Quelle: barrikade info
Die Frage der Gefängnisse scheint in der aktuellen öffentlichen Debatte an der Tagesordnung zu sein. Zuerst hat das Kollektiv «Prenons la Ville» und seine Freund*innen am Samstag 25. August das «Porteus» besetzt. Zwischen Tags und Transparenten liest man auf dem Gebäude «wir bauen an einer Welt ohne Gefängnissen» oder «crève la taule» (Knäste Plattmachen). Macht hier nicht den Fehler zu denken, das seien die Phrasen einiger junger «Träumer*innen» – im Gegenteil!
Die Gefängnisse sind nach dem Vorbild unserer Gesellschaft errichtet. Sie sind die Werkzeuge eines bourgeoisen, rassistischen Staates. Dieser Staat versucht jene Menschen, welche die erstickenden und gewaltvollen Schemas ablehnen und denen die Gesellschaft keinen Platz bietet, einzusperren, zu isolieren und so zu brechen. Sie wollen die Stadt ihr Eigen machen: Eine Stadt der Polizisten, der Aufseherinnen, der Banquières, der Staatsanwälte, der Richterinnen und Politiker*innen. Mit allen in ihrer Macht stehenden Mittel versuchen sie alle, die sich gegen ihre Welt und ihre Wertvorstellungen auflehnen auf die eine oder andere Weise einzusperren. Jene, die «Dieb*innen» genannt werden verstehen wir als jene, die den Reichtum wiederverteilen, welchen die Elite auf illegitime Weise angeäuft haben. Sie nennen sie die «Illegalen». Aber die Grenzen sind wie die Gefängnisse; sie existieren um «die Anderen» zu kreieren und es ist genau diese durch die Elite und ihren bewaffneten Arm geschaffene Distanz, welche ihnen die Überzeugung gibt, überlegen zu sein.
Auch wenn die Genfer Gefängnispolitik in Wahreit darauf abzielt, «Kleinkriminelle» anzugreifen, sagen Sie, dass es im Gefängnis auch Mörder und Vergewaltiger gibt. Sie haben Recht. Aber das Gefängnis – es ist Traurig, das heute noch sagen zu müssen – löst nichts. Gefängnisse prekarisieren die Eingeschlossenen, sie machen nichts wieder gut für die Opfer und ihre Nächsten. Es ist einfache Rache, auf eine tiefe und unredliche Weise.
Kurzum, ihr wisst, diese «Andern», sie sind unsere Brüder, Schwestern, Kinder, Eltern, unsere Nächsten, unsere Liebsten; es sind Menschen, die in den Herzen vieler einen Platz haben und glaubt mir, das Rad wird sich umdrehen.
Maudet wollte aus «Porteus» das x-te Gefängnis machen. Anstelle davon wurde der Ort besetzt von Personen, die dort Diskurse und Praktiken entwickeln, die einen krassen, radikalen Gegensatz zum ursprünglichen Projekt darstellen. Erwartet nicht zu viel von Maudet, viel mehr als Gefängnisse weiss er nicht aufzubauen. Aber wer weiss, dieses Mal könnte er gezwungen sein aufzugeben.
Tatsächlich hat die Staatsanwaltschaft am 30. August den Grossen Rat mit der Angelegenheit befasst, die Immunität von Maudet aufzuheben um ihn wegen «Annahme einer Leistung» zu verurteilen. Er hat in seiner Geschichte über die Reise nach Abu Dhabi gelogen. Zugegebenermassen ist die Vorstellung, dass Maudet verurteilt wird und vor allem zum Rücktritt gezwungen sein könnte, eine kleine Aufmunterung. Los Maudet, zögere nicht, verpiss dich! Viele Jahre hat er als Kopf einer gewalttätigen und rassistischen Polizei die Leben unzähliger Menschen zersört, als Vorreiter im Gefängnisausbau, als Chef des Service «OCPM», der unbestraft ausschafft, als Initiator des Projekts des Bundeslagers in Grand-Saconnex und so weiter…
Aber dieser Potentielle Rücktritt ist nicht die einzige gute Nachricht der letzten Woche. Währenddem Maudet angeschlagen ist durch seinen Skandal, ist das Projekt des neuen Gefängnis in Dardelles – auch eines seiner Babies – vergangenen Donnerstag vor dem Grossen Rat ins Wasser gefallen. Um ein Projekt in dieser Grössenordnung zu rechtfertigen haben Maudet und seine Kollegen behauptet, nur dieser Bau könne das «endemisch überbelegte Champ-Dollon» entlasten. Doch Maudet hat nicht nur über seine Reise nach AbuDhabi gelogen. Sie werden uns nicht dazu bringen zu glauben, dass er, der Monsieur-alles-sicher, besorgt über die Überbelegung sei, deren Hauptverantwortlicher er selber ist. Wir wissen nur zu gut, dass auch ein neuer Knast in einer Stadt die von «unseren Führern» regiert wird, in Kürze überbelegt wäre. Das Einsperren ist eine politische Entscheidung. Die aktuelle Überbelegung der Gefängnisse ist Resultat der aktuellen Sicherheitspolitik. Auch diese hat ihre Verantwortlichen.
Ich denke an dich:
P.S.
übersetzt von renverse.co