quelle: freedom for thomas
Anfang Juli 2022 hatte ich bei der JVA Freiburg weiterführende Vollzugslockerungen beantragt. Dies lehnte die Haftanstalt gegen Ende des Monats ab, weshalb ich nun die Sache zur Überprüfung an das Landgericht Freiburg weiter geleitet habe.
Vorgeschichte
Nachdem ich seit nunmehr rund 26 Jahren in Haft sitze und seit 2014 vier Mal pro Jahr von Bediensteten bewachte Ausführungen erhalte, wären weitere Vollzugserleichterungen, wie zum Beispiel eine Unterbringung im Offenen Vollzug, alleinige Ausgänge oder Hafturlaub eigentlich ganz sinnvoll, auch um für die 2023 anstehende Überprüfung der Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung eine breitere Grundlage zu schaffen. Um also gewissermaßen zu dokumentieren, dass ich gerade keine weiteren Straftaten mehr begehen werde. Mehrfach hatte ich in den letzten Jahren entsprechende Anträge an die Anstalt gerichtet. Jedes Mal erfolgte deren Ablehnung.
Antrag vom 01.07.2022 und Ablehnung vom 21.07.2022
Am 01.07.2022 beantragte ich die oben erwähnten Lockerungen, zumindest aber seien mir nun wesentlich öfters, am besten wöchentlich, bewachte Ausführungen zu gewähren. Denn um auf eine etwaige Haftentlassung besser vorbereitet zu sein, wären solche Lockerungen essentiell. Zumindest müssten mehr Ausführungen erfolgen, um so etwaigen Schäden durch die Langzeithaft vorzubeugen.
Als eine seiner letzten Amtshandlungen übergab mir am 28.07.2022 der scheidende Sozialarbeiter S. die schriftliche Ablehnungsentscheidung der Anstalt. Vollzugslockerungen die über die vier bewachten Ausführungen hinaus gingen, könnten mir wegen Flucht- und Missbrauchsgefahr nicht gewährt werden.
Fluchtgefahr bestehe, da eine Freilassung nicht absehbar sei, auch im Hinblick auf die 10-Jahresprüfung gelte nichts anderes. Vielmehr sei die unsichere Zukunft als ein natürlicher Fluchtanreiz zu sehen. Soziale Bindungen die einem etwaigen Fluchtanreiz hemmend entgegen stehen könnten seien nicht bekannt. Zwar sei bekannt, dass ich soziale Kontakte pflegen würde, aber die Anstalt habe keinen näheren Einblick, könne diese also nicht bewerten im Hinblick auf deren „Integrationsfähigkeit“. Ferner hätte ich mich bislang einer Tataufarbeitung verweigert.
Schließlich hätte ich in einem Beitrag auf meiner Internetseite am 01.01.2014 über die „Voraussetzungen einer erfolgreichen Flucht“ berichtet und mit der Bemerkung geschlossen „Freiheit wird einem nicht gegeben, Freiheit muss man sich nehmen“. Dies belege weiter die Fluchtgefahr meinerseits.
Und eine Missbrauchsgefahr bestehe deshalb, also die Gefahr neuer Taten, weil ich mich zum einen einer Tataufarbeitung widersetzen würde und zudem meine innerste Gedankenwelt hermetisch abriegeln würde, weshalb ich letztlich undurchschaubar und undurchsichtig sei.
Eine Erhöhung der Zahl der Ausführungen komme nicht in Betracht, da ich mir schließlich meine Lebenstüchtigkeit bislang gut hätte bewahren können. Ich würde bei den jährlich vier Ausführungen selbstsicher vorgehen und könne zudem meine Angelegenheiten selbstständig regeln.
Begründung der gerichtlichen Klageschrift
Mit Schriftsatz vom 29.07.2022 habe ich nun bei der 13. Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Freiburg Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt.
Ich stellte im wesentlichen darauf ab, dass weder eine Flucht- noch Missbrauchsgefahr vorliegen würde und die entsprechende Argumentation der Anstalt widersprüchlich sei, zudem seien wesentliche Tatsachen nicht berücksichtigt worden.
Soweit die Anstalt auf einen Blockeintrag von mir Bezug nehme (ich hatte 2014 über eine aus der Haft frei gelassene Sicherungsverwahrte berichtet) könne dies zudem nicht geeignet sein, 2022 für meine eigene Person eine Fluchtgefahr zu begründen.
Die Anstalt hätte zudem ihre eigene Telefon- und Besuchskartei auswerten können und müssen, und hätte so in Erfahrung gebracht, dass ich über ein soziales Umfeld verfüge, mit dem ich seit vielen Jahren, teilweise 10,15,20 Jahre hinweg, verbunden sei.
Ich hielt der JVA zudem vor, sie nehme letztlich eine etwaige gerichtliche Entscheidung 2023 über die Fortdauer unrechtmäßig vorweg: Vollzugslockerungen bei welchen sich Insass*innen bewährt haben, ermutigen Gerichte eine Freilassung auszusprechen. Unterbleiben solche Lockerungen zögern Gerichte in dieser Frage eher, so dass am Schluss sich Gerichte und Haftanstalten den Ball zuwerfen. Die Anstalten sagen, sie gewähren keine Lockerungen, weil eine Entlassung nicht absehbar sei, und Gerichte verweigern die Entlassungen, da keine vorherige Erprobung unter gelockerten Bedingungen erfolgt ist.
Unberücksichtigt hatten die Entscheider*innen in meinem Fall zudem, dass ich seit 2014 um die 30 bewachte Ausführungen hatte und ich stets als – wie das so schön heißt – „absprachefähig“ beschrieben wurde. Und statt am Ende 10 Minuten zu spät in die Anstalt zurück zu kehren (was dann als Beleg für das Fehlen von Absprache- und Planungsfähigkeit gälte) komme ich lieber 30 Minuten „zu früh“ zurück.
Was die höhere Zahl an Ausführungen angeht, so konnte ich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 1165/19, 18.09.2019) verweisen. Dort hatte das Gericht betont, Ausführungen hätten das Ziel das Eintreten von schädlichen Folgen langer Haft tunlichst zu vermeiden oder diesen vorzubeugen, so dass das aus Sicht der Anstalt Fehlen von Schädigungen in meinem konkreten Fall schlicht der falsche Ansatz sein dürfte. 26 Jahre Haft sollten genügen um mehr als die wenigen vier Ausführungen pro Jahr gewährt zu erhalten!
Weitere Aussichten
Wann die Kammer des LG Freiburg über meinen Antrag entscheiden wird, das ist offen. In den nächsten Wochen und Monaten werden erstmal Schriftsätze gewechselt werden. Zudem habe ich beantragt mir einen Rechtsanwalt beizuordnen, der mich auch in dem Verfahren über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung 2023 vertritt; geht es bei Vollzugslockerungen doch um einen essentiellen Aspekt der Vollzugsgestaltung.
Thomas Meyer-Falk
z.Zt. JVA (SV)
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