Quelle: de.indymedia.org
Ein Aktivist aus Salzburg beteiligte sich an einer Protestaktion gegen die Leistungsschau des Bundesheers in der Salzburger Innenstadt im Oktober 2016. Während die anderen letztendlich ohne Strafe blieben, bekam er 15 Monate später eine gerichtliche Ladung und wenig später den Schuldspruch wegen des Vorwurfs auf Widerstand gegen die Staatsgewalt. Jetzt wurde sein Berufungsverfahren ersatzlos gestrichen, deswegen veröffentlichen wir hier sein Prozessstatement.
Vorgeschichte:
26. Oktober 2016: Nationalfeiertag in Österreich, Werbetag des Bundesheers in Salzburg. Dem wollten Aktivist_innen aus Salzburg etwas entgegensetzen: Während unter dem Mozartsteg das Bundesheer Bootfahren anbot, entrollten Aktivist_innen auf dem Mozartsteg gut sichtbar ein Transparent mit der Aufschrift „SOLDATEN SIND MÖRDER – NATIONALISMUS AUS DEN KÖPFEN“.
Ca. 40 herbeigeeilte Polizist_innen incl. hohem Rang in Ausgehuniform nahmen die Aktivist_innen teilweise mehrere Stunden fest und entfernten das Transparent von der Brücke. Bis auf einen bekamen alle Verwaltungsstrafen, die beeinsprucht und fallengelassen wurden.
Über 15 Monate später bekommt jener Aktivist, der bisher ohne Verwaltungsstrafe geblieben war, eine Ladung vor das Landesgericht als Beschuldigter. Ihm wird vorgeworfen, „Widerstand“ gegen die Polizisten geleistet zu haben, die ihn auf dem Mozartsteg festgenommen haben. Konkret soll das passiert sein, als er bereits von ihnen am Boden niedergedrückt wurde und ein Handgelenk in Handschellen hatte. Spannend an dieser Sache ist, dass er sich auf der Brücke gleich wie die anderen verhielt und trotzdem der Einzige bleibt, der auf den Boden geschmissen wurde.
Die Vermutung, dass die Anzeige der Versuch ist, antimilitaristisches Engagement nachhaltig einzudämmen, ist schwer von der Hand zu weisen. Der betroffene Aktivist wurde in erster Instanz zu einer Strafe von fünf Monaten Haft ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung verurteilt. Das obwohl ihn beide Polizisten, die als Zeugen zur Verhandlung geladen waren, mit ihren Aussagen entlastet hatten. Das für letzte Woche angesetzte Berufungsverfahren in Linz wurde kurzfristig ersatzlos und anfangs auch ohne Begründung abgesagt. Inzwischen wissen wir, dass der Richter anhand der Aktenlage entscheiden wird und somit dem Aktivisten die Möglichkeit nimmt noch einmal die politische Dimension der Anklage bloßzustellen. Deswegen veröffentlichen wir sein Prozessstatement:
Prozesserklärung zum Berufungsverfahren am 27.Juni 2018:
Am Nationalfeiertag 2016 fand in der Salzburger Innenstadt eine Leisstungsschau des österreichischen Bundesheeres statt. Nationalismus führt zu Auschluss, Vertreibung und Tod. Ausführende Kraft dafür sind oft Soldat_innen, die dafür speziell ausgebildet und entlohnt werden. Sie handeln nicht für die eigenen Interessen oder die Interessen ihrer Mitmenschen, sondern für das Interesse ihres Nationalstaats. Um diese Ziele umzusetzen sind alle Mittel recht und so wird auch der Mord an Menschen hingenommen. Weil wir es untragbar finden, diese Dinge zu feiern, setzten wir am 26. Oktober mit einem Transparent mit der Aufschrift „SOLDATEN SIND MÖRDER – NATIONALISMUS AUS DEN KÖPFEN“ am Mozartsteg ein Zeichen gegen dieses Spektakel. Das darauf folgende Polizeiaufgebot war völlig übertrieben und unverhältnismäßig – zig Polizist_innen, die eine handvoll Aktivist_innen einkesselten und abführten waren wohl eine Reaktion auf verletzte nationale Gefühle der Exekutive. Anders lässt sich das Theater kaum erklären, denn Kundgebungen sind ein in der, für sie doch eigentlich essentiellen, Verfassung geschütztes Recht. Alle Anzeigen gegen Aktivist_innen wurden deswegen wieder fallen gelassen. Der gesamte Polizeieinsatz war damit völlig unnötig. Jetzt wird wohl trotzdem eine Legitimation für den Einsatz gesucht. So wird mir für meine ungerechtfertigte Festnahme Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen.
Fragwürdig ist auch das ewige Herauszögern der Verhandlung. Auch wenn ich zu der Zeit keinen Wohnsitz vorweisen konnte, hatte ich eine sogenannte Nichtmelde-Adresse, die bekannt war, auch der Behörde. Immerhin habe ich andere Briefe von ihr sehr wohl erhalten. Einer dieser Briefe musste sogar höchstpersönlich von mir auf der Wachstube abgeholt werden. Fraglich ist wieso ich genau jetzt, wo ich eine feste Anstellung mit Aussicht auf eine Weiterbildung habe, vor Gericht gebracht werde. Liegt es an der Inkompetenz der behördlichen Organe oder wird wie üblich, mit finanziellem Druck versucht, nach unten zu treten?
Die Tatsache, dass ich, obwohl mein Einkommen unter dem Niveau der Mindestsicherung liegt, die gesamten Verfahrenskosten tragen soll, deutet wohl eher auf letzteres hin.
Trotz meiner Unbescholtenheit entschied sich die Richterin für das höchstmögliche Strafmaß. Ihr Urteil begründet sie weiterhin mit dem ursprünglichen Vorwurf der Staatsanwaltschaft, ich hätte unter anderem durch ungezielte Schläge mit der rechten Hand versucht eine Amtshandlung, die Festnahme nach dem Verwaltungsstrafgesetz, zu verhindern. Die Richterin ignoriert, dass dies von beiden Beamten vor Gericht dementiert wurde und die Tatsache, dass die Landespolizei Salzburg unsere Transparentaktion nicht als Verwaltunsübertretung eingestuft hat. Es somit gar nicht zu einem Polizeieinsatz hätte kommen dürfen.
Aus den Beispielen ist ersichtlich: Es handelt sich hier um einen rein politischen Prozess! Wie so oft wird versucht, linken Aktivismus zu kriminalisieren und Aktivist_innen einzuschüchtern! Doch egal wie die Verhandlung heute ausgeht, ich werde mehr denn je an meinen politischen Überzeugungen festhalten und mich weiterhin gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg stellen.
GETROFFEN HAT ES EINEN – GEMEINT SIND WIR ALLE!
Soligruppe Salzburg
Wer den Aktivisten bei den Kosten unterstützen möchte, die auf ihn zukommen, kann dafür Geld auf folgendes Konto überweisen:
Empfängerin: ARGE WDV
Betreff: Antimilitarismus
IBAN: AT58 2040 4000 4148 1839
BIG: SBGSAT2SXXX