Quelle: NYC ABC, übersetzt von ABC Wien
Mitteilung vom NYC Anarchist Black Cross (19. Februar 2018)
Das NYC Anarchist Black Cross hat als Kollektiv beschlossen, sich von der Unterstützung für Brandon Baxter von den Cleveland 4 zurückzuziehen. Wir haben mitbekommen, dass Brandon problematisch, beleidigend und manipulativ Frauen gegenüber war, die ihm materielle oder emotionale Unterstützung angeboten haben. Brandon war für Kritik an seinem Verhalten nicht empfänglich. Wir sind solidarisch mit denjenigen, die von Brandons schädlichem Verhalten betroffen sind, und halten es für notwendig, die Unterstützung einzustellen, um kein weiteres Leid für Frauen zu begünstigen. Aus diesem Grund fühlen wir uns nicht mehr in der Lage, ihn zu unterstützen oder andere dazu zu ermutigen.
Quelle: support eric king, übersetzt von ABC Wien
Eric King: Statement zu Brandon Baxter der Cleveland 4 (20. Februar 2018)
Eric King
„Normalerweise schreibe ich keinen männlichen politischen Gefangenen, da ich schlechte Erfahrungen gemacht habe… aber ich hörte, du bist safe“
Ich kann dir nicht sagen, wie viele Brief ich bekomme, die genauso anfangen. Es sind Geschichten von unerwünschter sexualisierter Konversation, von Anfragen nach Fotos und Versuchen, eine Beziehung zu beginnen. Es ist nicht schwer, Frauen nicht zu verletzen. Ich mache dies jeden Tag, beim Antworten auf Briefe. Eine Frage an die Männer in unserer Gemeinschaft … Warum sind wir so ekelhaft?
Ich erinnere mich an das erste Mal, als mich eine Gefährtin zur Rede stellte. Ich ging zur High-School und da habe ich mich beim Kommentieren eines Facebook Fotos wie ein Ekel verhalten. Ich dachte, ich wäre lustig oder süß und schrieb etwas, wovon ich niemals dachte, es könnte daneben sein.. Sie stellte mich nicht vor anderen zur Rede, sondern antwortet mit einer Nachricht „Eric, ich dachte wir sind Freunde, du gibst mir das Gefühl minderwertig zu sein.“ Dieser eine Satz begleitet mich bis heute, denn ich möchte nie wieder jemandem dieses Gefühl geben, egal ob wir Gefährt*innen, Freund*innen, Partner*innen oder was auch immer sind. Dieser eine Satz veränderte mein gesamtes Leben, da es die erste Möglichkeit war, Verantwortung zu übernehmen, mich zu reflektieren und eine Chance zum Wachsen zu sehen. Wir hatten damals keine Worte, um auszudrücken was wirklich passierte. Ich war ein patriarchalischer Widerling, das ist die Realität… sie wusste, dass sie sich durch mich minderwertig fühlte, und das war genug, das sollte I M M E R genug sein. Die Chance zu wachsen endete nicht mit der High-School, endete auch nicht als ich 20 oder 30 wurde.. es ist ein kontinuierliches Wachstum, ein kontinuierliches Re-Evaluieren von ok und nicht ok. Sogar heute noch, wenn meine Partnerin mich liebevoll zur Rede stellt, ich sei patriarchal, höre ich zu und nehme es ernst, damit ich niemals mehr jemandem das Gefühl gebe, minderwertig zu sein. Es geht hier nicht um Perfektion, es gibt kein Endprodukt, aber es gibt den Wunsch, es immer besser zu machen und weiter zu wachsen.
Was ich momentan von gewissen Leuten und Teilen der radikalen Gemeinschaft sehe, von der MÄNNLICHEN politischen Gefangenengemeinschaft, macht mich krank. Im Gefängnis wirst du zum Überleben vielleicht Dinge machen, die dir unangenehm sind oder die du widerlich findest, und das ist beschissen. Aber es gibt NIEMALS einen Grund, zu verletzten, zu manipulieren, zu lügen, zu schlagen, zu nötigen, zu betrügen, oder ganz allgemein widerlich zu Unterstützerinnen (oder eigentlich allen Unterstützer*innen) zu sein. Ein politischer Gefangener zu sein berechtigt dich nicht, ein frauenfeindliches, manipulatives Stück Scheiße zu sein. Unterstützung zu bekommen ist keine Lizenz, um aus den Gefühlen oder der Solidarität anderer Vorteile zu schlagen, sie für deine eigenen Zwecke zu benutzen. Das ist draußen auf der Straße nicht ok, und das ist hinter Gittern nicht ok. Wir müssen unseren Worten Taten folgen lassen, zumindest muss ich dies tun. Wir müssen die Leute, die sich so verhalten oder denken, es sei ok sich so zu verhalten, zur Rede stellen.
Brandon von den Cleveland 4 hat all diese beschriebenen Dinge und noch mehr getan, zugegeben und das mit voller Absicht. Als er die Chance hatte, das Richtige zu tun, Verantwortung zu übernehmen, hat er dies nicht nur verweigert, sondern die Schuld den Opfern gegeben (victim blaming). Er hat großes Leid bei verschiedenen Frauen in der Gemeinschaft, die ihn unterstützen haben, verursacht. Und da dies nun der Fall ist, will ich nichts mehr mit diesem Kerl zu tun haben. Ich möchte in keinerlei Verbindung mit ihm gebracht werden, und das beinhaltet auch Menschen, die ihn weiter dulden oder ihn in Schutz nehmen. Wenn du das Gefängnis in dem Ausmaß romantisiert hast, dass du glaubst, dieses Verhalten sei ok, nur, weil er unterdrückt wurde, dann bitte vernichte meine Adresse.
Wie wir uns gegenseitig behandeln, ist kein Spiel. Die Frauen in unserer Gemeinschaft müssen sich noch immer ständig mit einem um sich greifenden Patriarchat und Sexismus auseinandersetzen und wenn sie den Mund aufmachen, heißt es sie lügen und übertreiben. Ich wette, wir alle kennen eine totgeschwiegene Geschichte über einen Mann in unserer Gemeinschaft, der problematisches Verhalten gegenüber Frauen zeigt. Wird dieses Verhalten verschwiegen, bringt es weitere Frauen in Gefahr, dem ausgesetzt zu sein. Diese Zukunft will ich nicht; das ist nicht, wie ich mir unsere Revolution vorstelle. Ich stehe zusammen mit unseren Gefährtinnen, und ich kenne viele, viele mehr, die es genauso machen und wenn wir ein solches Verhalten erleben, müssen wir daran arbeiten und wenn dies nicht als Option gesehen wird, müssen wir dieses Verhalten zerschlagen. Wir müssen damit anfangen, diese Dinge laut auszusprechen und für UNS Männer ist es Zeit, uns gegenseitig verantwortlich zu machen und damit aufzuhören, sich auf die Frauen zu verlassen, die Emotionsarbeit auf sich zu nehmen.
Eric King
Eric King ist ein 30-jähriger veganer Anarchist, der im September 2014 inhaftiert wurde, da er einen Brandbombenanschlag auf ein Regierungsbüro in Kansas City verübt hat. Das Datum der Haftentlassung ist der 26. Juni 2023.
Brandon Baxter
Brandon Baxter war als Mitglied der „Cleveland 4“ angeklagt, am 30. April 2012 eine Brücke in Cleveland gesprengt zu haben. Er wurde zu 9 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt.
