[Deutschland] Prozess, RAZ, RL, Radikal – Prozessbericht vom 21. Verhandlungstag

quelle: soligruppe für gefangene

Der 21. Verhandlungstag im Prozess gegen unseren Freund und Gefährten begann am 17.11.21 um 9:05 Uhr. Am Mittwoch waren zwölf solidarische Personen im Gericht anwesend, ob im Verlauf des Verhandlungstages weitere Personen noch vor dem Gericht waren, wissen wir nicht.

Bevor die Schlussreden der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung gehalten wurden, fragte die Richterschaft die Verteidigung, ob noch weitere Erklärungen oder Anträge zu veröffentlichen, bzw. noch zu beantragen wären. Die Frage wurde verneint, ebenso verneinte der Mandant die Frage, ob er noch etwas zu sagen habe. Da keine Beweisanträge offen seien und es kein Verständigungsgespräch gegeben hatte, ging es zum Plädoyer über.

Die Staatsanwaltschaft begann. Sie sei aufgrund der Beweise davon überzeugt, dass die RAZ – eine sozialrevolutionäre, antiimperialistische, kommunistische, marxistisch-leninistische Gruppe – durch den Klassenkampf und gewalttätige Aktionen die BRD stürzen wollen würde, damit auch die freiheitliche demokratische Grundordnung, mit dem Ziel eine klassenlose und staatenlose Gesellschaft aufzubauen. Diese habe sich zu ihren Taten bekannt und diese auch mit dem Namen früherer Revolutionärer unterschrieben, was auf ihre historische Bezugnahme hindeuten sollte. Die Aktionen waren Anschläge gegen ein Jobcenter, das Haus der Wirtschaft und das Bundeshaus, das Versenden von Patronen an mehrere Personen, die Verschickung der Kommuniqués in Form von Mails – wo der Staatsanwalt natürlich nochmal erinnern musste, dass darin stand, dass in Zukunft die nächsten Patronen per Express verschickt werden würden –, Anschläge auf die Senatsverwaltung sowie das Amtsgericht Wedding und dass dem Angeklagten eine Mitwirkung bei drei Aktionen vorgeworfen wird.

Zu dem ersten Anklagepunkt, es geht um den Anschlag auf das Haus der Wirtschaft, sehe die Staatsanwaltschaft keine Beteiligung des Angeklagten im strafrechtlichen Sinne. Dennoch gehe er davon aus, dass der Angeklagte die Kommuniqués verschickt habe, trotz der Beweiswürdigung und trotz seiner Verweigerung sich zu äußern, würde es Beweise durch die Polizeiermittlung geben, die dies beweisen würden, so der Staatsanwalt. Er habe nämlich mit Aufmerksamkeit die Medien übers Internet verfolgt, als ein Aktion stattgefunden hatte und er die Kommuniqués verschickt haben soll. Auch wenn dies nicht bewiesen werden konnte und auch die Beweise des BfV vernichtet worden sind, die anscheinend nach zehn Jahren die eigenen Akten vernichten, sowie es unklar sei, ob er sich zum Zeitpunkt der Aktionen überhaupt zu Hause befand bzw. ob er dort allein war, ob er nun im Copyshop gewesen sei und dort Kopien gemacht hätte, all dies ließe sich nicht mehr feststellen. Daher würde der Staatsanwalt in diesem Fall die Anklage fallen lassen.

Zu den Anklagepunkten II;III (die Anschläge auf ein Gebäude der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in Berlin-Mitte und auf das Amtsgericht Wedding), was das Zerreißen von Papierfetzen in der S-Bahnhaltestelle von Alt-Glienicke gewesen wäre, so ergebe sich Cems Schuld laut dem Staatsanwalt durch das glaubhafte Wiedererkennen des Beamten der Cem an diesem Tag observiert hatte, außerdem sei mit hoher Wahrscheinlichkeit die Schrift auf den Papierfetzen urheberidentisch mit der von Cem. Da auf den Zetteln auch die exakte gleiche Anordnung von E-Mailadressen von Zeitungen und Journalisten drauf stand, wie sie später auch in dieser Reihenfolge von einer E-Mail aus mit einem Kommuniqué versendet wurden, wäre doch klar festzustellen, dass Cem von den Taten mindestens informiert sein musste. Es sei gedanklich möglich, aber höchst unwahrscheinlich, dass er erst nach der Tat darüber informiert worden sei.

Nicht dass er informiert war, sondern auch zum inneren Kreis gehören musste. Dies sei auch der Fall bei dem Verschicken der Patronen, die er verschickt haben muss. So seien die Selbstbezichtungsschreiben von Cem per Mail verschickt worden, da diese laut des Providers über das WLAN der Eisdiele „Eis36“ am Kottbusser Tor verschickt wurden und Cem sich, laut der Aussage des Bullenzeugen von vor ein paar Wochen, genau dort zur selben Zeit aufgehalten habe. Daraus wäre zu schlussfolgern dass Cem eine führende Stellung hatte, er habe vor der Ausführung der Tat den Versand des Selbstbezichtigungsschreibens zugesagt. Aus der rechtlichen Würdigung ließe sich zwar keine Straftat beweisen, aber er habe sich bei der Beihilfe zu schweren Brandstiftungen strafbar gemacht, da keine unmittelbare Teilnahme nachweisbar sei. Auch wären strafmildernde Umstände zu berücksichtigen, wie dass die Taten vor über zehn Jahren stattgefunden haben und sich Cem in der ganzen Zeit nicht strafbar gemacht hat. Deswegen würde der Staatsanwalt eine Strafe in der Höhe von einem Jahr und elf Monaten, mit vier Jahre zur Bewährung, beantragen.

Weiterhin begründete der Staatsanwalt dies auch damit, dass die RAZ und die RL in den letzten zehn Jahren keine Aktion mehr gemacht hätten, worunter zu verstehen wäre, dass diese nicht mehr existieren würden und von Cem keine Gefahr mehr ausgehe.

Da es um Beihilfe gehen würde, wiederholte der Staatsanwalt noch einmal, verlange er eine Strafe von einem Jahr und elf Monaten zu vier Jahren auf Bewährung. Somit beendete die Staatsanwaltschaft im Namen des Volkes ihr Plädoyer.

Als nächstes war die Verteidigung an der Reihe. Da sich die beiden Anwälten das Plädoyer aufteilten, baten sie zunächst um Verzeihung, dass sich einige evtl. Wiederholungen in den jeweiligen Plädoyers nicht vermeiden ließen.

Dieses Verfahren sei doch nur aufgrund des BfV ins Rollen gekommen, diese Behörde habe eine tragende und orchestrierende Rolle gespielt, aber im Verlauf des Verfahrens nichts beigetragen. Es hätte sich nur um Spekulationen und Schlussfolgerungen gehandelt und als das BKA die Ermittlung übernahm konnten keine Beweise ermittelt werden. Die Beweisaufnahme habe nur die Aktenlage bestätigt. Eine sportliche Anklage, die ja auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft zusammengedampft sei. Das BfV habe versucht die orchestrierende Rolle beizubehalten durch falsche Tatsachenbehauptungen, was Linksradikale alles getan haben sollen, was für eine Gefahr diese wären, ohne Beweise dafür geliefert zu haben. Die Prozessbeobachtung wurde aufgebauscht, aus der oberflächlichen Beschreibung der verkleideten Mitarbeiter wurde eine abstrakte Gefahrenlage konstruiert. Auch der Zirkus aufgrund der Gefahr, der sie angeblich ausgesetzt waren und sich wegen einer möglichen Wiedererkennung verkleiden mussten, sei der Versuch Stimmung gegen die Öffentlichkeit und ihren Mandanten zu machen. Die genaue Funktion der Zeugen des BfV konnte auch der Vorsitzende Richter nicht sagen, und auch der Versuch ausschließlich dem Gericht einen Bericht vorzulegen, verdeutliche das Verhalten dieser Behörde in diesem Prozess. Die Zeugen haben auch unisono behauptet, an Observationen teilgenommen zu haben, bei denen sie sich an nichts erinnern konnten, sie sollen aber daran dennoch teilgenommen haben. Auffallend war auch ihr nervöses Auftreten, denn die Verteidigung habe über die Jahre mehrmals Angehörige des BfV, des BKA und der LKAs verhört, die Undercover-Observationen gemacht haben und da traf man Personen an, die resolut und sich ihrer selbst sicher waren. Denn aufgrund ihres Berufes müssen sie auch schnell wichtige Entscheidungen treffen können, um eben nicht aufzufallen und damit deren Observation nicht gefährdet ist. Dies alles alles aber bei den Zeugen des BfV nicht der Fall gewesen. Ob es sich bei den Zeugen nicht um Innendienstmitarbeiter gehandelt habe würde man niemals erfahren, aber es deute darauf hin. Als aber der BfV Tacheles reden sollte, als es darum ging unter Whrheitspflicht etwas zu sagen, ließ dieser die Staatsanwaltschaft im Regen stehen, aus dieser Behörde kam nichts mehr. Der Zeuge, der sich als Experte des Leninismus präsentierte – wir wiesen darauf hin, dass sein Wissen nicht für einen Lehrstuhl beim Institut für Marxismus-Leninismus gereicht hätte – , habe selber zu konkreten Fragen nur gerätselt, spekuliert und Zirkelschlüsse vorgetragen. Ein Beispiel: Die Verdächtigen kannten sich ja, weil sie sich des öfteren trafen und zueinander im Kontakt standen. Wie dies in Bezug zu einem konspirativen Verhalten stand, oder stehen könnte, konnte der Zeuge selbst nicht beantworten.

Zu den Anklagepunkte II; III, sprich zu der Versendung Selbstbezichtigungsschreiben zu den Patronenverschickungen aus der Eisdiele „Eis36“: Zu der besagten Zeit war die Eisdiele geschlossen. Es gibt ein Bericht, welcher feststellt, dass sich Cem im „Eis36“ aufgehalten haben soll, der Leiter der damaligen Observation äußerte sich dazu und sprach über einen Lokal, was sich in einem ersten Stock am Kottbusser Tor hinter einer Balustrade befinde, die Eisdiele „Eis36“ befand sich aber im Erdgeschoss. Weiter zu den Anklagepunkte II; III: Das angebliche konspirative Verhalten, die Rolle, die Cem als Helfershelfer eingenommen haben soll, ergibt keinen Sinn, weil eben solche Helfershelfer nach einer Tat eingeweiht werden. Sollten solche Helfershelfer davor in Kenntnis gesetzt werden, könnten sie ja die Tat, die noch nicht stattgefunden hat, gefährden. Daher sei dies eine Behauptung und eine Spekulation, auch dass Cem nach der Tat über diese ermittelt, geforscht haben soll. Außerdem wohnte er zu dem besagten Zeitpunkt nicht alleine und es lässt sich nicht feststellen, ob er derjenige war der via Internet danach gesucht hat.

Zu der Urheberschaft der Aktionen selbst sprühte die RAZ ihren Name vor Ort und bekannte sich damit sofort für die Aktion. Die psychologische Beihilfe an der Cem durch weiteres Versenden von Bekennerschreiben teilgenommen haben soll, ist daher nicht gegeben, da dies keine weitere Bestärkung in der Tat darstelle. Es gab im Jahr 2010 einen ähnlichen Fall als Verena Becker, ehemaliges Mitglied der Roten Armee Fraktion, aufgrund des Mordes an Buback, oder der Feststellung wer nun Buback erschoss, in Beugehaft eingesperrt wurde, später wurde sie wieder rausgelassen, weil eine Fluchtgefahr nicht mehr befürchtet wurde, weil Speichelspuren von ihr an einem Brief gefunden wurden. Die psychische Beihilfe soll darin gelegen haben, dass sie bei einigen Treffen der RAF vor der Aktion der Aktion zugestimmt haben soll. Der Speichel am Brief beweist, so entschied sich das Gericht 2010, nur eine spätere Mitwisserschaft, weil andersrum habe ihr Mitwissen diese Aktion in Gefahr bringen können. Um die psychologische Beihilfe zu begründen, wurde nur auf das Bestärken der Aktion auf den vorangegangen Treffen rekurriert. Als letztes forderte der erste Anwalt der Verteidigung, dass Cem in allen Anklagepunkten freigesprochen werden muss.

Der zweite Anwalt der Verteidigung begann, dass die dubiose Rolle des BfV in diesem Prozess erwähnt worden sei, ebenso dass die angebliche Versendung der Kommuniqués keine psychologische Beihilfe sei. Im Anklagepunkt Nummer I gäbe es keine ausreichende Beweislage, daher gehe es nur noch um die zwei weiteren Fällen, sprich um Teilnahme durch das Versenden von Bekennerbriefen. Dieses Verfahren wurde nach vielen Jahren, mit Bergen an Akten und Berichten der Ermittlungen über alles mögliche am Ende aufgerollt. Als Löwe gestartet und als Bettvorleger geendet. Im September 2018, siebeneinhalb Jahre nach Begehung der Straftaten, konnte die Staatsanwaltschaft endlich eine umfangreiche Anklage erheben, nicht mehr wie am Anfang, da die vermeintliche Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, §129, schon ausfiel, weitere drei Jahre später fing das Verfahren am Ende doch noch an. Die Anklageschrift von 2018 verwende eine verräterische Sprache, alles war voller Mutmaßungen und Schlussfolgerung, in keinen Moment konnte aber die Beziehung zwischen der RAZ und der RL festgelegt und festgestellt werden, nur ihre Nähe zu der Publikation radikal. Es handelt sich hier also um eine Konstruktion die auf Mutmaßungen und nicht auf Feststellungen basiert, der Versuch zu verkleistern, dass diese Konstruktion von Unwissenheit geprägt ist. Der Zeuge Damm des BKA, der schon damals gegen die Militante Gruppe ermittelte, also quasi ein Experte auf diesem Gebiet, tappte am Ende immer im Dunkeln, wenn es um das interne Leben dieser Gruppe, also der RAZ und der RL, ging. Es konnte nicht festgestellt werden, genauso wenig ausgeschlossen werden, wer was wann und wie machte, ob es Außenstehende gab, oder ob diese selbst für das Verschicken der Patronen, usw., verantwortlich waren. Der Versuch die RAZ und die RL gleichzustellen und das Cem eine führende Rolle innerhalb dieser spielte, all dies konnte nicht bewiesen werden. Der zweite Verteidiger müsse in einem Punkt seinem Kollegen widersprechen, nämlich bezüglich des angeblichen Wissens über den Leninismus, den der Zeuge des BfV vorgegeben hatte zu haben. Es handele sich hier bloß um die Karikatur eines Kleinbürgers, wie sich dieser den Leninismus vorstelle. Ob nun der Leninismus eine kleinbürgerliche Ideologie ist, werden wir in diesem Verfahren nicht mehr erfahren. Unseres Erachtens ist dem so, hat aber mit der Sache am nichts Hut.

Zu den Anklagepunkten II; III, eine unmittelbare Beteiligung von Cem konnte zu keinen Moment nachgewiesen werden, genauso wenig wie wer daran beteiligt gewesen sein konnte. Aufgrund der Aufnahme eines Überwachungsvideos, wo man sieht wie Cem seine Wohnung betritt und erst am darauffolgenden Tag verlässt, sei deutlich, dass er an den Taten gar nicht teilgenommen haben konnte, da er Zuhause war. Zu der Versendung der Kommuniqués, bzw., der zerrissenen Fetzen-Papierstücke die Cem in Alt-Glienicke an der S-Bahn Haltestelle weggeworfen haben soll: Der Zeuge konnte sich an die Observation erinnern, aber nicht an das Zerreißen der Papiere selbst, bzw., er hatte damals gesagt, dass er dies selbst nicht gesehen hatte. Er hatte außerdem keine Erinnerungen an die Papiere,weder wie viele es waren noch welche, obwohl er den Observationsbericht nochmals gelesen hatte. Der Zeuge wollte auch nach zehn Jahren Cem wiedererkannt haben, was kaum vorstellbar sei, weil der Zeuge doch über die Jahre an vielen Observationen teilgenommen haben wird. Was die Sicherstellung der Papierfetzen angeht, was wurde dort gefunden, ein Papier, auf welchem der Name eines Mitarbeiters des Jobcenters war, der Cem zum damaligen Punkt betreute, dann waren noch die Adressen der Zeitungen und ein mögliches Kommuniqué.

Beim Zettel mit den Adressen war eine Bemerkung zu lesen, wo drauf stand „Mails verschicken“, da aber nicht festzustellen sei, wie viele Zettel weggeworfen sein sollen, können diese auch von einer anderen Person weggeworfen sein. Dass es sich dabei um eine Handlungsanweisung handele, sei ebenfalls nur eine Hypothese. Die Staatsanwaltschaft berufe sich auf das Gutachten der Handschrift, ob die handschriftliche Stücke alle vom selben Urheber seien. In diesem Falle handelte es sich um eine Kopie und wie die geladene Gutachterin schon darauf hinwies, nämlich dass aus Kopien die Urheberschaft schwierig nachzuvollziehen sei, dieses Beweisstück nur eine geringe Rolle spielen könne. Hinzu komme, dass der Ersteller eines Dokumentes in der Regel das Original bei sich trägt und nicht eine Kopie.

In diesem Moment machte die Richterschaft eine Schöffin auf ihren körperlichen Zustand aufmerksam, ob es ihr gut gehen würde. Da diese äußerte gerade Kopfschmerzen zu haben, wurde eine Pause von fünf Minuten einberufen.

Weiter ging es, dass eben keine Feststellungen oder Kenntnisse vorhanden wären, ob Cem nun die Bekennerbriefe versendet hatte oder nicht, genauso wenig ob er überhaupt auch selbst daran geschrieben hatte. Das Gutachten der Sachverständigen in Fragen Schrift halte selbst auch keiner wissenschaftlichen Überprüfung stand, denn die Untersuchung wich von den Standard-Richtlinien, die für solche Fälle angewendet werden, ab. Nur ein Mikroskop, so die Gesellschaft für Forensische Schriftuntersuchung, reiche für eine Untersuchung nicht aus, es gebe weitere Verfahrensweisen, die aber damals in der Untersuchung des BKAs nicht berücksichtigt, bzw. ausgelassen wurden. Auch waren die Feststellungen und die Darlegung des Beweismaterials der Sachverständigen für die Verteidigung nicht nachvollziehbar, wie als es um die Buchstaben und die Form dieser ging. Die Berufserfahrung und die subjektiven Eindrücke der Zeugin reichten wohl aus, um die Urheberähnlichkeit auf die zweithöchste Stufe zu stellen, aber wie dies zustande kam, woher die erkennbaren Übereinstimmungen kamen, alles blieb unklar. Sollte das Gericht bei dieser Frage einer anderen Meinung sein, sollte dieses der Meinung sein, dass Cem alles weggeworfen habe, dann sei es dennoch nicht feststellbar, ob er die Kommuniqués tatsächlich verschickte, oder ob er diese nur wegwarf.

Zu den angeblichen Recherchen im Internet nach Informationen und Nachrichten über die Aktionen, sei die Zielgerichtetheit der Recherche nicht bewiesen worden. Der Themenbereich der Recherche kann auch in Zusammenhang mit der Tätigkeit für das GI gestanden haben.

Nochmals zurück zu der Eisdiele „Eis36“ und das Versenden der Mails in Bezug auf die Patronen: Der Zeuge, damals Einsatzleiter der Observation, machte selbst keine Wahrnehmungen, sondern schrieb sich das auf, was seine Kollegen observierten und berichteten. In diesem Fall vom KK Pietsch, der mittlerweile verstorben ist, wir berichteten schon darüber. Zusätzlich gibt es Lücken im Bericht, wodurch klar ist, dass die Bullen Cem nicht die ganze Zeit ununterbrochen sehen konnten, innerhalb einer Stunde konnte Cem nur dreimal gesehen werden. Wie viele Menschen sich nun im Lokal befanden, das wusste der Zeuge nicht mehr. Dass Cem dort Kontakt zu anderen Gästen hatte, sei nicht auszuschließen. Hinzu die Beschreibung der Örtlichkeit, denn das, was der Beamte beschrieben hatte, stimmte eher mit dem Cafe Kotti überein. Genauso wenig ist belegt worden, ob Cem sich in das WLAN von „Eis36“ eingeloggt hatte, noch ob er irgendetwas verschickt hatte. Dass eine weitere Person, aus der naheliegenden Umgebung eine Mail über das WLAN verschickt haben könnte, kann nicht ausgeschlossen werden.

Der Verteidiger wiederholte, dass die Beschreibung des Zeugen nicht der tatsächlichen damaligen Lage des „Eis36“ entspreche. Sollte das Gericht, dies anders sehen, werde die Verteidigung veranlassen, dass das Bezirksamt aufgefordert wird Auskunft über die damalige Lage des „Eis36“ zu geben. Dies werde dem Gericht mitteilen, dass sich das „Eis36“ im Erdgeschoss befunden habe, darüber hinter einer Balustrade das Café Kotti und das Wettbüro Hattrick. Es wurde von den Bullen also nicht das „Eis36“, sondern das Café Kotti beobachtet.

Des Weiteren habe das „Eis36“ als Eisdiele nur in der warmen Zeit geöffnet gehabt. Eine Anfrage beim Finanzamt werde ergeben, dass das „Eis36“ zum fraglichen Zeitpunkt, 18.03. , geschlossen war und erst am 09.04. seine Türen wieder öffnete, daher seien die Aussagen des Zeugen nicht zutreffend. Falls das Gericht glaube, dass es hier nur die Namen verwechselt worden seien, dann beantrage die Verteidigung, das der Betreiber des Café Kottis geladen werde. Dieser werde dem Gericht mitteilen können, dass er das Café Kotti seit 2009 betreibt und dass das WLAN des „Eis36“ von dort nicht erreichbar war.

Cem kann weder die Beteiligung am Erstellen noch am Versenden der Kommuniqués nachgewiesen werden. Daher verlangt die Verteidigung einen Freispruch in allen Anklagepunkten.

So endete der 21. Verhandlungstag.

Der letzte Prozesstermin ist am 01. Dezember um 09:00 Uhr am Landgericht Berlin, Turmstraße 91, Eingang Wilsnacker Str

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