu wissen und für sich selbst zu sorgen. Sie essen schlecht und nehmen Medikamente ein, schlafen schlecht und nehmen Medikamente ein, leben schlecht und nehmen Medikamente ein. Sind die Muskeln des mit Steroiden bepackten Bodybuilders vergleichbar mit den Muskeln des Turners, der täglich trainiert? Bei der Impfung passiert dasselbe. Genau deshalb schadet die Impfung, wie auch die Einnahme von Medikamenten und Steroiden, mehr als dass sie gut tut, sie vergiftet und schwächt den Körper weiter. Dies vorausgeschickt, welchem Arzt, der von einem aussergewöhnlichen Sinn für Humor versehen zu sein scheint, ist es eingefallen, die Menschheit mit einer Herde zu vergleichen?
von https://plagueandfire.noblogs.org/(Original auf https://roundrobin.info/)
Die Ereignisse dieser letzten Periode sind eine Zusammenfassung dessen, was wir wahrscheinlich in nicht allzu ferner Zukunft sehen werden; kurz gesagt, die Veränderung in diesen Wochen zeigt eine Umstrukturierung, die viel tiefer und nachhaltiger ist als die Verbreitung eines Virus.
Drei Elemente sind als Rückgrat dieser neuen Gesellschaft, mit der wir konfrontiert sind, miteinander verflochten.
Dass es so etwas wie soziale Kontrolle gibt, durch die der Großteil des Körpers einer Gesellschaft überwacht, gelenkt und zu einer Reihe von Verhaltensweisen geführt wird, die für Regierungen und andere Mächte bequem sind, ist mehr als offensichtlich. Verschiedene politische Trends prangern diese Tatsache seit Jahrzehnten an, und viele Disziplinen untersuchen das Wie und Warum dieser sozialen Kontrolle. Es geht im Grunde genommen darum, dass die Bevölkerung schweigt, während sie von ihren Führern und anderen Parasiten gefickt wird, oder, wenn sie die Nase voll hat, dass ihre Genugtuung durch einen sanften und umgelenkten Protest kanalisiert wird, aus dem diese Eliten Nutzen ziehen oder ihn zumindest so wenig wie möglich ihren Interessen schaden können. Massenveranstaltungen, Moden, Gedankengänge (außerhalb der Universitäten), technologische Geräte, Drogen, alle Arten von Freizeit und sogar Gesundheit oder Arbeit und materielle Bedingungen sind die mächtigsten Elemente der sozialen Kontrolle, aber nicht die einzigen.
Heute gibt es auf der ganzen Welt eine weitere Pandemie. Die WHO befasst sich überhaupt nicht mit dieser, da sie nicht in ihrer Zuständigkeit liegt und die Medien versuchen, sie zum Schweigen zu bringen oder zu minimieren. Aber die Regierungen der ganzen Welt sind besorgt über das damit verbundene Risiko. Diese Pandemie breitet sich im Fahrwasser des biologischen Virus aus, das momentan die Krankenhäuser füllt. Sie ist kurz gesagt parallel dort zu finden, wo Covid-19 vorbeikommt. Auch sie raubt einem den Atem. Die Angst vor einer Ansteckung verursacht auch tatsächlich Wut. Die ersten Symptome des Unwohlseins neigen dazu, sich zu verschlimmern und sich zunächst in Frustration, dann in Verzweiflung und schließlich in Wut zu verwandeln. Wut über das Verschwinden der letzten Krümel von Lebemöglichkeiten und das auf ärztliche Anordnung. Es ist bezeichnend, dass bei der Ankündigung der restriktiven Maßnahmen der Behörden zur Verhinderung der Ausbreitung der Epidemie – eine Art freiwilliger Hausarrest – gerade diejenigen, die ihr Leben von vier Wänden umgeben fristen, die bereits täglich unter Zwang unter der Gefangenschaft litten – die Gefangenen – das Pulverfass in Brand setzten. Die Tatsache, dass sie ihrer wenigen verbliebenen menschlichen Kontakte beraubt wurden, mit der Gefahr, als Ratten in der Falle zu enden, hat dazu geführt, was seit Jahren nicht mehr geschehen ist. Die sofortige Umwandlung von Resignation in Raserei.
Fast täglich gibt es in der südbadischen JVA Freiburg neue Bekanntmachungen in Folge der Corona-Pandemie. Damit unterscheidet sich hier die Lage nicht von der vor den Mauern.
Aus der Webseite der anarchistischen Publikation Todo por Hacer entnommen.
2007 veröffentlichte Naomi Klein die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, eine wichtige Studie, die erklärte, dass die unpopulärsten Reformen des Neoliberalismus (entworfen von Milton Friedman und der Chicagoer Schule) nach traumatischen Ereignissen, die sich auf die Sozialpsychologie auswirkten (Schocks), durchgesetzt wurden. Globale Umwälzungen wie der Falklandkrieg (1982), der Tsunami in Indonesien (2004), 9/11 (2001) oder der Hurrikan Katrina, der New Orleans verwüstete (2005), wurden genutzt, um die Klassenunterschiede durch die Verabschiedung ultraliberaler sozioökonomischer Reformen, die den Wohlfahrtsstaat untergruben, zu vertiefen.
An einem besonders chaotischen Freitagnachmittag leitet Piñera (A.d.Ü., Präsident von Chile) die
landesweite Medien auf die Pandemie ein. Seit Anfang März ist die Angst
vor dem Virus langsam ins Gespräch gekommen: zwischen der aufgeregten
Rückkehr in die Unterrichtsklassen, die eine Replik (wie ein Erdbeben)
des Oktoberaufstandes sein will, den massiven feministischen
Demonstrationen, der Radikalisierung der reaktionären Sektoren und der
bevorstehenden Volksabstimmung gewinnt sie immer mehr an Bedeutung.
Übersetzung eines Artikels aus Frankreich, der von mehreren Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, geschrieben wurde.
Im Original zu finden auf dem dem Blog dernieresnouvellesdelapeste.noblogs.org. Der Blog wurde zur Corona-Krise kreiert, um mit bescheidenen Mitteln dem Kommunikationskrieg der internationalen Regierungen etwas entgegenzuwirken…
Lauf, Genoss*in, der COVID ist hinter dir her!
Nun leistet sich der Staat eine prächtige Genesungskur. Nachdem er
den öffentlichen Dienst zunichte gemacht und die Spitäler seit Jahren zu
freien Märkten erklärt hat, scheint Macron herauszufinden, dass die
private Marktwirtschaft im Gesundheitswesen eine schlechte Sache ist.
Der Alltag im Knast ist oft
von Langeweile, wenigen politischen Inputs und Stress geprägt. Dazu
kommt das ausgeliefert sein an die Willkür von Wärt_er`innen.
Während der Entwicklung der Krise aufgrund des Covid-19 konnten wir
zahlreichen Interventionen von Regierungsvertretern beiwohnen, wobei wir
auf die Erzählung zurückgreifen, dass wir uns in einem Krieg befinden.
In
jedem Berliner Park eine Wanne. Die Besatzungen beäugen
misstraulisch jede Aktivität Derjenigen, die sich in die
Frühlingssonne gewagt haben. Drei Fußball spielende Kinder sind ein
Grund einzuschreiten. Wir haben schon vor Jahren gelernt, ab Drei ist
man eine terroristische Vereinigung. Nun also auch die Kinder. Völlig
willkürliche Größenordnungen werden verkündet und durchgesetzt.
Wir erinnern uns, noch vor ein paar Wochen versammelten sich
Zehntausende in den Fußballstadien, da waren schon Tausende in China
an dem Virus gestorben, der jetzt als Begründung für jegliche
Absurdität des Pandemie Ausnahmezustandes herhalten muss. Drei
Kinder sind eine Gefahr, fünfzig Menschen in einen S Bahn Waggon auf
dem Weg zu gesellschaftlich unsinniger Arbeit sind kein Problem.
Die Geißeln sind in der Tat eine
gewöhnliche Sache, aber man glaubt kaum an Geißeln, wenn sie auf den
Kopf fallen. In der Welt hat es zu gleichen Teilen Seuchen und Kriege
gegeben; und doch erwischen Seuchen und Kriege die Menschen immer
unvorbereitet. (Albert Camus, Die Pest)
Chaos… oder nicht?
Die Ankunft der Epidemie in Italien ist der Ausgangspunkt einer noch
nicht bekannten Umwälzung. Die Wirtschaft bricht zusammen. Hunderte von
Milliarden Euro sind verschwunden. Die Geschäfte werden geschlossen.
Öffentliche Ämter, Schulen, Sporthallen… alles ist blockiert. Nur
Supermärkte und Geschäfte für den grundlegenden Bedarf bleiben geöffnet
und werden täglich geleert. Die Menschen gehen meist aus dem Haus nur
zum Einkaufen. Aus Angst sprechen sie nicht miteinander, jeder versucht,
so schnell wie möglich es alles zu erledigen. Es scheint als wäre ein
vor-apokalyptisches Szenario zu sein, manche könnten denken, dass dies
das Vorzeichen zu einer Periode des Chaos ist. Doch die heutige
Situation scheint ganz anders als chaotisch: Millionen von Menschen
geben es auf, ihren Haus im Namen einer kollektiven Verantwortung voller
Patriotismus zu verlassen, der Staat befehlt und die Bürger gehorchen;
einige aus Angst, andere, um Vergeltungsmaßnahmen zu vermeiden.
Beziehungen werden meist durch Computermedien vermittelt, und der
menschliche Kontakt ist Verstoß der kollektiven Gesundheit geworden. Die
Wirtschaft orientiert sich an webbasierten Plattformen, große
multinationale Unternehmen verwalten den gesamten Warenverkehr und
Supermarktketten werden zum Hauptbezugspunkt, um die Bedürfnisse zu
befriedigen. Der Unterricht erfolgt über eine Fernverbindung, sicherlich
werden die Klassenzimmer jetzt ruhig sein… Was wäre bei all dem
chaotisch?
Natürlich ist die Lage in den Krankenhäusern alles andere als unter
Kontrolle, aber warum sollte es so überraschend sein, hat sich der Staat
jemals um die Gesundheit der Menschen gekümmert? Krankheit ist mehr als
eine Bedrohung sondern es ist eine Gelegenheit zu Profit oder
Kontrolle.
Ab
heute werden wir chronologisch, nach Bundesländern sortiert, über die
Veränderungen und Situationen in deutschen Knästen wesentliche
Informationen dokumentieren:
Falls wichtige Informationen fehlen, schreibt uns gerne an
C4F[ät]systemli.org. Ebenfalls dokumentieren wir Soli-Aktionen für
Gefangene in Bezug auf Corona. Weitere Infos folgen.
Passt aufeinander auf, bleibt handlungsfähig, vergesst die Gefangenen nicht!
Kapitalismus in der Krise – Aufkommender Totalitarismus – Strategien des Widerstands
Die Pandemie wird in den nächsten Wochen nicht vorübergehen. Selbst
wenn es durch strenge Eindämmungsmaßnahmen gelingt, die Zahl der
Infektionen auf das Niveau von vor einem Monat zu senken, könnte sich
das Virus wieder exponentiell ausbreiten,
sobald die Maßnahmen ausgesetzt werden. Die derzeitige Situation wird
wahrscheinlich noch monatelang anhalten – plötzliche Ausgangssperren,
uneinheitliche Quarantänen, zunehmend verzweifelte Bedingungen – , auch
wenn sie sicherlich andere Formen annehmen werden, wenn die inneren
Spannungen überkochen. Um uns auf diesen Moment vorzubereiten, sollten
wir uns und einander vor der Bedrohung durch das Virus schützen, die
Fragen nach dem Risiko und der Sicherheit, die die Pandemie mit sich
bringt, durchdenken und uns mit den katastrophalen Folgen einer
Gesellschaftsordnung auseinandersetzen, die von vornherein nicht auf die
Erhaltung unseres Wohles ausgerichtet war.
Der Ausnahmezustand ist das neue Normal. Die derzeitigen gesellschaftlichen Einschränkungen bis hin zu vollständig außer Kraft gesetzten Grund-, Bürger- und Menschenrechten, in der Absicht einer (unbestritten notwendigen) Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus überschlagen sich. Beinahe täglich werden weiter gehende Vorschläge diskutiert und per Allgemeinverfügung umgesetzt. Wir sind uns daher bewusst, dass unser heutiges Augenmerk (22.3.20) auf aktuell besonders weit greifende Maßnahmen in wenigen Wochen in ein neues Koordinatensystem von Akzeptanz bzw. Empörung einsortiert werden wird. Die Geschwindigkeit dieser Koordinatenneusetzung könnte ein geeignetes Maß für die Transition vom Antiterror- zum epidemischen Ausnahmezustand sein. Darin erfährt der „Gefährder“ eine qualitative Neuinterpretation.
Sein Name ist mir letzte Woche buchstäblich in den Sinn gekommen. Ich war unterwegs, um Brot zu holen, und als ich in der Bäckerei ankam, zählte ich instinktiv diejenigen der Kunden, die dort ein- und ausgingen, die die Maske trugen. Dort ist mir das passiert. Mir wurde plötzlich klar, dass ich gerade die Zählung des deutschen Philologen Victor Klemperer, eines Zeugen und Gelehrten des Aufstiegs des Dritten Reichs, wiederholt hatte: “Unsere Moral ändert sich von Tag zu Tag. Wir zählen, wie viele Menschen in den Geschäften “Heil Hitler!” und wie viele “Guten Morgen” sagen. Gestern sagten in der Bäckerei fünf Frauen “Guten Morgen” und nur zwei “Heil Hitler”: Die Moral steigt. Heute, in der Metzgerei, sagten alle: “Heil Hitler”… die Moral geht unter.” Ich gebe zu, dass ich genau in diesem Moment ein Frösteln im Nacken verspürte.
Seit dem Inkrafttreten der Notverordnung zur Eindämmung der Ansteckung mit dem Virus hat die Wut in den Gefängnissen nicht lange auf sich warten lassen. Tatsächlich wurde das Besuchsverbot, das in einigen Gefängissen bereits in Kraft war, auf alle Gefängnisse ausgedehnt. Es würde sehr lange dauern, alle 27 Gefängnisse aufzulisten, in denen Unruhen ausbrachen. Revolten, die zu mehr oder weniger vorübergehenden Umwälzungen der Gefängnisrealität geführt haben (die auf nichts anderes als die Vernichtung und Entpersönlichung des Individuums abzielt): Gefängnisse und Einrichtungen für die Wärter in Flammen, besetzte Strukturen, Gefangene auf den Dächern, Umkehrung der Wärter – Gefangenen Rollen mit der Geißelnahme ersterer, verbrannte Dokumente, versuchte und erfolgreiche Fluchten.
In Mailand hat heute Morgen eine Gruppe von Solidarischen die
Polizeikontrollen umgangen um mit dem Fahrrad an das Gefängnis von San
Vittore zu fahren. Während eine Gruppe rufend nach Neuigkeiten von den
Häftlingen von der Piazza Aquileia fragte, ging eine andere vor der
Frauenabteilung und der fünften Abteilung vorbei, um ihre Solidarität
auszurufen, sowie um von den Unruhen zu erzählen, die bezüglich des
Opera – Gefängnisses und im restlichen Italien passierten und wie sie
unterdrückt wurden. Auch die Situation vom draußen, des Ausnahmezustands
wurde erläutert. Leider gab es keine Reaktion von drinnen, anders als
in den vergangenen Tagen, wo uns diese unsere Herzen erwärmt hat. Wurde
die ganze Abteilung wirklich unbenützbar gemacht und sind die Insassen
deshalb verlegt worden? Hat die harte Repression entmutigt und die
Kommunikation zwischen Innen und Aussen noch schwieriger gemacht? Die
Präsenz der Solidarität ist und wird in diesen Tagen notwendig sein,
unser Wille, die Verordnungen in Frage zu stellen, um als erste die
Verantwortung für unsere eigene Sicherheit und die der Menschen um uns
herum zu übernehmen. Eine Gruppe von Solidarischen erreichte auch die
Mauern des Opera – Gefängnisses. Nach einigen Feuerwerken konnten sie
ein paar Worte mit den Gefangenen wechseln, die um Hilfe riefen und
sagten, sie seien hungrig und ängstlich. Sie wiederholten auch, dass sie
kein Fernsehen, keine Dusche, kein Essen hatten, keine Pakete, keine
Post, keine Telefonanrufe, keine Ersatzinterviews erhielten, dass sie
nur eine halbe Stunde Luft hatten und dass sie zu Tode geprügelt worden
waren. Die Patroullie vor dem Gefängnis schaltete die Sirene ein um das
Gespräch zu blockieren. Wir erfuhren auch, dass einer der Jungen, der
als einer der Täter des Aufstandes identifiziert wurde, versetzt wird.
Auf der Seite der Unterdrückten Zahlenspiele zu machen, ist ein
risikoreiches Unterfangen, man läuft Gefahr dabei, sich zurückzulehnen,
die Arme vor dem eigenen immer fetter werdenden Wanst zu verschränken
und sich in seiner eigenen Eitelkeit und “Ich habs euch ja gesagt”
Mentalität zu verstecken. Ein jeder findet genug Gründe sich mit etwas
unangenehmen abzufinden. Jeder trägt sein Schärflein bei zum Status Quo.
Eines jeden Handlung oder nicht Handlung ist mitentscheidend, für die
Entwicklung der Geschehnisse. Sich Im letztlich freiwilligen Hausarrest
zu befinden, lädt einen geradezu dazu ein, sich in Texten, Büchern und
der virtuellen Welt zu verschanzen und so zu tun, als könnte man nichts
tun als warten, warten, bis eine kritische Masse erreicht ist, welche
der Herrschaft “zuviel” wird uns sie “aus eigenen Stücken” entscheidet,
die Welt wieder “Normal” werden zu lassen. Aber von welchem Normal reden
wir hier eigentlich? Es gibt nie einen Weg zurück, den hat es niemals
gegeben, jeden Tag trifft man bewusst, oder unbewusst Entscheidungen,
auch sich die Wampe vollzufressen und sich zuzudröhnen, sei es in der
virtuellen, derealisierten Welt, dem eigenen derealisierten Dasein, oder
über ebenso derealisierende Substanzen oder eben Kohlenhydraten. Die
Grenzen verschwimmen sehr leicht. Man kann nicht warten bis genug
Einzelfälle passiert sind, wie am 18.März in Via Lucio Petrone in
Salerno (Kampanien), wo sich eine 52 jährige alte Frau das Leben nahm
indem sie vom Balkon sprang, Mutter von zwei Kindern, angeblich mit
einem leichten Zustand der Depression, was auch immer das heissen mag.
Weiters schreibt die Zeitung, soweit man diesen Aasgeiern vertrauen
will, dass sie Besessen war von der Angst sich vom Corona-Virus
anzustecken, bis sie ihrer Angst nachgab und sich umbrachte. Sie wird
lapidar als “Corona – Opfer”, wenn auch “indirekt” geführt. Der Zynismus
der Speichellecker der Herrschaft kennt keine Grenzen.
Über COVID-19, autoritäre Wahnvorstellungen und die beschissene Welt, in der wir leben…
Die makabre Zahl der Todesopfer nimmt von Tag zu Tag zu, und in der
Vorstellung eines jeden Menschen stellt sich das zunächst vage, dann
immer etwas stärkere Gefühl ein, vom großen Sensenmann immer mehr
bedroht zu sein. Für Hunderte von Millionen von Menschen ist diese
Vorstellung sicher nicht neu, die Vorstellung vom Tod, der jeden
Menschen jederzeit treffen kann. Denkt nur an die Verdammten der Erde,
die täglich auf dem Altar der Macht und des Profits geopfert werden:
diejenigen, die unter staatlichen Bomben überleben, inmitten endloser
Kriege um Öl oder Bodenschätze, diejenigen, die mit unsichtbarer
Radioaktivität koexistieren, die durch Unfälle oder Atommüll verursacht
werden, diejenigen, die die Sahelzone oder das Mittelmeer überqueren und
in Konzentrationslagern für Migrant*innen eingesperrt sind, Diejenigen,
die durch das Elend und die Verwüstung, die durch die Agroindustrie und
die Rohstoffgewinnung verursacht werden, in Fleisch und Knochen
verwandelt werden… Und selbst in den Ländern, die wir bewohnen, haben
wir in nicht allzu langer Zeit den Schrecken von Metzgereien im
industriellen Maßstab, Bombenanschlägen, Vernichtungslagern kennen
gelernt… immer geschaffen durch den Durst nach Macht und Reichtum der
Staaten und Bosse, immer getreulich eingerichtet von Armeen und Polizei.
Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Planeten bringt die
Menschheit an den Rand der Selbstzerstörung: Wir leben inmitten von
Epidemien, die vor allem durch die ständige Verbreitung von Chemikalien
(Pestizide, Insektizide, endokrine Disruptoren usw.) verursacht werden
und gleichzeitig gesundheitsschädlich sind, und wir leben umzingelt von
einer Atmosphäre mit einem so hohen Verschmutzungsgrad, dass ein großer
Teil der Bevölkerung Allergien und Krankheiten entwickelt. Diese
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen bringt auch die Verwüstung des
Territoriums durch die Techno-Industrie mit sich: das Mittelmeer wird
zur Kanalisation-Kloake, Südostasien zur chemischen Wüste, Afrika zur
großen Deponie usw.
Vor zwei Tagen, am Dienstag, 17. März, kam es bei dem Abschiebeknast
in Aluche (Madrid) zu einem Aufstand. Mehrere der Migrant*innen
kletterten auf ein Dach im Hof und kündigten an, dass sie einen
Hungerstreik beginnen würden, um die Situation vieler von ihnen zu
lösen, die vom Coronavirus betroffen waren, aber von demselben Staat in
ein Abschiebeknast eingepfercht wurden, der die angebliche
Infektionsprävention als Vorwand benutzt, um die Armee auf die Straßen
zu bringen, die nun nicht nur von Bullen und Kameras, sondern auch von
Militärpersonal mit Sturmgewehren bewacht wird.
Weiter unten findet ihr einen Artikel aus El Salto über die Geschehnisse.
Die Auseinandersetzung mit dem Corona-Virus verlangt uns allen im
Moment vieles ab, sorgt für Verunsicherung und Angst, und auch für
Vereinzelung und Isolation. Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir
aufeinander aufpassen und uns solidarisch verhalten. Einige Ansätze zur
gegenseitigen Unterstützung und Vernetzung sind in den letzten Tagen
entstanden und müssen in nächster Zeit weiterentwickelt und erprobt
werden.
Uns muss dabei klar sein, dass die Marginalisierten der Gesellschaft
auch in der aktuellen Situation vor weitaus größeren Problemen stehen
und wesentlich gefährdeter sind, als die meisten anderen.
“Die
furchterregendste Tyrannei ist nicht die, die den Anschein von Willkür
erweckt, sondern die, die mit der Maske der Legalität bedeckt zu uns
kommt. »
A. Libertad, 1907
Angesichts der sich weltweit ausbreitenden Covid-19-Epidemie und der
drastischen Maßnahmen, die von China bis Italien nacheinander folgen,
stellt sich als erstes die Frage, wer zwischen der Henne der Autorität
und dem Ei der Unterwerfung derzeit den größten Schaden anrichtet. Diese
abrupte staatliche Beschleunigung von Kontrollen, Verboten,
Schließungen, Militarisierung, Verpflichtungen, Medienbombardierungen,
roten Zonen, Priorisierung von Toten und Leiden, Beschlagnahmungen,
Einsperrungen aller Art, die typisch für jede Kriegs- oder
Katastrophensituation sind, fällt nämlich nicht vom Himmel. Sie gedeiht
auf einem Terrain, das weitläufig durch den sukzessiven Verzicht der
tapferen Untertanen des Staates auf jegliche formelle Freiheit im Namen
einer illusorischen Sicherheit gepflügt ist, aber sie gedeiht auch durch
die allgemeine Entmachtung jedes Aspekts unseres Lebens und durch den
Verlust der autonomen Fähigkeit des Einzelnen, an eine völlig andere
Welt als diese zu denken.
26.09.24 | 20:00 Mein Genosse, der Spitzel. Über Security Culture und dem Umgang mit verdeckten Ermittler*innen und anderen Informant*innen @ekh [mehr Infos]
28.09.24 | 20:00 ABC Solidarity Ball - Dress up and celebrate with us! @ekh more infos soon!
ABC-Schreibwerkstatt
Aufgrund des fehlenden Interesses findet die offene Schreibwerkstatt im Moment nicht mehr statt.
Monatliches Infoblatt von ABC Wien
Internationale Woche der Solidarität mit anarchistischen Gefangenen
Internationaler Tag der Solidarität mit Marius Mason & allen anarchistischen Langzeitgefangenen