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Seit langem sitze ich in Baden-Württembergs Haftanstalten und da eine Entlassung nicht wirklich konkret absehbar ist, ich aber über Beziehungen nach Sachsen verfüge, beantragte ich Ende 2019 (!) meine Verlegung dorthin. Dieser Antrag entwickelte sich zu einer Odyssee.
Der Antrag an die JVA Freiburg
Da die Beziehung zur Justiz in „The Länd!“ (so nennt sich nach einer 21 Millionen Euro verschlingenden Werbekampagne der Landesregierung Baden-Württembergs das Land nun selbst) von gewissen Differenzen geprägt und bestimmt ist, hatte ich im Dezember 2019 einen ausführlich begründeten Antrag bei der JVA Freiburg eingereicht, hinsichtlich der Verlegung nach Sachsen. Erst befragte mich der Leiter der SV-Abteilung Thomas G., ob mir das damit ernst sei. Einen Monat später folgte eine ähnliche Nachfrage durch und ein Gespräch mit dem Gesamtanstaltsleiter Herrn Völkel.
Da beide die Idee der Verlegung unterstützten legten sie die Akten dem Stuttgarter Justizministerium vor; denn bei länderübergreifenden Verlegungen muss das jeweilige Ministerium zustimmen. Auch dieses erteilte sein Plazet und so ging der Vorgang nach Sachsen.
Die Ablehnung des Sächsischen Justizministeriums
Wie ich schon im März 2021 berichtet hatte, lehnte das Ministerium in Dresden mit einem umfassenden Bescheid meinen Wunsch ab. Man habe zum einen Kapazitätsprobleme, sprich man benötige die Plätze für die eigenen Sicherungsverwahrten, zum anderen sei nicht zu erwarten, dass ich mich in den Vollzug einfüge und im übrigen habe man schon drei beschwerdefreudige Verwahrte, käme ich noch dazu, sei eine ungünstige Kumulation zu befürchten.
Die Klage beim Oberlandgericht Dresden
Gegen diesen Bescheid stellte ich am 15.03.2021 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 EGGVG beim OLG Dresden. In den Folgemonaten wurden diverse Schriftsätze und Ergänzungen ausgetauscht und das Verfahren zog sich in die Länge.
Der Beschluss des OLG Dresden
Mit Entscheidung vom 08.11.2021 hat nun das OLG Dresden meinem Antrag stattgegeben. Der mit drei Richtern besetzte 2.Senat hat für Recht befunden, dass der Bescheid des sächsischen Justizministeriums an „einem Ermessensfehlgebrauch“ leide. Ja, nicht nur Menschen können leiden, in der JuristInnensprache auch Bescheide. Bemängelt wurde unter anderem, dass das Ministerium nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass „Bezugspersonen im Freistaat Sachsen und Berlin“ leben würden, was die „Resozialisierung tatsächlich fördern“ könnte. Selbst die geltend gemachte Begrenzung der Kapazitäten in der JVA Bautzen sei nicht tragfähig, denn es gebe einen „Tauschpartner“ der tatsächlich, weil er zuvor gerade in der JVA Bautzen eine Straftat begangen haben soll, verlegt werden müsse. Der Übernahme dieses Insassen hatte man in Baden-Württemberg auch schon 2020 zugestimmt, nur dann das sächsische Ministerium plötzlich den betreffenden Verwahrten lieber im Freistaat behalten, anstatt mich im Tausch aufzunehmen.
Und die „überdurchschnittlich häufige … gerichtliche Verfolgung eigener Rechte“ beeinträchtige „für sich genommen die Belange eines geordneten Vollzugs“ auch nicht..
Die Entscheidung bedeutet nun nicht, dass mich die sächsische Justizverwaltung zwingend aufzunehmen haben wird, sondern nur, dass man mich unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden hat.
Dafür kann sich das Ministerium geraume Zeit nehmen. Lehnte es meinen Wunsch auf Übernahme in den dortigen Vollzug der Sicherungsverwahrung erneut ab, ginge der Rechtsweg von vorne los, d.h. ich müsste erneut Klage beim OLG einreichen.
Ausblick
Wie zu sehen ist, zum einen brauchen Inhaftierte Zeit, Geduld und Ausdauer. Mittlerweile sind fast zwei Jahre ins Land gegangen seit ich bei der Freiburger Haftanstalt den Antrag eingereicht hatte. Und ich hatte noch den günstigen Umstand auf meiner Seite, dass die Haftanstalt meinen Antrag unterstützte. Hätte sie das nicht getan, so wäre ich gezwungen gewesen erstmal die JVA Freiburg vor Gericht zu verklagen.
Zum anderen zeigt der Fall auch, wie mit der unwiederbringlichen Lebenszeit von inhaftierten Menschen seitens der Justiz umgegangen wird. Nach zwei Jahren bin ich fast soweit wie am Anfang . Das sächsische Justizministerium muss über den selben Antrag von 2019 neu entscheiden.
Nun bleibt abzuwarten wie, voraussichtlich erst im kommenden Jahr, die Antwort aus dem sächsischen Justizministerium lauten wird, ob sich eine Perspektive für eine Verlegung eröffnet, oder ich erneut vor Gericht werde ziehen müssen. Andere Insassen in Freiburg lösten das Problem kurzerhand dadurch, dass sie Mitverwahrte körperlich attackierten, danach waren sie binnen einiger Monate (wunschgemäß) in anderen Gefängnissen untergebracht – freilich war das jeweils verheerend für die weitere Vollzugsbiographie, denn solch ein Vorgehen dokumentiert in den Augen der Verantwortlichen die unterstellte „Gefährlichkeit“.
Thomas Meyer- Falk
z.Zt. JVA (SV)
Hermann-Herder.Str. 8
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