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Etwa zwei Jahre lang stand das Kardinal-König-Integrationshaus in der historischen Simmeringer Siedlung "Macondo" leer. Spekulationen darüber, dass im "Gelben Haus" in Kaiserebersdorf eine Polizeistation oder ein Abschiebegefängnis eingerichtet werden sollten, umrankten das Gebäude diese gesamte Zeit über. Gewissheit über die neue Nutzung gibt es erst seit wenigen Monaten. 
  

"Gelindes Mittel"?: Neue Strategie zur Erhaltung des rassistischen Konsenses

Als nach der Verhaftung der Geschwister Komani und ihres Vaters auch bürgerliche Organisationen und Medien außergewöhnlich lauten Protest äußerten, fand sich das Innenministerium vor selten großem Handlungsdruckdruck. "Kinder gehören nicht ins Gefängnis" war einer der Kritikpunkte, auf die das Innenministerium eine rasche Antwort zu finden suchte. Schließlich galt es fürs Ministerium darauf zu achten, keine Gefahren für die konsensuale Zustimmung zur seit Jahren vollzogenen Abschiebe- und Ausweisungspraxis aufkommen zu lassen. So wurde in einer Stellungnahme vom18. Oktober 2010 die unverzügliche Umsetzung einer neuen Strategie verlautbart, dass für künftige Familienabschiebungen Beschwerdestellen eingerichtet, SozialarbeiterInnen und zivile Institutionen eingebunden und eigene "Personal-Pools" geschaffen werden sollten. In eben dieser Stellungnahme des Innenministeriums wurde weiters angekündigt: "Auch die kurzfristige Unterbringung in den derzeitigen Polizeianhaltezentren wird vermieden. Eine spezielle Infrastruktur zur familiengerechten, gemeinsamen Unterbringung wird geschaffen (z.B. "betreute Wohnung"), die notwendigen Raumressourcen werden vom Innenministerium bereit gestellt". Den Plan für ein solches Vorhaben gibt es schon seit längerem, die schnelle Umsetzung kann allerdings als eine weitere Antwort(*) auf diese Kritik gesehen werden, der sich das BMI gegenübersah. Dass dabei die Wahl auf das "Gelbe Haus" in der Zinnergasse 29A gefallen ist, ist weder überraschend, noch zufällig.

Macondo im CCTV: "Am Gelben Haus gibt's jetzt 12 Kameras!"

Bis Ende September 2009 war das Gebäude vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) als Unterkunft und Bildungshaus für anerkannte Flüchtlinge genutzt worden. Danach stand es leer und es gab Unklarheit darüber, wie es weiter genutzt werden würde. Das vierstöckige Gebäude ist Teil einer historischen Flüchtlingssiedlung auf dem Areal der ehemaligen Kaiserebersdorfer Kaserne. Seit 1956 haben hier Menschen aus Ungarn und der Tschechoslowakei, aus Chile und Vietnam, aus den Ländern Ex-Jugoslawiens und gegenwärtig hauptsächlich aus Ländern wie Tschetschenien, Afghanistan oder Somalia einen Wohnort gefunden. Manche von ihnen leben schon lange hier und haben sich auf dem Areal einen permamente Wohnort geschaffen. Andere haben vor nicht allzu langer Zeit einen positiven Asylbescheid erhalten und befinden sich auf der Suche nach geeigneteren Wohnungen in anderen Teilen der Stadt. Neben alten Gebäuden der Kaserne und Kleingartenhäusern wurden 1998 vier neue Gebäude zur Unterbringung anerkannter Asylsuchender errichtet, eines davon ist das sogenannte "Gelbe Haus". Im gesamten Gebiet wohnen etwa 3000 Menschen. Manche Familien leben auf sehr engem Raum, in kleinen und für ihre Möglichkeiten überteuerten Wohnungen. Bei einem Besuch der Siedlung verhärtet sich der Eindruck, dass das Wohl der Bewohner_innen den staatlichen Institutionen kein sehr großes Anliegen ist. Für grundlegende Dienstleistungen wie die Müllabfuhr will beispielsweise kein Amt und keine Behörde zuständig sein. Auch für die desolate örtliche Sportanlage. Mit der Schließung des "Gelben Hauses" vor 2 Jahren sind wichtige Bildungsangebote wie Deutschkurse gestrichen worden. "Am Gelben Haus gib's jetzt mindestens 12 Kameras", berichteten Bewohner_innen der Siedlung bereits vor Monaten empört. Diese Überwachungskameras sind vom Dach des Gebäudes auf den Sportplatz und die weiteren umliegenden Wiesen und Plätze gerichtet und sind bezeichnend für die nun verstärkte Präsenz des Gefängnisses und der Polizei. Auch wenn sich laut Weisung des Ministeriums keine Uniformen zeigen sollen. 

Die Rede ist von Familienunterkunft, gemeint ist Gefängnis

Vom Innenministerium wird das Gebäude euphemistisch als "Familienunterkunft Zinnergasse" bezeichnet, in dem "gelinde Mittel" der Anhaltung angewandt würden. Es werden gerne Bilder von Spielecken oder von Gemeinschaftsräumen gezeigt. Betont wird bevorzugt, dass es die Möglichkeit gibt, sich im jeweiligen Stockwerk zu bewegen oder auch außerhalb des Gebäudes in den Garten gehen zu können. Immer wieder wird auch wiederholt, dass die Polizei hier ohne Uniformen präsent ist. Der vergitterte Haftraum sei nur für dringende Fälle eingerichtet worden. Und dennoch steht Kontrolle im Zentrum des Interesses, wird Observanz groß geschrieben. Die neue Nutzung des "Gelben Hauses" stellt eine Verfeinerung der Technicken von Überwachung und Migrationskontrolle dar. Als Vorteile werden die Nähe zum Flughafen "zu Grenzen mit Ländern mit denen Rücknahmeübereinkommen bestehen" hervorgehoben. Im vergangenen Jahr sind Abschiebungen durch den österreichischen Staat um 10 Prozent im Vergleich zu 2009 angestiegen. 4581 Menschen mussten in diesem Zeitraum in Schubhaft. Auch wenn das BMI von "gelinden Mitteln" und kurzen Aufenthaltszeiten spricht, so stellt das Familienabschiebezentrum Zinnergasse doch eine neue Institution dieses rassistischen Grenzregimes dar, wodurch Haft auch für Kinder und ihre Eltern legitimiert wird und alltägliche Abschiebepraxen weiter ausgebaut werden. Dass dieser Knast in die Mitte dieser historischen Flüchtlingssiedlung errichtet wurde ist ein weiterer Teil der Graußamkeiten dieses Staates. In einem Papier des Ministeriums behauptet dieses, dass "keine spürbaren bzw. negativen Auswirkungen für die umliegenden Gebäude sowie für die dort wohnenden Bürgerinnen und Bürger erwartet (Spedition, HUMA)" werden. Dass sich in unittelbarer Nähe zu diesem Knast Wohnungen von Flüchtlingen befinden, daran sei im Innenministerium nicht gedacht worden, hieß es dazu auf eine Anfrage. Dass dies allerdings bewusst mit einkalkuliert wurde, würde keineswegs überraschen. 

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