Quelle: panopticon
Wie in der Ausgabe Nummer 4151 des Gefangenen Info veröffentlicht wurde, konnten wir leider nicht sehr viel über den letzten Fall berichten, der sich in die Repression gegen die anarchistische Bewegung im spanischen Staat, einreihte, nämliche die Operation Ice. In den letzten Wochen tauchten überraschenderweise neue Infos zu diesem Fall auf.
Am 17. Mai 2018 erreichten die Beschuldigten und deren Umkreis eine Nachricht von der Staatsanwaltschaft. Nach drei Jahren Ermittlungen von der Informationsbrigade der Policía Nacional und der Audiencia Nacional, die zu der Verhaftung von sechs Mitgliedern der Gruppe Straight Edge Madrid führte, ist von den schweren Vorwürfe nur noch ein einziger übrig geblieben: die Verbreitung und das Loben des Terrorismus.
Dies würde heißen, dass im Falle einer Verurteilung die Höchststrafe zwei Jahren wäre. Diese neue Nachricht, klärt zumindest viele Frage auf, die bis jetzt ungeklärt waren.
Im Rahmen der Operation wurden sechs Personen, zwischen 19 und 23 Jahren, zuhause verhaftet. Diese lebten nach der Ethik des Straight Edge. Die Cops beschlagnahmten sämtliche Daten-, und Kommunikationsträger. Vier Personen mussten nach dem Bezahlen der Kaution, die sich zwischen 3.000 und 10.000 Euro belief, nicht in U-Haft. Zwei wurden eingesperrt, von denen eine nach 20 Tage wieder raus gelassen wurde. Der letzte, der von den Cops als „Anführer“ dargestellt wurde, erreichte seine Freilassung erst nach 1.5 Jahren. Während dieser Zeit, war er nach den Haftbedingungen von FIES eingesperrt, für Mitglieder bewaffneter Gruppen, in einigen Momenten sogar in Isolationshaft und in fünf verschiedenen Knästen im spanischen Staat. Einer der Knäste, war Sevilla II, welcher über 500 Kilometer von seinem sozialen Umfeld und seiner juristischen Verteidigung entfernt liegt.
Die Cops versuchten bis jetzt, die Straight Edge Bewegung als eine kriminelle Organisation darzustellen, die mit terroristischen Mitteln für ihre Ziele handeln würde, sowie die Verbreitung des Terrorismus auf sozialen Medien und der Angriff mit Brandsätzen auf Bankfilialen.
Leider haben die Beschuldigten der Operation Ice nicht dasselbe Glück wie die Beschuldigten in den Fällen „Pandora“, und „Piñata“, welche eingestellt worden sind, ohne dass es zu einem Gerichtsverfahren kam, weil keiner der Anklagepunkte bewiesen werden konnte. In diesem Fall, wird die bis jetzt schon abgesessene Haft der Anklage angepasst und damit nachträglich die bis jetzt abgesessene U-Haft legitimiert.
Dieser Fall erinnert zu sehr an jene die der spanische Staat gegen verschiedene Twitterer*innen führt. Dies weil der Hauptteil der Anklage sich auf Nachrichten stützt die auf verschiedenen Konten, unter dem Namen Straight Edge Madrid, auf Facebook und Twitter veröffentlicht worden sind. Der absurdeste Fall, ohne Zweifel, wir zitieren aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft, „Goku2 lebt, der Kampf geht weiter3“, sowie Sprüche wie „Eure Geldautomaten werden brennen“, „Tod dem Kapital“ oder „Kapitalismus Mörder“. Wie dem auch sei, dies alles zeigt ein weiteres mal, mit welcher Dehnbarkeit das Konzept des Terrorismus im spanischen Staat hantiert wird. Es wäre unglaublich lustig wenn dies nicht so verdammt gefährlich wäre.
Weitere Punkte der Anklage beruhen auf die vermeintliche Verbreitung und Herstellung von Videos und Dokus die auf Youtube hochgeladen wurden. In denen, so die Staatsanwaltschaft, wird der gewaltsame Aufstand gegen den Staat und den Kapitalismus verteidigt. Ohne darauf einzugehen, weil es ein Teil des Verfahrens ist, ob dies stimmt oder nicht, oder falls es der Fall wäre, ob dies von der Meinungsfreiheit gedeckt wird, oder nicht, klar ist es dass es nicht der Fall ist. Ein Beweis dafür wäre eine neue europäische Direktive für den Kampf gegen Terrorismus aus dem Jahre 2017, welche zum ersten Mal für ganz Europa bestimmt, was die Verbrechen für das Verbreiten von Terrorismus wären; aber dies versteht nur den Akt einer Straftat des Verbreitens wenn „direkt oder indirekt zu einem Akt des Terror angestiftet wird“. Die bloßen politischen und intellektuellen Ausdrücke die die Gewalt theoretisieren, ohne sie auszuüben oder andere dafür anzuspornen, bleiben am Rande des Strafgesetzes, wenn diese europäische Norm restriktiv angewandt würde.
Letztendlich wird die „Operation Ice“ zu einem verwässerten Prozess führen. Welcher sehr wahrscheinlich, das bis jetzt passierte normalisieren wird und dem ganzen einen rechtlichen Stempel und Siegel geben wird.
Ad Absurdum stapeln sich im spanischen Staat mehrere solcher Fälle und gewiss wird es nicht das letzte mal sein, auch wenn es in diesem Falle dar erste Mal war, dass es Anarchist*innen getroffen hat. All dies werden wir noch früh genug sehen.
Soligruppe für Gefangene
1„Zusammenfassung und Aktualisierung zu verschiedenen Operationen in Spanien gegen die anarchistische Bewegung, zur Geschichte des Antiterrorgesetzes und der Isolationshaft dort“, Gefangenen Info Nr. 415
2Gemeint ist Son Goku von Dragonball, eine japanische Zeichentrickserie die dort weit bekannt ist.
3Auf Spanisch, Goku vive, la lucha sigue