[Deutschland] G20-Prozess zum „Elbchaussee-Komplex“

Quelle: united we stand

In Hamburg hat heute (18. Dezember 2018) der Prozess gegen fünf Aktivisten aus Frankfurt, Offenbach und Frankreich begonnen. Die drei Erwachsenen und zwei Jugendlichen sind angeklagt, bei Ausschreitungen auf der Elbchaussee während des G20-Gipfels im vergangenen Jahr in Hamburg „dabei gewesen“ zu sein.

Zum Prozess angereist war ein ganzer Bus mit Angehörigen und solidarischen Menschen aus Frankfurt. Das Bündnis „United we stand“ hatte einen Stand vor dem Gerichtsgebäude am Sievekingplatz aufgebaut, an dem es heiße Getränke und Musik gab.

In Redebeiträgen wurde über die Hintergründe der Gerichtsverhandlung informiert. Im benachbarten „Libertären Zentrum“ (LiZ) gab es den Tag über Frühstück und einen Raum zum Aufwärmen.

Gefüllter Gerichtssaal

Der Verhandlungssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt, viele Besucher mussten draußen bleiben, eine Schulklasse konnte sich das Geschehen anschauen. Unter Jubel betraten die Angeklagten den Saal. Nach der Personalienfeststellung wurde mitgeteilt, dass das OLG die zweiten Verteidiger entpflichtet hat, so dass jeder Angeklagte nur noch einen Pflichtverteidiger zur Verfügung hat.

Nach der Verlesung der Anklageschriften bekam die Verteidigung das Wort. Es wurde festgestellt, dass die Anwesenheit in einer Menschenmenge bei der Begehung einer Straftat nicht strafbar ist und diese ohnehin nur auf Indizien gestützt sei. Das Verfahren diene der Verschleierung des politischen Versagens bei der Organisation des G20-Gipfels und solle die Öffentlichkeit beruhigen.

Weiterhin kritisiert die Verteidigung die unterbleibende Haftverschonung für die Angeklagten Halil und Can. Den beiden war vor drei Wochen von der Richterin eine Haftverschonung zugestanden worden. Daraufhin wurden sie auf freien Fuß gesetzt und mussten nach stattgegebenem Einspruch der Staatsanwaltschaft nach zwei Stunden in die Haft zurückkehren. Die Inhaftierung wird mit Fluchtgefahr begründet, was durch die freiwillig erfolgte Rückkehr in die Haftanstalt hinreichend widerlegt sein sollte.

Die Verteidigung ging außerdem auf die Überschreitung von Kompetenzen der „Soko Schwarzer Block“ mit ihren 180 Beamten bei den Ermittlungen ein.

Verhandlungstermine und Solidarität

Die Verhandlung endete mittags. Unter Beifall und mit erhobenen Fäusten verließen die Angeklagten den Saal. Die nächsten Termine sind am 8. Und 10. Januar 2019.

Am kommenden Samstag findet ab 12 Uhr eine Kundgebung vor dem Untersuchungsgefängnis Holstenglacis statt. Mit Redebeiträgen und Musik soll den Gefangenen „Solidarität durch die Mauern“ geschickt werden. Neben drei der NoG20-Aktivisten aus dem Elbchaussee-Verfahren ist in der Hamburger Untersuchungshaftanstalt auch der kurdische politische Gefangene Mahmut Kaya, dessen Prozess in der vergangenen Woche begonnen hat. Sein Verfahren wegen Mitgliedschaft in der PKK wird am 20. Dezember fortgesetzt.

 

Quelle: Rote Hilfe FFM

Prozessbeobachtung der Roten Hilfe Frankfurt am Main‏

Der Beginn des NoG20-Prozesses zur Elbchaussee verzögert sich und wird mit einer Kundgebung von etwa 100 solidarischen Genoss*innen und einem großen Presseaufgebot begleitet.

Unter langanhaltendem Beifall, lauten Jubelschreien und Pfiffen betreten die Angeklagten mit Winken und Victory Zeichen den Saal.

Der Elbchaussee-Prozess wird mit der Personalienfeststellung eröffnet, danach wird über die zweiten Verteidiger*innen der Angeklagten diskutiert, die auf Antrag der StA kurzfristig vom OLG entpflichtet wurden.

Die StA beschwert sich über die Sitzordnung und will die Anklageschrift aufgrund der Länge sitzend vortragen. Das Gericht ist der Meinung, dass das auch stehend geht. Die im Gegensatz zur Verteidigung mit zwei Vertretern anwesende StA liest stehend vor

Wir hören​ seit 10 Minuten eine packende​ Aufzählung von Kfz-Kennzeichen und Automodellen

Der Saal für Zuhörer*innen ist fast voll, noch immer warten zahlreiche Besucher*innen auf Zutritt. Die StA liest weiter eine lange Schadensliste vor. Zu dem konkreten Beitrag der Angeklagten sagt sie nichts.

Jetzt wird eine zweite Anklageschrift mit zusätzlichen Vorwürfen gegen Loic verlesen. Die Schadensliste spart sich die StA jetzt.

Anklageschriften sind verlesen. Pause von 15 Minuten

Erstes Eröffnungsstatement der Verteidigung stellt klar, dass bloßes Dabeisein in einer unfriedlichen Menge nicht strafbar ist, die Anklage sich allein auf Indizien stützt und eine Demonstration nicht mit einer verabredeten Schlägerei von Hooligans zu vergleichen ist

Zweites Verteidigertatement: StA trifft wilde Konstruktionen, um maximale Verantwortung der Angeklagten aufzubauen, die Angeklagte sind Projektionen, bei der die StA politischem Willen folgt, die von staatlichem Versagen ablenken und Verantwortung auf die nog20-Angeklagten umwälzen

Im dritten Statement kritisiert die Verteidigung die Entscheidung des OLG die Inhaftierten trotz erwiesener nicht bestehender Fluchtgefahr nicht vorläufig aus der U-Haft zu entlassen und macht ideologische statt rechtliche Gründe verantwortlich.

Die Verteidigung von Loic kritisiert rechtswidrige Polizei-Ausflüge ins Ausland und unvollständige Akten. Die Soko Schwarzer Block überschritt bei den Ermittlungen mehrfach Befugnisse und Kompetenzen, um maximale Verfolgung vermeintlich Verdächtiger zu erreichen.

Der Prozesstag ist beendet. Weiter geht es am 08. (Kurztermin) und 10.01.2019. Lautstarker, langer Beifall und Jubel begleitet die Angeklagten beim Rausgehen, die mit erhobener Faust antworten.

 

 

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