Quelle: indymedia
Wir melden uns mit diesem Text, um eine Übersicht über die Geschehnisse seit der Razzia am letzten Donnerstag in der Rigaer94 und die angedrohten Baumaßnahmen mit deren potentiellen Folgen zu geben. Am 15.11. drang ein Großaufgebot Bullen inklusive mit Sturmgewehren bewaffneten Sondereinsatzkommandos in das Haus ein. Teile dessen wurden unter dem Vorwand eine dort gemeldete Person und Beweismittel festzustellen durchsucht.
Neben der Tatsache, dass eine Auseinandersetzung in einem Späti im Mai diesen Jahres als offensichtlich fadenscheiniger Vorwand von den Berliner Bullen genutzt wurde in das Haus einzudringen, ließ es sich auch der angebliche „Eigentümeranwalt“ Markus Bernau nicht nehmen, Teile des Hauses zu inspizieren.
Gegen 06:00 Uhr morgens wurde der Angriff auf das Hinterhaus der Rigaer94 von Bewohnerinnen und Anwohner*innen registriert. Die Bullen verschafften sich durch die Hausflure der Rigaer Staße 93 und 95 Zugang zum Dach, Garten und Hof der R94. Im Zuge dessen wurden Menschen in ihren Treppenhäusern mit vorgehaltenen Waffen dazu genötigt, einen schwerbewaffneten Einsatz gegen ihre Nachbar*innen mitzuerleben. Das eingesetzte SEK konstruierte so ein lebensgefährdendes Bedrohungsszenario. Kurz darauf besetzte das SEK die Dächer und das LKA verschaffte sich in Begleitung vom Staatsanwalt Zugang zum Haus. Das gesamte Treppenhaus wurde detailliert abgefilmt, im Treppenhaus befindliche Gegenstände begutachtet, mehrere Räume durchstöbert und eine Wohnung akribisch durchsucht. Die gesuchte Person wurde nicht im Haus angetroffen und es gab keine Festnahmen. Laut Protokoll war die Durchsuchung ergebnislos.
Gegen 7:30 Uhr, während die Durchsuchung immer noch im vollen Gange war, tauchte Markus Bernau vor der Rigaer94 auf und gab sich gegenüber den Bullen als „Eigentümeranwalt“ aus. Im Gegensatz zum Anwalt der Bewohner*innen der Rigaer94 wurde ihm der Zutritt zum Haus gewährt. Nach einer kurzen Besichtigung verließ Bernau das Haus, um wenig später in Begleitung einiger Bauarbeiter, die schon bei der Belagerung 2016 negativ aufgefallen waren, und der Bauaufsicht vom Bezirksamt, erneut von den Bullen ins Haus geleitet zu werden. Sie begutachteten und dokumentierten insbesondere die Tore, die zu unserem Innenhof führen sowie die Türen zu den Treppenhäusern und zum Garten inklusive deren Sicherheitsvorrichtungen. Markus Bernau, trat im Zusammenhang mit der Rigaer94 das erste mal nach der Belagerung 2016 als mutmaßlicher „Eigentümeranwalt“ in Erscheinung. Sein Vorgänger André Tessmer hatte nach dem Brand des Autos seines Nachbarn sein Mandat niederlegt, weil er sich bedroht fühlte. Obwohl er bisher auf Grund seiner Unfähigkeit alle Prozesse gegen uns verloren hat, bestach Bernau während der Razzia durch sein selbst- und siegessicheres, arrogantes Auftreten. So ließ er es sich nicht nehmen während der Durchsuchung solidarisch-unterstützende Menschen und Hausbewohner*innen abzufotografieren.
Bernau verließ als einer der letzten das Haus als die Razzia als beendet galt. Danach ging er alleine im Nordkiez spazieren, trank einen Kaffee und versuchte anschließend sich auf eigene Faust Zugang zur 94 zu verschaffen. Als er daran gehindert wurde, wurde er körperlich konfrontativ, sah seine Unterlegenheit allerdings ein und wartete auf die von ihm engagierten Bauarbeiter. Diesen wurde freundlich aber bestimmt erklärt das sie keinen Fuß in das Haus setzen werden. Währenddessen rückten drei Wannen an, die von Bernau um Amtshilfe gebeten wurden. Die von Bernau eingeforderten Baumaßnahmen betreffen den Rückbau der Eingangstüren. Sie konnten durch die Intervention der Bewohner*innen und auch unseres Anwalts für diesen Tag abgewendet werden. Noch am selben Abend erhielten wir über unseren Anwalt ein Schreiben Bernaus aus dem hervor geht, dass die Baumaßnahmen in der kommenden Woche beginnen sollen. Der angedrohte Rück- bzw. Abbau unserer Türen hätte zur Folge, dass der Schutz vor Angriffen jeglicher Art, sei es durch Bullen, Nazis, Hausverwaltung, Bernau oder sonstige reaktionäre Schweine nicht mehr gewährleistet wäre. Dies stellt einen massiven Angriff auf die Selbstorganisierung und Selbstverwaltung des Hinter- und Vorderhauses der Rigaer94 dar. Außerdem zeigt die Erfahrung der letzten Jahre, dass Zeiten größerer Bullenangriffe und /oder Baumaßnahmen auch immer mit gesteigerten Naziaktivitäten im Kiez einhergehen. Durch die Bauarbeiten ist die Existenz des Projekts Rigaer94 akut bedroht.
Dass Markus Bernau als Anwalt, mit oder ohne Vollmacht, der vermeintlichen Eigentümerfirma „Lafone Investement“ ausgerechnet zu einem Zeitpunkt auftaucht in der die Liebig34 gegen die drohende Räumung im Januar 2019 kämpft, mag manchen als Zufall erscheinen. Wir gehen jedoch davon aus dass der Zeitpunkt der angedrohten Baumaßnahmen genau in jenes Konzept passt, die kämpfenden Häuser mit Maßnahmen zu überziehen und so in ihrem Kampf zu schwächen. Der Kampf, den die Liebig 34 derzeit führt, ist nicht trennbar vom Kampf der 94. Dass es sowohl den Berliner Senat als auch den Bullen darum geht eine langfristige Strategie zu finden, um sich dem „Problem“ Rigaer94 zu entledigen wissen wir spätestens seit dem Sommer 2016 und dem damit einhergehenden Belagerungszustand. Dass die Berliner Bullen dafür eine Hausverwaltung und/oder eine Eigentümerfirma benötigen, die mit ihnen zusammen an einem Strang zieht, ist nur logisch und auch durch Dokumente belegt, die aus der Belagerungzeit 2016 und den damit zusammenhängenden Gerichtsverhandlungen stammen. An diesem Punkt kommt „Lafone Investement“ und ihr Anwalt Markus Bernau ins Spiel. Ein Szenario wie 2016 ist derzeit denkbar, wenn auch in abgeschwächter Version mit dauerhaft eingesetzten Securitys.
Geisel als Berlins Innensenator wird nicht die selben Fehler machen wie sein Vorgänger Henkel. Der sowohl mediale als auch politische Druck, der nicht zuletzt auf der Straße erzeugt wurde, hat Henkel in die politische Bedeutungslosigkeit befördert. Zwar agiert der Rot-Rot-Grüne Senat weniger plump als sein Rot-Schwarzer Vorgänger, geht aber gleichbleibend massiv gegen Hausprojekte in der Stadt vor. Geisel betont immer wieder nur rechtlich abgesichert und taktisch zu agieren. Das macht die Situation umso gefährlicher. Gegen die Angriffe auf die bestehenden kämpfenden Projekte gilt es Widerstand zu organisieren. Denn es geht nicht nur um die Angriffe auf unsere Projekte, sondern um die direkten Angriffe auf unsere Leben, Ideale und geführten Kämpfe.
Wir haben 2016 erlebt, wie massive Angriffe abgewendet werden können. Wir haben 2016 gesagt, dass die Rigaerstraße unser Zuhause ist und wir nichts anderes machen können als weiter zu kämpfen. Daran hat sich nichts geändert, sei es im Kampf um die 94 oder die 34. Sollte Bernau ernst damit machen, seine Baumaßnahmen durchdrücken zu wollen, rufen wir dazu auf, das mit uns gemeinsam und mit aller Konsequenz zu behindern, zu sabotieren und anzugreifen. Bereitet euch vor und haltet euch bereit, werdet aktiv, lokal oder dezentral. Schwarzer Juli 2016 lässt grüßen!
Rigaer94&Liebig34 veteidigen! Solidarität und Kraft für Potse-Drugstore, Meuterei und Syndikat