Quelle: barrikade.info
Zu den Prozessen wegen der BASEL NAZIFREI Kundgebung wurde schon viel gesagt. Ich selbst bin auch angeklagt und möchte in diesem Text einige persönliche Gedanken anfügen. Diesen Text sehe ich als Teil einer grösseren Auseinandersetzung ohne Anspruch auf eine abgeschlossene Position oder absolute Warheit.
Nach einer Hausdurchsuchung mit anschliessendem Verhör und DNA-Abnahme, wurde ich mit bürokratischen Aufgaben konfrontiert (Anwaltskosten, Einschätzungen, juristische Fragen). Diese Erfahrung mich noch mehrere Wochen emotional belastet. Ich war sehr oft angespannt und konnte mich wenig auf meinen Alltag und die Menschen um mich herrum einlassen. Diesen Zustand empfand ich als lähmend und einschüchternd.
Dieses Gefühl kann so einnehmend sein, das es uns davon abhält bestehende Kämpfe weiter zu führen. Als das Ziel von Repression sehe ich genau diesen Effekt. Nämlich dass Kämpfe geschwächt werden und ins Stocken kommen. Aus diesem Grund finde ich es wichtig, den Repressionsfall zu analysieren und die eigenen Kämpfe auf geschickte Art weiter zu entwickeln, ohne an Qualität der Konfliktualität zu verlieren. Diesem Ideal in der Praxis gerecht zu werden, ist für mich trotz aller Überzeugung eine Herausforderung.
In verschiedenen Kommentaren zu den BNF-Prozessen ist gesagt worden, dass wir an der Repression wachsen können. Genau so wichtig, wie weitere Menschen dazu zu ermutigen, gegen ihre Unterdrückung zu revoltieren, ist ein sorgsamer Umgang mit unseren bestehenden Freund*innenschaften und Kompliz*innenschaften. Bei dem Versuch, mehr zu werden, sollten wir auch darauf achten, nicht weniger zu werden. Die meisten Angeklagten erwartet eine Haftstrafe, welche auf mehrere Jahre Bewährung ausgesetzt wird. Diese Strafe bringt einen hohen psychischen Druck mit sich und darf nicht ignoriert werden. Solidarität ist ein breites Kampffeld, in dem die Formen divers sind und auch nicht hierarchisiert werden müssen. Betroffene Komplitz*innen direkt zu unterstützen sehe ich als genau so wichtig, wie bestehende Kämpfe weiter auf die Strasse zu tragen. Die Repression macht mich einerseits betroffen und andererseits wütend. Ich finde es wichtig diese Wut zu kanalisieren und denen zurückzuschleudern, die sie verursachen.
Aber wie sollen offensive Praktiken stattfinden?
Der Gerrichtssaal ist kein frei gewählter Ort, um revolutionäre Ideen zu verteidigen. Die Mittel, die mir der Staat zur Verteidigung zur Verfügung stellt, sind bewusst beschränkt und wie die geltenden Gesetze vom Staat selbst erschaffen. In dem Spiel um Gerechtigkeit und der Suche nach Schuld und Unschuld hat es keinen Platz für meine anarchistischen Ideen. Was ein Verbrechen ist und was nicht, entscheidet der Staat und nicht ich. Wenn Antifaschismus in den Augen des Staats ein Verbrechen ist, dann bin ich in seinen Augen ein Verbrecher. Weiter erkenne ich die Autorität einer Richter*in, als Subjekt welches über mich zu richten versucht, nicht an. Erklärungen und Rechtfertigungen vor diesem Arschloch werde ich mir deshalb sparen. Ich möchte selber bestimmen, wann und wo ich anarchistiche Ideen verbreite. Die Möglichkeiten und Mittel dafür sind unendlich.
Als selbst denkendes und handelndes Individuum ist es mir wichtig, zu meinen eigenen Ideen, Worten und Taten zu stehen. Mir fällt es schwer, Verständnis aufzubringen für jene, welche sich auf Ausreden und Entschuldigungen einlassen. Ich verurteile es nicht grundsätzlich, weil ich weiss, dass staatliche Repression Angst macht und in Irrwege leitet. So ist zu beachten, dass Entschuldigungen und Eingeständnisse nicht aus freiem Willen passieren, sondern erpresst werden. Es überrascht mich jedoch nicht, dass der Staat antwortet, wenn von Revolution, aufständischen Praktiken und Konfliktbereitschaft die Rede ist.
Für mich ist klar das der Umfang des Repressionsschlags für viele überraschend ist. Doch möchte ich mich nicht vom juristischen Begriff der “Verhältnismässigkeit” aufhalten lassen. Vielmehr halte ich mir vor Augen, wie viele dem revolutionären, antifaschistischen Aufruf zum Messeplatz gefolgt sind. Während die Parteien Kilometer weit weg von den Nazis zu ihrem “Alphornblasen gegen Rechts” eingeladen haben, sind mehrere Tausend Individuen zum Messeplatz gekommen, haben sich unabhängig von einander abgesprochen und zu kleinen Bezugsgruppen zusammengeschlossen. So wurde sich den Pnos auf unterschiedlichste Weise in den Weg gestellt. Nazis wurden abgefangen und verprügelt, Transpis wurden gemalt, Bullen wurden mit Steinen beworfen und Reden vorbereitet. Dadurch haben alle anwesenden auf selbstbestimmte Art den Tag mitgestalltet. Egal ob friedlich oder militant, verschiedene Aktionsformen konnten parallel zueinander stattfinden. Die Spaltung kam erst durch die Repression.
Mut und Kraft den weiteren Angeklagten von Basel Nazifrei
Grüsse auch an die 3 Anarchist*innen in Hamburg
Gegen jede Autorität
Freiheit für alle