quelle: soligruppe für gefangene
Vorab, der Termin vom 17.08.21 fällt aus. Wir werden im August nochmals daran erinnern.
Prozessbericht vom vierten Verhandlungstag
Am Donnerstag, den 01. Juli 2021, begann der vierte Verhandlungstag des RAZ-RL-radikal Prozesses mit einer deutlichen Verspätung erst um 11:30 Uhr, Beginn wäre um 09:00 Uhr gewesen, weil irgendwer – es ist nicht klar ob Schöffe, Richter, oder jemand anderes – nicht anwesend war.
Schon gleich zu Beginn stellte die Verteidigung einen Antrag bezüglich der Sicherungsanordnung in Bezug auf die Anzahl der Besucher und Besucherinnen, weil diese den Zutritt der Öffentlichkeit beschränkt. Die Verteidigung begründete dies unter anderem hinsichtlich der niedrigen Inzidenzzahlen, weil das Gericht beruft sich auf die Pandemie, als den hauptsächlichen Grund die Besucherzahl zu drosseln, denn dies wäre eine gesundheitliche Gefahr. Auch war der Gerichtssaal kleiner als wie zu Beginn des Prozesses und mehrere Personen konnten nicht reinkommen.
Während dadurch die Anzahl der Besucher und Besucherinnen auf ein Drittel gesenkt wird – vorhanden sind 36 Plätze, nur zehn werden zugelassen – wird bei Journalisten nur die Hälfte der Gesamtzahl der Plätze reduziert, von zehn auf fünf.
Der Richter wies den Antrag zurück, weil immer noch ein Abstand von 1.5 Metern zu wahren und eine vierte Welle zu erwarten sei, außer Besucher und Besucherinnen, die geimpft sind, würden mit dem Impfpass kommen und dann könnten evtl. mehr Personen in den Saal, dennoch wird sich das Gericht mit anderen Kollegen austauschen um die Sache zu besprechen, wie es den bei anderen Verfahren so ist. Der Richter beriet sich und die erste von vielen Pausen trat ein.
Fünf Minuten später, verkündete der Richter seine Entscheidung gegen den Antrag, weil der Verlauf und die Entwicklung der Pandemie nicht absehbar ist und weil man sich für Gesundheit aller im Raum verantwortlich fühlen würde.
Gleich danach wurde der erste Zeuge vorgeladen. Es handelte sich um einen Bullen aus Berlin der zur Brandstiftung am 27. April 2011 am Gebäude der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aussagte. Der Zeuge konnte sich an nichts mehr erinnern, bereitete sich aber mittels der Lektüre, der von ihm verfassten Strafanzeige, vor und aufgrund dessen erinnerte er sich etwas vage daran. Ihm wurde die Strafanzeige vom Gericht zugestellt. Denn weder die Zeugen noch deren Dienststellen scheinen die Unterlagen, Akten, Strafanzeigen, oder andere Dokumente zum Fall noch zu haben, weil diese nach zehn Jahren vernichtet werden.
Zu der Tat selbst war es der Objektschutz der türkischen Botschaft, der als erstes diese wahrgenommenen hatte und die Bullen verständigte. Derselbe Objektschutz soll ein Motorrad mit zwei Personen gesehen haben, einen Mann und eine Frau, von denen es eine Videoaufnahme durch die Überwachungskameras der Botschaft geben soll. Das Video wurde aber nicht vom Zeugen gesehen, es wurde einer anderen polizeilichen Behörde übergeben, die dieses sichtete, vermutlich das BKA. Als der Zeuge beim Tatort ankam, war die Feuerwehr schon anwesend und diese teilten dem Zeugen mit, dass es nach Kraftstoff riechen würde, was der Zeuge auch gerochen haben will. Vorgefunden wurde eine ausgebrannte Getränkekiste voller Flaschen vor der Holztür des Senatsgebäudes, die das Feuer an der Holztür verursacht haben soll. Der Zeuge äußerte sich noch zu seiner Wahrnehmung, was der Schaden sein könnte, denn er ist kein Brandgutachter.
Er wurde befragt, ob er sich an einen Schriftzug links von der Tür erinnern könne und was auf dort stand, er bejahte – hatte ja seine eigene Anzeige gelesen – und sagte, dass dort RAZ gestanden habe.
Daraufhin wurden dem Zeugen mehrere Lichtbilder vorgezeigt um seine Erinnerung aufzufrischen, was aber nicht der Fall war, denn er beschrieb nur die Bilder und die Verteidigung machte den Richter darauf aufmerksam, dass dies von jedem gemacht werden könne.
Es wurden Fragen zum Verlauf der Ermittlung gestellt und wiederholt sagte der Zeuge, dass er sich an nichts erinnern kann, er konnte nur das Standardprozedere der Bullen wiedergeben.
Danach kam der nächste Zeuge, dieses mal ein pensionierter Bulle, der auch in diesem Fall ermittelte und sich an nichts erinnern kann, außer dass es irgendwie eine Verbindung zur türkischen Botschaft gab. Der Zeuge war nicht mal beim Tatort, hat sich aber das Video angeschaut, an welches er sich selbst nicht erinnern kann. „Die trugen wahrscheinlich ein Helm“. Wie wir sehen können, sehr präzis.
Das Einzige, was der Zeuge erkennen konnte: erstens ein Ausdruck von einem Stadtplan und sein farbigen Markierungen und zweitens seine Unterschrift bei den eigenen Notizen, an die er sich nicht erinnern konnte.
Auf Nachfrage der Anwälte stellte sich auch hier ein weiteres Mal heraus, dass die Zeugen ihre Unterlagen, Berichte, Akten direkt vom Gericht erhalten.
Nach der Mittagspause war der dritte Zeuge ein Bulle aus Magdeburg, der die Observation vom 26. und 27.04.2011 im Auftrag des BKAs leitete und den Bericht dazu unterschrieb. Der Zeuge schrieb nicht den Bericht und nahm an der Observation selbst nicht direkt teil, er hörte sich die Schilderungen seiner Kollegen an, kann sich aber auch nicht daran erinnern, bzw. ob er sich Notizen dazu gemacht hatte. Zu dem Vorgang erklärte der Zeuge, dass nach einer Observation alles besprochen wird, auch abweichende Erinnerungen, abweichende Wahrnehmungen, wie dies protokolliert wird usw., und aus dem wird dann ein Bericht erstellt, dieser wurde vom Zeugen unterschrieben, aber er kann sich an nichts erinnern. Genauso wenig kann er sich daran erinnern, wer den Bericht schrieb, wie viele daran beteiligt waren – nach einer Nachfrage der Verteidigung sagte er, es würde sich um mindestens fünf Bullen handeln – , wer was sagte usw.
Zu der Identifikation der Zielperson, ZP, händigte das BKA mehrere Fotos aus und die Observationsziele wurden ausgekundschaftet, falls die ZP über Umwege aus diesen sich entfernen würde. Denn bei einem Observationsbericht wurde die ZP nicht auffindbar gemacht und tauchte später woanders auf. Der Zeuge kann sich nicht erinnern, wie es dazu kommen konnte.
In einer anderen Situation wurde die ZP in der S-Bahn mit A4-Blätter gesehen, es sei aber nicht klar, wer alles an der Observation teilnahm. Dass der Bulle, der als nächster Zeuge geladen werden sollte und einen Vermerk bezüglich der Observation verfasst hatte, beteiligt war, wusste der Zeuge erst nach einem Gespräch mit diesem. Die beiden fuhren ja auch gemeinsam nach Berlin.
Die Verteidigung fragte den Zeugen, wie viele sich am Erstellen des Berichts beteiligten – wie schon oben erwähnt mindestens fünf – er konnte sich aber an keine Details mehr erinnern. Da aus den Akten hervorging, war die ZP als ZP-1 gekennzeichnet, was die Frage aufwarf, ob es mehrere Zielpersonen gab. Der Zeuge antwortete, dass wenn nur eine Person observiert wird, diese nur als ZP bezeichnet wird, und dass er in diesem Falle nicht mehr wüsste, ob es noch mehrere Zielpersonen gab. Die nächste Frage bezog sich auf die zur Verfügungstellung des Observationsberichts. Es stellte sich heraus, dass die Zeugen sich untereinander die Berichte ausgehändigt hatten.
Der Vermerk des Kollegen des Zeugen erwähnte, dass die ZP in die S-Bahn stieg, davor Zettel zerriss und in den Müll warf. Die Verteidigung fragte nun, ob und wie viele Bullen bei der Observation in einem solchen Fall in der Bahn mitfahren würden. Hierzu wollte der Zeuge sich nicht äußern, da man die Taktik der Bullen nicht preisgeben kann. Begründet wurde dies mit der eingeschränkte Aussagegenehmigung. Daraus folgte ein juristischer Streit, ob dies zulässig sei oder nicht.
Die Zuschauer und Zuschauerinnen mussten daraufhin den Gerichtssaal verlassen, weil die Verteidigung einen Antrag verschriftlichen musste, um dagegen vorzugehen. Insgesamt verzögerte sich alles mit einigen Intervallen um 25 Minuten. Am Ende entschied das Gericht, dass sich der Zeuge nicht äußern muss und die Einschränkung der Aussagegenehmigung rechtmäßig sei. Der Zeuge wurde entlassen und der Bulle, der den Vermerk verfasst hatte, wurde reingelassen.
Hierbei handelte es sich um einen weiteren Bullen aus Magdeburg, der im Gegensatz zu seinen Kollegen die Unterlagen zur eingeschränkten Aussagegenehmigung dabei hatte.
Auch er konnte sich an nichts erinnern, außer dass der Angeklagte Zettel zerriss und in den Müll in einer S-Bahn Haltestelle warf, dennoch konnte er nicht sagen, ob er dies wirklich gesehen hatte. Der Zeuge nahm aus dem Müll die zerrissenen Zettel, verpackte diese in einem Müllbeutel und übergab diese dem Einsatzleiter. Er wüsste aber nicht was auf den besagten Zettel stünde.
Wie alle anderen Zeugen bereitete er sich auf seine Aussage vor, indem er die Akten, Unterlagen, usw. durchlas. An den Angeklagten könne er sich aber doch erinnern, er bezeichnete ihn auch als „Lockenkopf“, „schmächtig“, usw. aber andere wichtige Details, wie welche Kleidung er trug, oder ob er wirklich Zettel zerrissen hatte und wegwarf, bzw. ob er den Beschuldigten davor oder danach observiert hatte, an all dass konnte er sich nicht erinnern.
Seine Erinnerungen an die Haltestelle waren auch sehr dürftig, denn ob diese Überdacht, mit einem Bistro, mit Sitzbänken, usw. ausgestattet war, konnte er sich auch nicht mehr erinnern. Um seine Erinnerung nochmals aufzufrischen, zeichnete der Zeuge eine Skizze von der besagten Haltestelle, er hatte sie vorher auf einer Karte im Internet angeschaut, aber in welche Richtung die S-Bahn fuhr, nach Berlin, oder sonst wo, dass wusste er auch nicht mehr. Ebenso war ihm der gänzliche Ablauf des Observationstages, wie z.B., er dorthin gelang, ob er alleine war, ob er an der Fußgängerbrücke stand, etc. nicht mehr erinnerlich.
Nach der Entlassung des Zeugen merkte die Verteidigung an, dass dieser dem Gericht glauben machen wolle, dass ihm das Wegwerfen und der Angeklagte in Erinnerung geblieben ist, er wusste worauf es als Zeuge ankommt, er hätte dabei seine Rolle gespielt, denn wenn er sich an nichts erinnern kann, wie kann er sich an den Angeklagten erinnern, außer dass er dies aus dem Vermerk und den Akten wüsste.
Am Ende des Prozesstages wurden Lichtbilder der vermeintlichen zerrissenen Zettel gezeigt, sowie von dem Brandanschlag gegen das Senatsgebäude für Stadtentwicklung. Damit endete der vierte Prozesstag.
Wir wollen nochmals drauf hinweisen, dass die Beschränkung der Anzahl an Besucher und Besucherinnen nicht aufgrund gesundheitlicher Bedenken gemacht wird, denn alle Fenster sind offen, alle Personen tragen Maske, etc., sondern um die Solidarität mit dem Beschuldigten einzuschränken und zu erschweren.
Prozessbericht vom fünften Verhandlungstag
Am Donnerstag, den 08.07.21, begann der fünfte Verhandlungstag des RAZ-RL-radikal Prozesses pünktlich um 13:00 Uhr. Es waren um die zehn solidarischen Personen anwesend.
Gleich zu Beginn stellte die Verteidigung einen Antrag in Bezug auf den Zutritt der Öffentlichkeit zum Prozess. Daher verlangte die Verteidigung den Beschluss des vorherigen Prozesstermins in schriftlicher Form. Der Richter will an der Entscheidung des vorherigen Verhandlungstages nichts ändern, die Begründung dafür ist die rasante Verbreitung der Delta Variante des Coronavirus, er hätte sich mit seinen Kollegen bei anderen Verhandlungen besprochen und es gäbe unterschiedliche Meinungen dazu, letzten Endes wäre die Begründung man müsse die Sicherheit aller Anwesenden gewähren. Auch wenn die Inzidenzrate in der BRD niedrig ist und in vielen Bundesländern die Coronamaßnahmen gelockert werden, wie in Läden, oder dass in öffentlichen Räumen (nicht überall) auch nicht mehr Masken getragen werden müssen, ergibt es für diesen Verfahren keinen Sinn, dass die Maßnahmen sehr akribisch eingehalten werden und dies dazu führt, dass der Zutritt der Öffentlichkeit (solidarischen Personen) eingeschränkt wird, so die Verteidigung. Der Richter will nicht mehr an jedem Verhandlungstag darüber debattieren und schlägt vor, dass ein Antrag gestellt wird. Dazu fragte die Verteidigung um die konkrete Gefährdungslage, was mit geimpften Personen wäre, was mit negativ getesteten Personen wäre, wenn z.B. keine Pressevertreter anwesend wären. Bei diesem Punkt willigte der Richte auf einmal ein, denn dies seien doch zu beachtende Umstände, auch wenn er nicht wüsste, wie all dies überhaupt kontrolliert werden sollte. Da die Kontrollen für den Eintritt in den Gerichtsaal sehr penibel und streng sind, so die Verteidigung, wäre dies keine viel größerer Aufwand als bis jetzt, aber es könnten doch auf einmal fünf weitere Personen in den Saal rein, wenn die Pressevertreter nicht anwesend wären, was in diesem Falle die Zuschauerzahl, wieder auf 15 Personen erhöhen würde.
Der erste Zeuge des Tages war ein pensionierter Bulle, der nur durch die Vorladung wusste, dass es sich um Brandanschläge bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung handeln würde, ansonsten habe er nur dunkle bis gar keine Erinnerungen an die Geschehnisse. Um seine Erinnerungen zu erfrischen hatte der Ex-Bulle Zugang zu dem Bericht über die Straftat, in diesem wurde aber ein weiterer Brandanschlag erwähnt, der am Amtsgericht in Wedding stattfand, daran könne er sich aber nicht mehr erinnern. Um das Erinnerungsvermögen wieder zu erfrischen wurden Fotos des Tatorts in Wedding ausgehändigt. Der Ex-Bulle konnte bestätigen, dass er am Tatort gewesen sei, er könne sich grob an die Schäden erinnern, was aber genau dort war, daran könne er sich nicht mehr erinnern, es seien ja über 10 Jahre vergangen.
Zum Brandanschlag beim Amtsgericht hätte er keine Erinnerungen mehr und könnte daher nichts sagen. Ob die Taten miteinander verglichen wurden, daran kann er sich nicht erinnern, auch wenn dies das übliche Prozedere sei. Denn an beiden Orten sollen ähnliche blaue, aus Kunststoff wie üblich, Getränkekisten gefunden worden sein, in denen die Brandsätze deponiert gewesen sein sollen. Im Bericht selbst steht dieser Vermerk. Was der Ex-Bulle zu der Tat selbst geschrieben hat, darin könne sich dieser auch nicht mehr erinnern.
Zwischendurch bemerkte der Ex-Bulle, dass ihm nur bekannt gewesen wäre, dass die Täter lange als unbekannt galten.
Gleich darauf wurden auch die Fotos des Tatortes bei der Senatsverwaltung ausgehändigt. Aufgrund dieser kann sich der Ex-Bulle an die Graffitis erinnern und dass er dar war. Auch das für den Brandanschlag mit einer größeren Menge an Brandflüssigkeit verwendet wurde, könne man aus den Schäden sehen und der Ex-Bulle hätte auch eine 25jährige Erfahrung mit Brandanschlägen. Das Vorgehen mit Getränkekiste sei ihm schon damals aufgefallen, weil dies nicht üblich gewesen sei und ein Jahr später nach den Brandanschlägen um die es sich handelte, fand ein weiterer statt, nämlich am Platz der Luftbrücke gegen ein Gebäude der Ex-Bullen. Der Richter fragte, ob es sich um das Haus handeln würde, wo das LKA stationiert ist, der Ex-Bulle bejahte.
Der Ex-Bulle wiederholte noch einmal dass die Anschläge gegen das Amtgericht und gegen das Senatsgebäude am selben Tag gewesen seien und dass sie augenscheinlich sehr ähnlich gewesen seien. Mit wem er vor Ort geredet hätte, anderen Bullenkollegen, Feuerwehr, etc., daran könne er sich nicht mehr erinnern.
Auf die Frage der Staatsanwaltschaft, ob sich Personen in den Gebäuden während der Taten befanden, darauf konnte der Ex-Bulle nicht antworten, weil er sich daran nicht erinnere. Die Frage ob die Holztür, an der die Brandsätze platziert wurden, ab einem gewissen Punkt durch das Einwirken des Feuers von alleine brannte, bejahte der Ex-Bulle.
Die Verteidigung begann die Befragung des Ex-Bullen mit der Frage, woher er die Berichte erhalten habe, dieser sagte, er hätte sie über die Dienststelle erhalten. Dies sei der übliche Vorgang, evtl. auch weil der Zeuge im Ruhestand sei. Seine ehemaligen Kollegen fragten ihn, ob er sich an den Fall erinnern könnte. Bevor er selbst den Bericht las, hatte er keine Erinnerungen an irgendetwas.
Daraufhin fing ein Rechtsstreit an, weil der Staatsanwalt der Meinung war, dass die Verteidigung schon zuvor gestellte Fragen wiederholte und dies nicht zulässig sei. Der Richter musste kurz einschreiten um die Gemüter zu besänftigen. Die Verteidigung erwiderte, dass bei konkreteren Fragen der Zeuge andere Antworten als davor geben würde.
Die Befragung ging weiter über das Erinnerungsvermögen des Zeugen und an was sich dieser noch wirklich erinnern könne. Als Antwort erwähnte der Ex-Bulle die verbrannten Eingangstüren. An die blauen Getränkekisten und welche Kollegen was dazu gesehen und gesagt haben, kann er sich nicht erinnern. Er kann sich eigentlich nur anhand der Fotografien an die Kisten erinnern, weil auch bis dahin (sic!) solche Kisten nicht aufgefallen waren.
Der Ex-Bulle war selbst nicht als erster beim Tatort, er kann aber sagen, dass er bei der Senatsverwaltung der erste gewesen sei, der die Kisten wahrgenommen hatte, in Wedding kann er sich nicht erinnern, wer, zuerst die Kisten sah.
Auch die Frage ob sich der Ex-Bulle daran erinnern könnte Fotos bei den Tatorten geschossen zu haben, kann dieser nichts sagen. Ob er eine eingeschränkte Vermutung oder Erinnerung daran haben könnte? Dazu hätte er keine Erinnerung. Der Zeuge sei alleine unterwegs gewesen, was üblich sei, ein Fotograf wird, falls nötig, bestellt und fotografiert dass was man in anordnet.
Aus dem Bericht wird entnommen, dass der Ex-Bulle doch selbst Fotos in Wedding geschossen haben soll, aber bei der Senatsverwaltung ein Fotograf anwesend war und dies tat. Dies sei so gewesen um das Vorgehen zu beschleunigen, kam als Antwort.
Auf die Frage wie lange er bei den Tatorten gewesen sei, antwortete der Ex-Bulle so um die 1,5 – 2 Stunden. Aus dem Bericht geht hervor, dass er 45 Minuten dort war.
Der zweite Zeuge an diesem Verhandlungstag war ein Bulle der weiterhin im Dienst ist. Dieser könne sich noch grob daran erinnern, worum es gehen würde und anhand der Vorbereitung auf die Befragung wüsste er wieder, dass es um Brandstiftung geht. Vorgefunden wurden Getränkekisten, auf einmal ist auch die Rede von einem Joghurtbecher, aber erst durch das Durchlesen des Berichts konnte er sich an mehr erinnern. Er hätte Auszüge zu den Akten mehrfach gelesen. Darauf folgte die Frage des Richters, ob überhaupt irgendwelche Erinnerungen auftraten, der Zeuge bejahte dies.
Auch diesem Zeugen werden die Fotografien ausgehändigt, da er zuvor keinen Zugriff auf diese gehabt hatte. Die Fotografien, die er nun anschaute, können ihm nicht weiterhelfen, weil es nicht jene waren die er damals vor Ort selbst geschossen hatte, auch weil sie damals Nachts geschossen wurden. Daran, dass er selbst die Fotos geschossen haben soll, kann sich der Bulle nicht erinnern. Zu den Fotografien die Nachts geschossen wurden kann er nichts sagen, weil diese keine Erinnerungen bei ihm wachrufen, dann reichte der Richter ihm einen Bericht und fragte den Bullen ob dies seine Unterschrift sei, diese erkannte er.
Zu seinem Zugriff auf die Berichte, antwortet der Zeuge, dass ihm die Berichte zu den Taten per Post nach Hause geschickt wurden.
Am Ende ging es nochmal um die Getränkekisten und deren Standort. Der Zeuge konnte sich daran teilweise erinnern. Als er beim Tatort ankam, wurde seinen Kollegen und ihm darüber berichtet. Ob er mit anderen Personen vor Ort – Feuerwehr, Kollegen, Zeugen vor Ort – sich unterhalten hätte, daran kann er sich auch nicht erinnern. Der Getränkekasten befand sich auch woanders als an der Stelle, wo dieser bei der Tat stand, in welcher Entfernung wüsste er nicht mehr.
Der letzte Zeuge des fünften Verhandlungstages, war ein Augenzeuge, der damals die Bullen benachrichtigte, dass es irgendwo brennt. Dieser konnte sich an die Geschehnisse selbst nicht mehr erinnern, als er die Vorladung bekam, aber nach einem Telefonat mit dem Gericht sind ihm ein paar wenige Sachen wieder eingefallen. Wie er selbst schilderte, feierte er mit ein paar Freunden aus der WG am Park vor dem Gericht. Das erste, was ihm auffiel, war der Geruch nach Verbranntem, ob er die Bullen oder die Feuerwehr anrief, daran könne er sich nicht mehr erinnern.
Es habe an einer Tür an einem Haus gebrannt, an die genaue Zeit wann dies geschah, könne er sich auch nicht mehr erinnern, ebenso wenig ob er überhaupt Feuer bzw. Flammenschein gesehen habe. An einen Kasten oder an eine Kiste könne er sich auch nicht erinnern, genauso wenig wie an das Eintreffen der Polizei. Er denkt, dass er sich am nächsten Tag wahrscheinlich den Tatort angeschaut habe, aber genau wüsste er dies auch nicht mehr. An spätere Gespräche, Vorladungen der Bullen (BKA z.B.) kann er sich auch nicht erinnern. Vor Gericht sprach der Zeuge immer in der ersten Person Plural, aber in den Bullenberichten sprach er immer in der ersten Person Singular.
Aus dem Bericht kam auch hervor, dass der Zeuge in einer Kneipe war (Barrikade), er selbst sagte, dass zu der Zeit als er im Wedding wohnte, er jeden Abend im Park oder in der Kneipe war. Auch ist im Bericht die Rede von einem Selterskasten (Sprudelwasser) und wo dieser stand, aber an seine eigene Aussage, kann sich der Zeuge auch nicht erinnern.
Die Verteidigung fragte den Zeugen nach seinem Alkoholkonsum an besagtem Abend, was diesen sichtlich ärgerte, daraufhin antwortete er, dass er, wegen der Elektrolyte, Bier abwechselnd mit Wasser trinkt und dass daher sein Erinnerungsvermögen vollkommen okay wäre.
Als letztes verlas der Richter die Strafanzeige und den Tatortbericht zu dem Anschlag bei der Senatsverwaltung.
Kurz vor der Beendigung des Verhandlungstages machte der Richter die Verteidigung darauf aufmerksam, dass in der nächsten Sitzung Zeugen vom Verfassungsschutz erscheinen werden, dass diese evtl. – was anscheinend auch unüblich ist – aus einem Dokument, wegen der eingeschränkten Aussage, vorlesen werden und bei Unklarkeiten bei ihrer VS-Stelle anrufen würden, um sich zu erkundigen, worüber sie vor Gericht reden dürfen.
Prozessbericht vom sechsten und siebten Verhandlungstag
Sechster Verhandlungstag
Am 13.07.21 begann der sechste Verhandlungstag im Prozess gegen unseren Gefährten pünktlich um 9:00 Uhr. Neben den etwa 10 Besucherinnen und Besuchern, denen an diesem Tag im Gegensatz zu den vorherigen Terminen, der Besuch der Toiletten vor Prozessbeginn von den Schließern verweigert wurde, waren auch Vertreterinnen der Presse anwesend.
Als erster Zeuge war ein Bulle der Berliner Kripo geladen, der zum Brandanschlag auf das Amtsgericht am 27.04. 2011 aussagen sollte. Da er sich ja einlesen konnte, wusste er auch worum es geht, vor dem Lesen seines Berichtes habe er nur eine sehr oberflächliche Erinnerung gehabt, weil sich der Brandanschlag in der Nähe seiner Dienststelle ereignete. Nach dem Lesen kam ihm auch wieder ein Getränkekasten in Erinnerung und dass dieser nicht explodiert ist, ob es noch gebrannt hat, als er ankam, könne er aus dem Gedächtnis aber nicht mehr sagen. Für die Spurensicherung war ein Kollege zuständig, der Zeuge hatte den Bericht verfasst und Fotos angefertigt. Bezüglich der Spurensicherung erwähnte er, dass keine Fingerabdrücke gesichert wurden, da dies bei verbranntem Material unsinnig sei, sondern nur nach DNA-Spuren gesucht worden war. Den Getränkekasten mit zwölf hellblauen Plastikflaschen, der im Bericht erwähnt wird, habe die Feuerwehr bereits weggeräumt, er befand sich also beim Eintreffen des Zeugen am Tatort nicht mehr an seiner ursprünglichen Position. Dieser Kasten sei dann vom Zeugen und seinem Kollegen mitgenommen und von der Folgedienststelle untersucht worden. Weiters gehe er davon aus, dass vor seinem Eintreffen bereits ein Funkwagen vor Ort gewesen sei. Danach ging es um die Frage, wie der Zeuge denn festgestellt habe, dass sich in den Flaschen Benzin befand. Dies habe er am Geruch erkannt, war die Antwort. Befragungen der am Tatort anwesenden Personen habe wahrscheinlich der Kollege durchgeführt, da der Zeuge ja fotografiert hatte.
Anschließend wurden Fotos vom Tatort in Augenschein genommen, was die Erinnerung des Bullen aber nicht weiter auffrischte, auch an einen Joghurtbecher könne er sich nicht mehr erinnern. Der Staatsanwalt wollte dann noch wissen, welche Unterlagen er zur Vorbereitung erhalten habe und woher diese kamen, was der Zeuge dahingehend beantwortete, dass er den Spurenbericht und den Bericht des Kollegen unaufgefordert vom Gericht erhalten habe.
Die Verteidigung fragte, ob der Zeuge mit der Feuerwehr am Tatort gesprochen habe und ob es sich um eine Schlussfolgerung handele, dass die Getränkekasten von der Feuerwehr vor seinem Eintreffen bereits weggezogen worden sein. Der Zeuge sagte aus, dass er der Befragung nur zugehört habe und dass es sich um eine Schlussfolgerung handele, da die Feuerwehr dies grundsätzlich tue, ob dass in diesem konkreten Fall auch geschehen sei, also der Getränkekasten tatsächlich weggezogen worden war, kann er nicht sagen. Daraufhin wurde der Zeuge entlassen.
Die nächste Zeugin war eine Bullenfrau aus Berlin, die ebenfalls zum besagten Brandanschlag auf das Amtsgericht Wedding befragt wurde. Sie konnte sich vor dem Lesen des ihr zur Verfügung gestellten Berichts noch daran erinnern, dass sie zu einem Brand an einem Seitengebäude des Amtsgerichts gerufen wurde und dass bei ihrem Eintreffen eine Tür bereits in Flammen stand, drinnen alles schwarz war und sich vor der Tür ein Getränkekasten befand, der nach Benzin gerochen habe und von der später eingetroffenen Kripo mitgenommen worden war. Als sie mit ihrem Kollegen am Tatort ankam, war die Feuerwehr noch nicht vor Ort. Der Getränkekasten stand rechts von der brennenden Tür, zur genauen Entfernung konnte sie nichts mehr sagen, nur dass sich auf dem Kasten nichts befunden habe, sie sich diesem aber aufgrund des Geruchs auch nicht sonderlich genähert habe, aus Angst, dass da noch was hochgeht. Über den Pappbecher und dass dieser von einem Kollegen zertreten worden sei, habe sie im Bericht gelesen, hat aber keine Erinnerung mehr daran. Mit diesem Kollegen, der inzwischen ihr Gatte ist, habe sie vor kurzem über die Tat gesprochen, er könne sich noch weniger als sie daran erinnern. Die Strafanzeige habe sie zusammen mit der Ladung per Fax erhalten. Des Weiteren wusste sie nicht mehr, ob sie damals Spuren gesichert oder irgendetwas der Feuerwehr übergeben habe. Am Getränkekasten direkt habe sie jedenfalls nichts brennen sehen und an Gespräche am Tatort könne sie sich nicht mehr erinnern.
Daraufhin wies der vorsitzende Richter auf das allgemeine Problem der Verwendung der Passivform in Bullenberichten hin, da hierdurch nicht mehr ersichtlich sei, wer was, wann und wie wahrgenommen habe. Zum Schaden konnte die Zeugin nur sagen, dass die Tür schwarz verrußt und die Flamme relativ hoch war. Die Fotos, die an die Strafanzeige angehängt sind, wurden von der Zeugin gemacht, allerdings war sich die Zeugin nach der Inaugenscheinnahme eben dieser Fotos nicht mehr sicher, ob diese nicht auch vom Kollegen gemacht worden waren. Die Verteidigung wollte dann von der Zeugin wissen, ob noch mehr als nur die Strafanzeige verfasst worden sei, was die Zeugin nicht mehr wusste. Auf die Frage der Rechtsnwälte, sagte sie noch, dass der besagte Kollege und Gatte die Strafanzeige nicht gelesen habe und sie ihm diese auch nicht vorgelesen habe. Der Richter fragte noch einmal nach dem Standort des Getränkekastens, woraufhin die Zeugin vermutete, dass er auf dem Foto, an der Stelle zu sehen sei, an der er sich bei ihrem Eintreffen befunden hatte. Wie schnell die Feuerwehr nach ihrem Eintreffen kam, daran konnte sie sich auch nicht mehr erinnern. Auch nicht, ob es noch eine zweite Kiste gegeben habe oder an einen Zeugen, der den Brand gesehen und gemeldet hatte. Daraufhin wurde auch diese Zeugin entlassen.
Anschließend wurde ein weiterer Berliner Bulle als Zeuge geladen, der vor der Ladung keinerlei Erinnerung an die Tat hatte. Nach dem Lesen der Anzeige, konnte er nun sagen, dass er als wachhabender Bulle nachträglich am Tatort erschienen sei, kein Feuer mehr gesehen habe, die Feuerwehr schon da war und er mit niemandem gesprochen habe. Er habe nur als Koordinator fungiert. Zu den Schäden könne er nichts sagen, auch nicht ob es unter den Kollegen oder den Feuerwehrleuten Verletzte gegeben habe. Später habe er mit diesem Fall nichts mehr zu tun gehabt. Der Zeuge wurde um ca. 9:55 Uhr entlassen und eine Pause bis 13:00 Uhr wurde anberaumt, da die nächste geladene Zeugin noch nicht da war.
Pünktlich um 13:00 Uhr ging die Verhandlung weiter, die Zeugin, eine Mitarbeiterin des VS, saß bereits verkleidet mit Perücke, Maske und fetter Sonnenbrille im Gerichtssaal. Als Namen gab sie Stephan oder Stephanie an (auf jeden Fall mit ph), als Dienstort Köln. Sie hatte ein Behördenzeugnis des VS an dem mehrere Beteiligte gearbeitet hatten, dessen Inhalt Observationen sind, die am dritten; vierten; sechsten und siebten Februar 2010 stattfanden. Die Anwälte baten die Richter, dass die Zeugin ihre Sonnenbrille abnimmt, was die Zeugin verweigerte. Nachdem der Richter dies akzeptierte, fragte die Verteidigung worin die Gefahr liege, der Richter begründete seine Entscheidung damit, dass aufgrund ihrer Tätigkeit, eine Gefährdung für ihre körperliche Unversehrtheit und weitere Tätigkeit vorliege. Daraufhin stellte die Verteidigung einen Antrag, dass die Zeugin per Gerichtsbeschluss aufgefordert wird, ihre Sonnenbrille abzunehmen habe, eine Gefährdung liege nicht vor, da die Zeugin mit falscher Identität, falschen Augenbrauen und Perücke vor Gericht erschienen ist und die Möglichkeit bestünde, dass weitere Zeugen evtl. vermummt erscheinen würden und dann gar nicht mehr zu sehen sind. Der Staatsanwalt schloss sich der Einschätzung des Richters an. Woraufhin die Rechtsanwälte empirische Belege für die Gefährdung von Polizisten und Staatsbeamten forderten. Da dass ganze zehn Jahre zurückliege, sei eine Gefährdung absurd. Es wurde eine Unterbrechung von 15 Minuten einberaumt.
Nach der Unterbrechung gab der Richter bekannt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht die wahre Identität ihrer Mitarbeiter preisgeben muss und dem Beschluss der Richterschaft stattgegeben wird. Die Gefahrenlage leite er aus einem Dokument ab, das am 27.05.21 vom Verfassungsschutz herausgegeben wurde. Daraufhin merkte die Verteidigung an, dass sich das Gericht auf ein Schreiben, bzw. ein Pamphlet, des VS von knapp drei Seiten bezieht, dass im Nachgang des G20 veröffentlicht wurde. Die Behauptungen des VS seien ins Blaue hinein, von einer Behörde die unter Maaßen ganz klar gezeigt habe, dass diese Behörde gegen Links arbeitet und diese Haltung zeige sich auch in dem zitierten Schreiben. Die dort benannten Behauptungen seien nicht belegt und schlichtweg falsch. Wann und wo, habe es Brandanschläge gegen Wohnobjekte von Staatsbeamten in Folge des G20 in Hamburg gegeben?
Die Staatsanwaltschaft schloss sich dem Beschluss des Gerichts an, die Rechtsanwälte brachten eine Gegenvorstellung ein. Nach einer kurzen Pause wurde diese Gegenvorstellung zurückgewiesen und mit der Befragung der Zeugin von Seiten des Gerichts begonnen. Dabei stellte sich heraus, dass die Zeugin, die sichtlich nervös ständig mit dem Kugelschreiber in ihren Händen herumspielte, keine Erinnerungen an den Einsatz hat, allerdings würde sie den Angeklagten wiedererkennen. Auf die Frage, wie oft sie den Angeklagten gesehen habe, sagte sie, dass sie sich nicht erinnern könne und auch nicht wisse, wer welche Beobachtungen gemacht hat. Die Frage wie das Behördenzeugnis verfasst wurde, konnte sie nicht beantworten, davon habe sie keine Kenntnis, da es nicht in ihren Aufgabenbereich fällt. Es stellte sich heraus, dass sie im fraglichen Einsatz Truppführerin war, selbst keine Observationen gemacht hat, sondern nur im Hintergrund aktiv war. Die Frage, ob es ihre Aufgabe war die Erkenntnisse zusammenzuführen, wurde von der Zeugin bejaht. Dies habe sie im Observationsbericht getan, den es noch gibt und auf den die Zeugin Zugriff hat, der ist jedoch als Geheim eingestuft und zu weiterem könne sie wegen ihrer beschränkten Aussagegenehmigung nichts sagen. Ob im Bericht stehe, wer was beobachtet hat wisse sie nicht, ob sie das sagen darf. Daraufhin intervenierte die Verteidigung mit der Frage, wo das Problem liege, es handle sich doch um eine allgemeine Frage. Der Staatsanwalt warf ein, dass die Vereidigung nicht das Wort habe, was vom Richter wiederholt wurde, woraufhin dieser sich die Frage von Seiten der Verteidigung gefallen lassen musste, ob er der Ko-Sprecher der Staatsanwaltschaft sei. Das Gericht merkte an, dass ihnen mehrere Namen vom VS genannt worden sind und sich nun die Frage stelle, wen dieser möglichen Zeugen sie befragen sollen, um Erkenntnisse zur Sache zu erhalten, wozu die Zeugin nichts sagen konnte. Daraufhin fragte die Staatsanwaltschaft, um welches Behördenzeugnis es sich handeln würde. Es stellte sich heraus, dass es um das Behördenzeugnis von Anfang Februar gehe, das auch dem Gericht vorliegt. Die Eigenschaft der Zeugin als Truppführerin bezieht sich nur auf diesen Zeitraum. Die Verteidigung verlangte eine Pause bevor sie mit der Befragung der Zeugin fortfahren würde.
Nach der Pause fragte die Verteidigung, ob die Zeugin sich noch auf eine andere Art als nur das Lesen des Zeugnisses und des Berichtes vorbereitet habe, dies wurde von der Zeugin verneint. Bejaht wurde von ihr hingegen, dass sie mit Mitarbeitern ihrer Behörde gesprochen habe, zum Inhalt des Gesprächs habe sie jedoch keine Aussagegenehmigung auch nicht zu dessen Datum. Die Verteidigung beharrte auf der Beantwortung dieser Frage, auch das Gericht meinte, dass die Zeugin sich dazu äußern sollte. Nach einem Schlagabtausch zwischen Staatsanwalt und der Verteidigung wie die beschränkte Aussagegenehmigung zu verstehen sei, wurde die Zeugin dazu aufgefordert mit ihrer Behörde Rücksprache zu halten. Dabei sollte sie klären, ob sie sich zu Beobachtungen und Wahrnehmungen äußern darf und ob es im Rahmen zur Vorbereitung Gespräche gab, die das Geschehen, was hier verhandelt wird, zum Inhalt hatten.
Nach einer zehnminütigen Unterbrechung, in der die Zeugin erfolgreich telefoniert hatte, sagte sie, dass es Gespräche zur Vorbereitung gegeben hätte. Thema waren Rechte und Pflichten in ihrer Rolle als Zeugin und es wurden die der Behörde vorliegenden Dokumente zur Vorbereitung gelesen. Teilnehmer dieses Gespräches waren der Referatsleiter und Personen die hier noch weiter vernommen werden können. Zu der Gesamtzahl der Personen liege hier keine Aussagegenehmigung vor. Die Verteidigung forderte, dass die Zeugin mit der Behörde erneut telefonieren solle, nachdem sie sich auch auf Nachfrage des Richters nicht zur ungefähren Personenzahl äußern wollte. Der Richter forderte von der Verteidigung, dass sie alle Fragen an die Zeugin nun skizzieren soll, damit nicht immer wieder telefoniert werden muss. Die Verteidigung merkte an, dass dies äußerst unüblich sei und weitere Fragen sich aus den Antworten der Zeugin ergeben. Der Richter befragte die Zeugin erneut zum Inhalt des Vorbereitungsgespräches, woraufhin die Zeugin sich äußerte, dass das Gespräch nur zur allgemeinen Vorbereitung auf die Vernehmung gedient habe, über den Einsatz an sich sei nicht gesprochen worden, auch Erinnerungen seien nicht ausgetauscht worden. Auf die Frage der Verteidigung nach der Dauer der Zusammenkunft schüttelte die Zeugin den Kopf und sagte, dazu habe sie keine Aussagegenehmigung. Auf die nächste Frage der Verteidigung, ob bei der Zusammenkunft Fotos gezeigt wurden, sagte sie, dass der Observationsbericht Fotos enthalte, ob weitere Fotos gezeigt worden sind, könne sie wegen ihrer Aussagegenehmigung nicht sagen. Daraufhin sollte sie erneut telefonieren, um abzuklären, ob sie etwas zur Dauer des Vorbereitungsgespräches, der Anzahl der Teilnehmenden Personen und ob Fotos gezeigt worden sind, sagen darf.
Nach einer Pause konnte die Zeugin mitteilen, dass das Vorbereitungsgespräch ca. 1 Stunde gedauert habe, keine Fotos gezeigt worden sind und dass sie zur Anzahl der Personen keine Aussage machen darf. Auf die Frage der Verteidigung nach der ungefähren Personenanzahl sagte sie, dass es eine größere Runde gewesen sei, ob es mehr als 20 oder 50 gewesen seien, dazu wollte sie sich nicht äußern. Der Zeugin ist bekannt, dass dem Gericht eine Personenliste von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes vorliegt, die im Laufe des Prozesses befragt werden können. Die genaue Zahl der Personen ist ihr nicht bekannt. Ob die Personen bei dem Treffen dabei waren, könne sie aufgrund ihrer Aussagegenehmigung nicht sagen, auch nicht ob sie mit dem Beamten oder der Beamtin, die die Liste weitergegeben hat, telefoniert hat. Die Verteidigung merkte nun an, dass eine Belehrung nicht eine Stunde dauert und es unverständlich sei, warum es hier ein völliges Mauern bezüglich der Personenanzahl gäbe. Der Richter wurde gebeten, sich um eine Erweiterung der Aussagegenehmigung zu kümmern bezüglich der Anzahl der Teilnehmer, sowie deren Arbeitsnamen und die Funktion warum sie an diesen Treffen teilgenommen haben. Die Zeugin wurde befragt, wann dieses Treffen stattgefunden hat. Hierzu dürfe sie sich nicht äußern. Die Staatsanwaltschaft fragte, ob nach der Vorbereitung Erinnerungen aufgetaucht seien, was die Zeugin verneinte. Hiernach wurde die Zeugin entlassen.
Zum Schluss merkte der Richter an, dass er nicht wisse ob er die Anregung zur Erweiterung der Aussagegenehmigung bis zum nächsten Termin in die Wege geleitet haben werde. Die Staatsanwaltschaft äußerte, dass sie dazu keine Veranlassung sehe und fragte die Verteidigung, warum sie so großes Interesse an dem Vorbereitungstreffen der VSler hätte. Die Rechtsanwälte antworteten mit der Gegenfrage, ob es der Staatsanwalt nicht ungewöhnlich fände, dass womöglich alle noch zu ladenden Zeugen des Verfassungsschutzes in einem Vorbereitungstreffen zusammengekommen sind. Der Richter sagte, dass der Inhalt des Treffens nur die Vorbereitung auf die Rolle als Zeuge gewesen sei. Nachdem die Verteidigung anmerkte, dass dies nicht glaubhaft sei, da dass Treffen eine Stunde gedauert hat, meinte der Richter, er würde darüber nachdenken.
Um 15:15 endete der sechste Verhandlungstag.
Siebter Verhandlungstag
Am 15.07.21 fand der siebte Verhandlungstag mit einigen Minuten Verspätung statt. Vorgeladen war ein Zeuge des VS. Dieser wusste nur noch durch die Vorladung, worum es sich handeln würde, trotz der Auffrischung durch das Lesen des Oberservationsberichts von Anfang Februar 2010, kann sich der Zeuge an nichts erinnern, außer dass ihm der Name des Beschuldigten bekannt vorkam.
Am Montag den 12. Juli fand eine Vorbesprechung statt, an der circa 20 Personen teilgenommen hatten. Die Verteidigung fragte, ob es sich bei den bei diesem Treffen Anwesenden um Personen handelt, die den Angeklagte observiert hätten. Der Zeuge bestätigte dies, es würde sich hier um Personen handeln, die an der Observation beteiligt gewesen sind, bzw. um Personen die möglicherweise für diesen Prozess noch als Zeugen vorgeladen werden könnten, es blieb unklar, inwieweit die Anwesenden Personen auf diesem Treffen mit diesem Fall zu tun hatten, oder zumindest in welcher Rolle. Auch was die genaue Rolle des Zeugen war, wurde nicht beantwortet. Auf dem Treffen soll über allgemeine Sachen gesprochen worden sein. Dieses soll eher einen rein informativen Charakter gehabt haben, wie das Verhalten zur Aussagegenehmigung und zum Vorgang überhaupt sein sollte. Auf die Frage, ob der Zeuge sich mit anderen Anwesenden unterhalten hat, bejahte dieser dies, er hätte mit einer Kollegin gesprochen, diese hätte sich an nichts erinnern können, aber er würde sich nicht mehr an das Thema und an das Gespräch selbst erinnern. Als der Zeuge die Ladung bekam, nahm er sich bei der erstbesten Situation etwas Zeit, um sich damit zu beschäftigen.
Die Verteidigung fragte weiter nach, mit welchen Kollegen sich der Zeuge denn genau unterhalten hätte, evtl. der Zeugin, die am Dienstag den 13.07.21 vorgeladen wurde? Dazu machte der Zeuge keine Aussage. Auf die Frage der Richterschaft wohin all dies führen sollte, unterstrich die Verteidigung das Problem, wie und auf welcher Art die Wahrnehmung und Aussagen der Zeugen miteinander verglichen werden könnten, um der Wahrheit näher kommen zu können, wenn es aber nicht mal möglich sei, zu wissen mit wem der Zeuge des VS gesprochen hätte, würde dies alles nichts bringen.
Daraufhin sagte der Zeuge, dass er halt über seine Kollegen keine Aussagen machen dürfte. Die Verteidigung berief sich ein weiteres Mal auf den §37 Beamtenstatusgesetz, was, seitdem das Thema der beschränkten Aussagegenehmigung aufgekommen ist, immer wieder diskutiert wurde und dass diese in diesem Falle nicht zutreffend sei, dass das ständige Berufen darauf absurd sei, denn obwohl der Zeuge keine Namen nennen darf, sind dem Gericht mindestens zehn Namen (wahrscheinlich Legenden) von VSlern bekannt. Man könne die Aussagen nicht überprüfen, um zu sehen, wer mit wem über was gesprochen hat.
Um dies klären zu können, wurde eine Pause einberufen, damit der Zeuge des Verfassungsschutzes bei seiner Dienststelle in Köln anrufen könne, um sich zu erkundigen, ob und was er zu der konkreten Frage beantworten durfte. Nach der Pause, bzw. nach dem Telefonat durfte dieser sagen, dass er mit der Zeugin, die am Dienstag ausgesagt hat, gesprochen hatte.
Zu den Fragen der Verteidigung wie alt der Zeuge sei, ob sein Hintergrund – in Bezug auf seine Qualifikationen – usw., richtig seien, gab dieser keine Angaben. Die Verteidigung bemerkte, dass die Geheimhaltung nur in Bezug auf den Namen gelte und nicht auf das Alter und den Beruf selbst. Der Richter versprach für die kommende Termine dies zu klären.
Die nächsten Fragen der Verteidigung drehten sich darum, ob es in der Vorbereitung eine Belehrung zum Verhalten gegenüber der Verteidigung beim Prozess gegeben hat und ob weitere Kollegen des Zeugen im Raum oder Gerichtsgebäude anwesend seien? Zu all dem gab es keine Angaben seitens des Zeugen. In welcher Art und Weise die Aussagen des Zeugen das Wohle des Landes gefährden würden, stellte die Verteidigung klar und deutlich in Frage. Die Verteidigung fügte hinzu, dass anscheinend die Aussagen des Verfassungsschutzes bei diesem Verfahren in Köln beantwortet werden, weil ja hier niemand was sagen kann und darf.
Weitere Zeugen vom Verfassungsschutz werden in den kommenden Terminen eingeladen, obwohl sich klar die Frage stellt, inwieweit all dies was bringen würde und auch einfach sein gelassen werden könnte, so die Verteidigung. Es werden auch Beamte des BKA erscheinen, die an der Hausdurchsuchung bei Cem beteiligt waren.
Der nächste Prozesstermin ist am 05. August um 13:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str.