[Brüssel] Massive Repression gegen Demonstration gegen klassen- und rassistische Justiz

Quelle: enough is enough

Brüssel. Vor zwei Wochen starb Ibrahima, nachdem er von der Polizei verhaftet wurde. Am 13. Januar folgte ein Tag und Nacht der Revolte. Am vergangenen Sonntag demonstrierten Menschen gegen die klassen- und rassistische Justiz. Die Bullen reagierten mit harter Repression.

Ursprünglich veröffentlicht von Brüssel Indymedia. Übersetzt von Riot Turtle  für Enough 14.

Unter diesen Bedingungen und in Absprache mit ihnen war die Anwesenheit der Familien der Opfer von Polizeigewalt und Tötungen sowie vieler anderer nicht mehr möglich. Das Risiko war zu hoch, so dass sie nicht wie ursprünglich geplant teilnahmen. Insofern ist den staatlichen Behörden auf allen Ebenen ihr Coup gelungen: den Familien wieder einmal den öffentlichen Raum zu verwehren. Wenn es noch eines Beweises für den grundlegend rassistischen Charakter der Institution Polizei und des gesamten politischen Apparates, der sie unterstützt, bedurft hätte, dann ist es dieser. Eine verabscheuungswürdige Situation, in der es nicht ausreicht, das Leben eines Sohnes oder einer Tochter zu nehmen. Der Staat muss noch alles aufbieten, was er zur Repression zur Verfügung hat, um zu versuchen, sie zum Schweigen zu bringen und sie unter Hausarrest zu stellen.

Sobald die Kundgebung begann, war die Spannung greifbar. Während mit den Polizeibeamten der Stadt Brüssel, die die Demonstration beaufsichtigten, eine Vereinbarung getroffen wurde, die Kundgebung für 45 Minuten zu tolerieren, forderte uns die föderale Polizeiverstärkung auf, das Gelände sofort zu verlassen, unter dem Vorwand, die Kundgebung sei einfach verboten. Erstaunlicherweise konnten sich die verschiedenen anwesenden Polizeikräfte sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.

Während der gesamten Zeit der Redebeiträge umstellte die Polizei den Platz. Ihre Präsenz war massiv und auffällig. Ihre Beamten waren bereits in voller Kampfmontur gekleidet und bereit, einzugreifen. Die ersten Zwischenfälle hatten bereits stattgefunden: mehrere junge Leute wurden rund um den Platz streng kontrolliert, deren einziges „Verbrechen“ es offensichtlich war, aufgrund ihrer Herkunft unerwünschte Personen im öffentlichen Raum zu sein. Tatsächlich wurden Informationen bestätigt, dass die Polizei Menschen daran hinderte, an der Kundgebung teilzunehmen.

Es würde die von der Polizei gewährten 45 Minuten dauern, nicht eine Minute länger. Als die Zeit verging, kam die Polizei näher, der Ring wurde enger. „Sie müssen den Platz sofort verlassen“. Die meisten der Anwesenden entfernen sich, andere verweilen noch ein paar Minuten, einige, um auf Medienanfragen zu reagieren. Plötzlich kippt die Stimmung. Von der Straße her kommen Polizeibeamt:innen, diesmal mit Schilden und Schlagstöcken, auf den Platz und sperren die Straße ab. Die Zahl der Polizist:innen vor Ort explodiert. Sie schreien bereits, stürmen, schubsen und verhaften Menschen in den umliegenden Straßen. Ihre Aggressivität ist überwältigend, fast lähmend.

Ziemlich schnell kam es am Ende des Platzes und in Richtung Hauptbahnhof zu einer Konfrontation von Angesicht zu Angesicht zwischen der Polizei und den Teilnehmer:innen der Kundgebung, hauptsächlich jungen Leuten, von denen einige wenige Minuten zuvor mutig und brilliant gesprochen hatten. Sie wurden von Polizist:innen gekesselt, die in der Überzahl waren und massiv Hunde und Tränengas einsetzten. In dem darauffolgenden Chaos bringt die Polizei erneut einen der Demonstrant in Lebensgefahr: Ein Polizeifahrzeug beschleunigt scharf auf die kleine Menschenmenge zu und trifft einen Jugendlichen, der zu Boden fällt, bevor er aufsteht und weggeht.

Ein paar Minuten später sind alle diese Menschen um den Hauptbahnhof herum kesselt. Es sind etwa fünfzig Personen. Einige von ihnen liegen auf dem Boden, werden angehalten, umringt von Dutzenden Polizist:innen, unter ständiger Bedrohung durch Wasserwerfer. Sie werden nach und nach in Wannen zu den Polizeikasernen abgeführt. Eine sehr junge Menschenmenge, meist nicht-weiße Menschen.

Auf dem Heimweg erfahren wir schließlich, dass auf dem Luxemburger Platz eine „Rise for Climate“-Aktion stattfand, in friedlicher Atmosphäre unter den Augen einer kleinen Polizeipräsenz. Es ist natürlich eine Freude zu sehen, dass diese Menschen ihre Kundgebung unter solchen Bedingungen abhalten konnten. Aber was für ein Kontrast zu dem, was ein paar hundert Meter weiter passierte. In diesem Land werden bestimmte Anwendungen der demokratischen Freiheiten nicht toleriert, bestimmte Botschaften sollen nicht verbreitet werden. Die Forderung nach Wahrheit und Gerechtigkeit für die Opfer von Polizist:innenmorden ist eine davon. Die Forderung nach einem Ende von Rassismus, Sexismus und Klassismus auch bei der Polizei und der Justiz. An alle Einzelpersonen und politischen Organisationen, die die Repression gegen solche Kundgebungen verurteilen und unterstützen und nichts über die systematische und permanente unmenschliche Gewalt gegen unterdrückte soziale Klassen sagen: Hört für immer auf, von Demokratie, Freiheit, Gleichheit oder Menschenwürde zu reden, denn das sind für euch nur leere Worte. Ihr seid einfach nicht qualifiziert, das Wort zu ergreifen.

Die Polizei demütigt, verstümmelt, vergewaltigt und tötet. Wenn sich Menschen zusammenschließen, um sie anzuprangern, demütigt die Polizei wieder, verstümmelt, vergewaltigt und droht zu töten. Eines Tages jedoch werden mehr von uns auf der Straße sein als sie. Dieser Tag wird ein schöner Tag sein.


Am Ende wurden als Antwort auf eine Kundgebung von etwas mehr als 150 Personen massive Kräfte eingesetzt, die unglaubliche Härte und Gewalt angewandt haben: Verstärkungen der Bundes- und Regionalpolizei aus nahezu dem ganzen Land, Motorräder, Pferde, Dutzende von Fahrzeugen, sechs Wasserwerfer und ein Hubschrauber. Alle Anwesenden werden bestätigen können, dass die Polizei die alleinige Verantwortung für die Unruhen am Nachmittag trägt. In ihrer Erklärung hat die Polizei dies selbst demonstriert, als ihr Sprecher einräumte, dass „die Demonstration in einer ruhigen Atmosphäre stattfand“. In der Tat, bis die Polizei sich anders entschied und insgesamt mehr als hundert Personen verhaftete.

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