Quelle: g20 gruppenprozess
Wir wurden bei den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg festgenommen und standen diesen Herbst (2018) zu dritt in Hamburg-Altona vor Gericht wegen angeblicher versuchter Sachbeschädigung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt. Nach drei Prozesstagen beendeten wir den Prozess mit einem Deal mit der Staatsanwaltschaft, der zu einer Einstellung führte. Wir wollen mit diesem Text anderen Soli-Gruppen Informationen und unsere Diskussion zukommen lassen. Wir wollen uns bei allen Unterstützer*innen herzlichst bedanken. Wir finden es sinnvoll und notwendig zu erklären, warum wir den Deal angenommen haben. Wir stehen nach wie vor gegen die Welt der G20 und erklären uns solidarisch mit den Gefangenen und Angeklagten der G20-Treffen in Hamburg und Buenos Aires.
Wir waren in Hamburg aus Gründen
Wir waren im Sommer letzten Jahres in Hamburg um gegen den Gipfel der selbsternannten G20 und das System wofür sie stehen zu protestieren. Jede*r war aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Gründen vor Ort und es war offensichtlich, dass das an diesem Wochenende ausreichte um zum Staatsfeind zu werden. Das gesamte „Arsenal“ der deutschen Bundespolizei und darüber hinaus wurde ausgepackt um entschiedenen Protest zu verhindern. Passend zu den autokratischen Gästen aus aller Welt und den menschenverachtenden Zielen des Treffens wurde gar nicht erst versucht sich an die eigenen rechtsstaatlichen Regeln zu halten. Das wurde nur von den Protestierenden erwartet. Wir wurden in der Nacht vom 06. auf den 07. Juli 2017 am Wochenende des G20-Gipfels in der Nähe der Max-Brauer-Allee von Zivilbullen verprügelt und festgenommen. Danach jede_r einzeln in Begleitung von je drei Zivilbullen in verschiedene Reviere verbracht. Darauf folgten über 20 Stunden GeSa und noch einmal über 20 Stunden Knast. Fast zwei Tage dauerte unsere Entführung. Dabei passierten Dinge, die wohl selbstverständlich für das Justizsystem und den Knast sind; wir wurden wiederholt beleidigt und mit Untersuchungshaft, also monatelanger Gefangenschaft bedroht. Zunächst lautete der Vorwurf schwerer Landfriedensbruch mit Mordabsicht.
Nach mehreren Monaten folgten Anklageschriften, in denen nur noch der Verwurfder versuchten Sachbeschädigung von zwei Mülltonnen gegen uns drei erhoben wurde. Dazu einfacher Widerstand gegen eine Person und Widerstand mit Waffe (angeblich ein Stein) gegen eine zweite Person. Bei der dritten Person wurde der Vorwurf des Widerstandes nicht mehr vor Gericht gebracht. Eine ältere Anwohnerin hatte die Festnahme beobachtet und sich nach drei Tagen bei der Polizei gemeldet, da sie eine Entführung vermutete. Sie sah, wie vermummte Männer einen anderen Vermummten jagten und mit Teleskopschlägern verprügelten. Anschließend wurde er in den Kofferraum eines zivilen Fahrzeuges geworfen und ein Mann setzte sich auf ihn. Dann fuhr der Wagen los. Schade, dass die Beamten nicht vor Gericht erklären wollten, was das sollte…
Auch schade, dass die Festnahmen der anderen beiden nicht von Anwohner*innen beobachtet wurden. Denn vor Gericht zählen nur die Aussagen der Bullen und dann wird aus verprügelt werden eben „Widerstand“. Nachdem es in den anfänglichen Ermittlungen um einen besonders schweren Fall des Landfriedensbruchs ging, wurden wir letztendlich wegen versuchter Sachbeschädigung und Widerstands angeklagt. Trotzder recht harmlosen Anklagehandelte es sich um einen Fall mit Bezug zum G20-Gipfel und damit um einen politischen Fall. Wir waren auf alles gefasst. Wir standen seit dem 06. September 2018 in Hamburg-Altona vor Gericht. Am ersten November wurde dieser Prozess nach drei Verhandlungstagen eingestellt, weil wir einen Deal eingegangen sind. Wir wollen uns bei allen bedanken, die uns auf dem Weg dahin unterstützt haben, und erklären warum wir diesen Schritt gegangen sind.
Der Prozess
1.Prozesstag
Der Prozess begann sehr gut für uns. Wir hatten eine Kundgebung vor dem Gericht aufgebaut, wo wir frühstückten und Musik hören konnten. Es wurde Info-Material ausgelegt. Im Gegensatz zu den uns bekannten Berliner Gerichten, gibt es in Hamburg-Altona keine Schleusen beim Eingang zum Gericht. Erst am Eingang zum Saal werden die Besucher*innen von Justizbeamt*innen mit Detektoren abgesucht. Die Richterin wartete stets bis alle Besucher*innen wieder im Saal waren. Das dauerte am ersten Tag 20 Minuten. An allen Prozesstagen war der Raum voll mit 36 Besucher*innen, wovon ca. 30 da waren um uns zu unterstützen.
Der eigentliche Prozess begann routinemäßig mit Personalienfeststellung und Anklageverlesung. Darauf folgten unsere Prozesserklärungen. Jede*r von uns hatte eine individuelle Rede verfasst, die erklärte, warum wir eigentlich in Hamburg waren und was das Problem mit dem G20-Treffen in Hamburg und der Repression ist. Sie können nachgehört oder nachgelesen werden. Danach wurde der erste Bullenzeuge Tenoth aufgerufen. Bevor dieser anfangen konnte, wurde die Verwertung seiner Aussage in Zweifel gezogen, da er sich seine Berichte durchgelesen hatte. Das spielte auf ein Urteil des OLG Hamburg an, nach dem Vergewaltigungsopfer keine Akteneinsicht mehr bekommen, da sich dadurch ihre Erinnerung verfälschen würden. Dem wurde nicht stattgegeben, dafür begann das nächste Geplänkel da Streifenbullen bewaffnet und in Uniform im Saal saßen. Schließlich wurden die Streifenbullen des Saales verwiesen, da sich Zuschauer*innen von ihnen und ihren Dienstwaffen bedroht fühlten. Allerdings probierte die Richterin ihre Anwesenheit noch durch die Lüge zu schützen, dass sie diese zur Unterstützung angefordert hatte. Vielleicht war es die Aufdeckung dieser Lüge der Richterin, dass der Prozess zu unseren Gunsten lief. Aber dazu später mehr.
Gut zwei Stunden nach Prozessbeginn konnten nun Bullenzeuge Tenoth beginnen und spann erstmal wild drauf los und erzählte die Legende von der Kreuzung Max-Brauer-Allee, die fest in der Hand vermummter“Chaoten“ gewesen sei. Steinplatten wurden zerschlagen und ganze vorbeifahrende Bullenkonvois mit Steinen angegriffent. Es gab Männer mit Hämmern und vieles mehr. Zur Unterstreichung befördert er während seiner Aussage ein Stück einer Gehwegplatte auf den Tisch, dass ein Kollege einen Tag später (!) am Tatort aufgesammelt haben will. Der Stein befand sich nicht bei den Asservaten, sondern diente dem PK21 als Erinnerungsstück auf der Wache, oder eben als Theaterrequisite, wie in unserem Fall. Aber irgendwann wurde dann doch klar, dass das gar nichts mit unserer Anklage zu tun hatte. Zeitlich später will er die drei Angeklagten von dieser Zusammenrottung weggehen gesehen haben. Er erzählte, was er gesehen haben will. Es ging viel um Mülltonnen. Wir erfuhren, wen er wie oft geschlagen hat und dass er sich mit dem Fahrrad gepackt hat. Abgesehen davon war ganz interessant was er zur Gestaltung seines Funkkontakts mit den anderen Bullen ausplauderte. Er benutzt keine Codes und sagt seiner Aussage nach einfache Sätze wie „5 Störer Ecke Max Brauer Allee“. Dabei sei es kein Problem 3-4 m entfernt zu stehen und wenn Leute ihn auf dem Schirm hätten, müsse er sich Legenden einfallen lassen. Ansonsten wird Funkkontakt getarnt, in dem z.B. getan wird, als ob dem Kollegen etwas ins Ohr geflüstert wird. Die Ziften waren zu zweit und mit Fahrrädern unterwegs, die sie zusammen abschlossen und sie hatten größere Pfefferspray-Flaschen in ihren Rucksäcken.
2.Prozesstag
Wieder gab es eine Kundgebung mit Frühstück und Infomaterial und somit einen Ort um sich vor Verfahrensbeginn zu treffen. Zuerst wurde der erste zivile Zeuge verhört, ein Anwohner aus dessem Wohnhaus eine Mülltonne versucht wurde anzuzünden. Er erstattete keine Anzeige, da die Mülltonne nicht kaputt gewesen sei, sondern nur minimale Ruß- und Schmelzspuren aufwies.
Nachdem der Zeuge fast fertig ausgesagt hatte und nicht so ganz klar war, ob er jetzt etwas gesehen hatte oder nicht, wurde ein Zivibulle enttarnt, der als Zuschauer mit im Gerichtssaal saß. Der Zivibulle behauptete zuerst als Privatperson da zu sein. Als er in den Zeugenstand gerufen werden soll, fällt ihm dann doch ein, dass ihn sein Vorgesetzter geschickt hatte. Der Zivibulle Cordes ist stellvertretender Dienststellenleiter des PK21, dem Abschnitt von dem auch die aussagenden Bullen kommen. Ab diesem Punkt war der geplante Prozessablauf über den Haufen geworfen und den Rest des Tages wurde Cordes von unseren Anwält*innen, aber auch der Staatsanwältin und der Richterin in die Mangel genommen. Nachdem er eine Aussagenehmigung von seinem Chef bekommen hatte, beginnt er eine Märchengeschichte zu erzählen, dass er zu Fürsorgezwecken im Gerichtssaal sei. Diese Fürsorge für die aussagenden Bullen sei bei belastenden Prozessen und vor allem Kapitalverbrechen üblich. Darauf hingewiesen, dass es bei uns um versuchte Sachbeschädigung geht, behauptet er einfach, die Befragung von Bulle Tenoth am ersten Tag sei so belastend gewesen. (Ein klares Lob an unsere Anwält*innen.) Kurz darauf gibt er dann doch zu, dass schon die zwei Streifenbullen am ersten Prozesstag vom PK21 entsendet wurden und das nicht von der Richterin angefragt wurde. Woraufhin diese etwas blamiert dreinschaute. Diese zwei waren allerdings aus privatem Interesse im Gerichtssaal.
Es folgt eine intensive Befragung über die internen Vorgänge im PK21 und der Versuch durch unsere Anwält*innen aufzuzeigen, dass die Bullen probieren Einfluss auf den Prozess zu nehmen und Aussagen abzustimmen. Die Staatsanwält*in sieht das natürlich nicht so, muss aber einräumen, die Sache habe „Geschmäckle“. Zum Schluss wird der Bulle von der sichtbar genervten Staatsanwältin darauf hingewiesen, dass er seinem Chef heute keinen Bericht geben dürfe, da dieser am nächsten Prozesstag als Zeuge geladen werde, und die ganze Affäre insgesamt sehr ungünstig sei. Sie sagt: „Die Polizei sollte sich aus solchen Sachen raushalten.“
3.Prozesstag
Vor dem Gericht gab es wieder unsere Kundgebung.Zu Beginn des dritten Prozesstages wurden uns Prozessbeihilfen genehmigt. Das heißt, unsere Anwaltskosten werden vom Staat übernommen, da der Prozess durch die Bullen unnötig verkompliziert wurde. Dann war der Dienstellenleiter vom PK21 Herr Niebeling an der Reihe. Er wurde vor allem zu seiner Politik Polizeibeamte in den Gerichtssaal zu entsenden, befragt. Er legte einen betont arroganten Auftritt hin und wandt sich, wie zu erwarten, aus den wichtigen Fragen heraus. Das einzig wirklich Interessante, das der Bulle Niebeling an diesem Tag sagte, war, dass es völlig normal sei, bei G20-Prozessen Polizeibeamte mit in den Gerichtssaal zu schicken. Natürlich ausschließlich zu „Fürsorgezwecken“. Das löste bei der Staatsanwältin Kopfschütteln aus und sie begann hektisch in ihrem Werk der Strafprozessordnung zu wühlen. Nachdem es nun fast zwei ganze Prozesstage lang fast ausschließlich um die internen Abläufe im PK21 gegangen war und ihre Praxis Prozessbeobachter*innen zu schicken und wie diese womöglich und tatsächlich Einfluss auf die anderen Bullenzeugen nehmen, sagte noch der Bulle Rolfes aus. Der Bulle konnte allerdings nichts Neues berichten. Einzig seine Aussage:“Wenn wir können, schlagen wir zu!“, sollte uns im Gedächtnis bleiben.
Der Deal
Wir haben für diesen Deal eine Erklärung von zwei Zeilen Länge abgegeben, dass wir „den Vorwurf der versuchten Sachbeschädigung einräumen und dem Vorwurf des Widerstands nicht entgegentreten werden.“Dazu mussten wir insgesamt 1.500 Euro an die Staatskasse bezahlen. Im Gegenzug wurde das Verfahren eingestellt. Alle weiteren Prozesstermine und eine mögliche Revision entfielen. Die Prozesskosten und unsere Anwaltskosten trägt die Staatskasse. Die Initiative dazu ging von unseren Anwält*innen aus. Es war nach unserem damaligen Wissensstand der erste eingestellte Prozess im Zusammenhang mit den Prozessen nach dem G20-Gipfel. (Mittlerweile verbreitet die Pressestelle des Hamburger Oberlandesgerichts die Zahlen über 100 Urteile mit 8 Freisprüchen und 9 Einstellungen. Dabei wird aber nicht gesagt, ob Prozesse gegen Bullen mitzählen.)
Wir sind uns bewusst, dass es nicht per se gut ist, Deals mit dem Staat zu machen. Deswegen wollen wir an dieser Stelle schreiben, was uns dazu bewogen hat, ihn einzugehen. Was sprach dafür und was dagegen? Ganz ehrlich, zunächst sind wir erleichtert, dass der Massel vorbei ist. Wir waren privilegiert, wir haben tolle Freund*innen um uns herum, die uns unterstützt haben, sowohl emotional, als auch strukturell und finanziell. Trotzdem ist es eine extreme Belastung neben dem normalen Alltag noch alle zwei Wochen nach Hamburg zu fahren um dort gut vorbereitet einen Prozess zu führen. Jedes Mal müssen Fahrt, Übernachtung, Kundgebung usw. organisiert werden. Und den gleichen Stress haben dann auch noch die eigenen Freund*innen. Die Verlockung ist also groß, einen Prozess nicht um jeden Preis fortzuführen. Sondern nur dann, wenn es unumgänglich oder etwas zu gewinnen ist.
Entscheidungsfindung
Da wir nicht alleine den Prozess bestritten haben, wollten wir die Entscheidung auch nicht alleine fällen. Vor der Annahme des Deals haben wir Rücksprache mit unserer Soli-Gruppe und einigen Freund*innen gehalten und die Meinung der Anwält*innen eingeholt.
Dafür
Dafür sprach, dass es vorbei ist und wir nicht mehr nach Hamburg mussten. Die Kiste ist komplett zu. Es gibt keine Revision und keine Erweiterung, Wiederaufnahme oder sonstiges. Wir mussten kein Reue zeigen. Wir wurden nicht verurteilt obwohl wir erklärt haben, wir hätten die Tat begangen. Es ist im Nachhinein billig zu sagen, aber wir hätten nicht jeden Deal angenommen. Wer weiß, wie das ausgesehen hätte, wenn uns Haftstrafen gedroht hätten, aber uns nicht zu distanzieren war eine rote Linie von uns. Die Initiative ging von Seiten unserer Anwält*innen aus, aber im Gefühl der Stärke. Es lag an unserer konflikthaften Prozessführung und der peinlichen Show der Bullen, dass wir diesen Deal erreicht haben.
Wahrscheinlich lag es sogar an unserem Druck, dass die Bullen überhaupt Fehler gemacht haben. Wichtig war, dass wir ihre Anwesenheit von Anfang an skandalisiert haben. Dass unsere Anwält*innen es nicht als normal hingenommen haben. Dass wir Berichte geschrieben haben und Presse dazugeholt haben. Es war der Staatsanwältin sichtbar peinlich jeden Prozesstag Bullen aus dem Saal schmeißen zu müssen. Aber wir wissen nicht, wie lange dieser Eindruck gehalten hätte und ob nicht Richtung Ende des Prozesses die Spannung abgefallen wäre. Am Ende entscheidend war sicherlich auch der Fakt nicht zur DNA Entnahme gezwungen werden zu können. Wie es in vielen uns bekannten G20-Verfahren gelaufen ist und die frisch Verurteilten, direkt nach Verfahrensende zur Entnahme mitgenommen wurden. Wir empfinden diese Praxis als einen unglaublich repressiven Schritt dieses Staates im Nachgang des G20. Dieser reiht sich in eine Folge von seit G20 häufiger angewandten Techniken, die allesamt gegen Persönlichkeitsrechte von nach geltendem Rechtsverständnis eigentlich unschuldigen Personen verstoßen. Wir verurteilen dies zutiefst und freuen uns gleichzeitig gerade nochmal drum herum gekommen zu sein.
Dazu kommt, dass wir aus Gründen in Hamburg waren und das nun auch hinterher nicht bestreiten müssen. Wir haben uns an den Protesten gegen die G20 an diesem Freitag beteiligt und müssen das hinterher nicht leugnen, denn der Protest war notwendig und verfolgt werden können wir dafür nicht mehr. Wir haben schon während des Verfahrens und in den Texten, die wir eröffentlicht haben, nie versucht, uns in Unschuld zu waschen. Wir brauchen uns nicht vor einem Staat zu rechtfertigen, der hilft, dass Menschen im Mittelmeer ertrinken, Waffen in Kriegsgebiete geliefert werden, Menschen ohne Obdach sind oder der Nazistrukturen gleich direkt finanziert und deckt. Um nur wenige Beispiele zu nennen.
Dagegen
Wir wissen auch was wirklich vorgefallen ist, an diesem Freitag als wir von den Zivis vom PK21 verhaftet wurden. Wie einer von uns gejagt und verprügelt wurde und dann von zwei Zivten in den Kofferraum eines kleinen PKW verpackt wurde und sich der eine Bulle draufsetzte. Und wir wissen auch aus den Bullenakten wie er natürlich zunächst wegen Widerstand gegen die zwei Bullen angezeigt werden sollte. Was wir auch wissen und was Bullen und Staatsanwältin vertuschen wollten, ist, dass sich daraufhin eine Anwohnerin als Zeugin meldete und eine Entführung anzeigen wollte, weil sie sich einfach nicht sicher wahr wer hier wenn verprügelt und in den Kofferraum geworfen hat. Und bumms wird in der Anzeige nix mehr von Widerstand des einen Angeklagten geschrieben, und auf Nachfrage einer Anwältin im Gericht was mit betreffender Zeugin sei, antwortet die Staatsanwältin unverblümt. dass das ja nicht mehr Teil des Prozesses sei. So kann man sich seine Rechtstaatlichkeit auch zurechtlügen. Diese Widersprüche wären sicherlich interessant gewesen weiter aufzuklären, aber wäre es wirklich möglich gewesen und was hätte es geändert? Wird sich eine Staatsanwältin oder eine Richterin ändern, weil man ihnen ihre Doppelmoral vorhält? Und ändert das etwas an der Auffassung dieser Gesellschaft von Recht und Gerechtigkeit?
Fazit
Wir sehen, es sprachen für uns mehr und vor allem die besseren Gründe für das Eingehen des Deals. Wir glauben, wir haben das Bestmögliche erreicht, was für uns vor diesem Gericht möglich war. Wir haben keine Verurteilung. Wir haben keine Reue gezeigt, niemand anderen belastet oder uns von unseren Taten distanziert. Wir konnten zeigen, warum wir getan haben, was wir taten und sind erhobenen Hauptes aus der Sache herausgegangen. Vielleicht wäre auch ein Freispruch möglich gewesen, doch ein möglicher Freispruch hätte zunächst drei weitere Verhandlungstage bedeutet und zudem auch noch sehr wahrscheinlich eine Revision nach sich gezogen. Das wäre sehr aufwendig und zudem auch noch teuer und hätte das Risiko doch mit einer Strafe zu enden. Politisch hätten wir aber kaum mehr sagen können, als wir schon gesagt hatten.
Und dann stellt sich die Frage: wozu? Selbstverständlich haben wir nicht die ganze Bäckerei bekommen und noch nicht einmal das Rezept. Aber das war auch nicht zu erwarten. Wir waren Teil eines politischen Prozesses, bei dem vor allem die Polizei mit extrem hohem Verurteilungswillen aufgetreten ist. Das Spielfeld und die Spielregeln vor Gericht sind rundweg vom Staat gemacht. Es ist aus unserer Sicht wichtig unsere Kraft und Energie in den Gerichtssaal zu stecken, um Menschen nicht alleine zu lassen mit der allmächtig wirkenden Justizbürokratie und unseren Leuten die Kraft zu geben zu ihrer Meinung zu stehen und nicht zu zerbrechen. Es ist aber ab einem Punkt auch notwendig zu reflektieren, dass sie dann an anderen Ecken fehlt. Wir hatten Bock wieder andere Kämpfe zu führen, wo wir glauben mehr erreichen zu können, als vor den Gerichten Hamburgs.
Das Zustandekommen des Deals ist vor allem der Verdienst der unglaublich dreisten, allerdings auch unglaublich dummen Bullen vom PK21 und dass wir dieses Verhalten skandalisieren konnten. Einerseits durch unsere Anwält*innen, die gut vorbereitet waren und gut reagiert haben, als auch durch etwas Pressearbeit und eigene Veröffentlichungen. Wie die Bullen mit völliger Unverfrorenheit von Fürsorgearbeit für ihre Kollegen sprechen. Vor Gericht sagt der stellvertretene Dienststellenleiter, nachdem er von Zuschauer*innen enttarnt wurde, privat im Gerichtssaal zu sitzen um im Rahmen der „Krisenintervention“ seinem Kollegen emotional aushelfen zu wollen. Die versuchte Einflussnahme auf Gerichtsprozesse durch die Bullen ist wahrscheinlich auch außerhalb von G20-Verfahren an der Tagesordnung, sie zeigt sich in unserem Fall allerdings in ihrem vollen Ausmaß. Berichte, die gemeinsam geschrieben wurden, Vorgesetzte die nach dem Prozess sich mit den aussagenden Bullen abstimmen, womöglich um die nächsten Zeugen vorzubereiten. Das alles hat es in diesem Fall gegeben, aber es scheint auch fast niemanden mehr zu wundern. Einzig die taz lässt sich zu kurzen Artikeln hinreißen, aber es scheint zu sehr Normalität an den Gerichten zu sein, um wirklich zu erschrecken.
Wie dem auch immer sei, ihr unbedingter Verurteilungswillen ist der Hamburger Polizei nun auf die Füße gefallen. Und nach dem dritten Prozesstag haben wir den Deal vorgeschlagen und bekommen. Die Frau Staatsanwältin konnte das Gelüge der Bullenkollegen wohl auch nicht mehr ertragen.
Und weshalb das Ganze?
Wegen dem Versuch Mülltonnen anzuzünden?!