[Italien] „Operation Panico“: erster Prozesstag (09. Oktober 2018)

Quelle: act for freedom, übersetzt von ABC Wien

Am gestrigen Dienstag, den 09. Oktober, fand die erste Verhandlung (Vertagung vom 12. Juli) des „Operation Panico“ Prozesses statt. Im Gerichtssaal waren viele Gefährt*innen anwesend, um die drei angeklagten, inhaftierten Gefährten herzlich zu begrüßen – sehr zur Verärgerung der*des Vorsitzenden der Jury. Die drei Angeklagten grüßten lächelnd und winkend zurück, während die berüchtigten Wärter*innen sie zu ihrem Platz in der ersten Reihe zerrten. Sie wurden nicht in Käfige gesteckt, sondern saßen neben ihren Anwält*innen, durch eine massive Wand von Wachen von den anderen Mitangeklagten getrennt. Jedoch konnte dies nicht verhindern, dass wir mit ihnen Blicke, Küsse und Zeichen der Zuneigung austauschten.

Die Anhörung fand nach dem alten, immer gleichen Muster statt: es gab wieder einmal Diskussionen über die Zulässigkeit der Nebenklage/Zivilklage, die Richter zogen sich daraufhin zur Beratung zurück, um dann (wie bereits in der Vorverhandlung) zu verkünden, dass die Nebenklage/Zivilklage zulässig sei. Anschließend gab es eine kurze Debatte über die zeitliche Reihenfolge für die Bewertung der Abhöraktionen hinsichtlich der Zeugenaussagen (bevor, danach oder während), und der Beweismittelanträge durch die Strafverfolgung und der Verteidigung.

Die Verhandlung endete mit dem Zeitplan der nächsten vier Verhandlungstage:

18. Oktober 2018: Vorstellung der Ermittlungen durch den Leiter der DIGOS [1]
– Zeug*innen (Cops) über die Melograno Schlägerei am 21. April 2016
– Zeug*innen (DIGOS) über die Anwesenheit vor dem Polizei Hauptquartier in der gleichen Nacht, nach den Verhaftungen
– Zeug*innen (DIGOS) über den antimilitaristischen Stand im Februar 2016

08. November 2018: Zeug*innen der Anklage für die Ereignisse am 25. April 2016, Versammlung und Demo in Solidarität mit den Gefangenen

13. Dezember 2018: noch offen

20. Dezember 2018: noch offen

Wir haben erfahren, dass die drei Angeklagten während der Verhandlung beschlossen haben, am nächsten Verhandlungstermin am 18. Oktober nicht vor Gericht zu erscheinen; wenn dies bestätigt wird, freuen wir uns, ebenfalls den Gerichtssaal zu verlassen. Stattdessen haben sie sich entschieden, bei der Verhandlung am 08. November anwesend zu sein, aber wir warten noch auf ihre finale Entscheidung.

Der Tag ging mit einer Versammlung vor dem Knast in Sollicciano und einem Gruß an unsere Gefährt*innen und alle Gefangenen weiter. Leider konnte Paska uns nicht mehr hören, da er direkt nach der Verhandlung zurück ins La Spezia Gefängnis gebracht wurde (hoffentlich hörte er wenigstens die Rufe bei der Durchfahrt der drei Gefängniswagen). Die Versammlung wurde durch Sprüche, Schreie, Musik und Feuerwerk begleitet, und von einem Feuer erleuchtet, das innerhalb einer Abteilung zündete und einen Teil des Gefängnisses für einige Zeit in Rauch einhüllte, so dass die Feuerwehr eingreifen musste.

Wir bewegten uns dann Richtung Zentrum und hinterließen dabei Zeichen unseres agilen Besuchs, Worte des Zorns und der Solidarität, die sich vom bedrückenden Weiß der Stadt von „Anstand“ und „Schönheit“ der totalen Kommodifizierung abheben.

Der Tag endete auf dem Kirchplatz von S. Spirito, Gegenstand der Aufmerksamkeit des Bürgermeisters, der Cops und unterwürfiger Journalist*innen der letzten Monate, aufgrund der zigsten „Anti-Verschlechterungs“ („anti-degradation“) Anordnung, die das „biwakieren“ („bivouac“ – das bedeutet einfach, auf dem Platz anwesend zu sein) nach einer bestimmten Zeit am Abend verbietet. Wir biwakierten glücklich mit Essen und Wein solange wir wollten. Insgesamt war es ein positiver Tag, auch wenn es hinsichtlich des Prozessbeginns nichts zu „feiern“ gab, aber wir hoffen, dass diese kleinen Gesten der Solidarität die Herzen unserer Gefährt*innen in den Gefängnissen des Landes erwärmen… Ein herzlicher Dank geht an die Gefährt*innen der Halbinsel (und auch an alle anderen), die für diesen Anlass nach Florence kamen, für ihre Anwesenheit, ihren Elan und ihre ansteckende Stärke.

Mit Wut & Liebe

 

P.S. Paskas neue Adresse, er ist in das Gefängnis La Spezia verlegt worden:

Pierloreto Fallanca
C.C. La Spezia
Piazza Falcone und Borsellino 1
19125 La Spezia

 

P.P.S. Das neue IBAN Konto zur Unterstützung der Gefangenen und bei Anwaltskosten ist:

IT71Q3608105138290113490114

 

[1] DIGOS: Divisione Investigazioni Generali e Operazioni Speciali = Abteilung für allgemeine Ermittlungen und Sonderoperationen, ein Organisationszweig der italienischen Staatspolizei der auf Terror- und Extremismusbekämpfung spezialisiert ist

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