[Italien] Übersicht über verschiedene repressive Operationen gegen Anarchist*innen

Quelle: barrikade

Kein Anspruch auf Vollständigkeit. Einige Re-Posts. Stand 1. Juli 2019. Danke an alle übersetzenden Gefährt*innen!

FREIHEIT FÜR ALLE GEFANGENEN

Operazione Scintilla

Am 7. Februar 2019 wurde das seit 1995 besetzte Squat „Asilo occupato“ in Turin im Rahmen der „Operazione Scintilla“ geräumt. Gleichzeitig wurden sechs Anarchist*innen verhaftet.

Nach einer siebten Person wird noch gefahndet. Die Anklagen waren schwerwiegend: Bildung einer subversiven Vereinigung (wurde inzwischen fallengelassen), Anstiftung zu Verbrechen sowie der Besitz und die Herstellung und Beförderung von Sprengkörpern an einem öffentlichen Ort. Die Anklagen stehen im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen das italienische Migrationsregime. Das Asilo wurde geräumt, weil es vom Staat als „logistische und operative Basis“ dieser „subversiven, aufständischen Vereinigung“ betrachtet wird.

Details zu den Vorwürfen

Die Vorwürfe: Bildung einer subversiven Vereinigung; Anstiftung zu Verbrechen; Besitz, Herstellung und Beförderung von Sprengkörpern an einem öffentlichen Ort. Die sechs Personen wurden auf Antrag der Anti-Terror-Gruppe der Turiner Staatsanwaltschaft verhaftet. Die Anklage lautet, dass die Beschuldigten

„eine subversive Vereinigung (ex Art. 270 c.p.) gefördert, konstituiert, organisiert und sich daran beteiligt haben, welche die nationale Einwanderungspolitik durch die wiederholte Zerstörung der CIE/CPR und durch systematische Gewalttaten und Einschüchterungen gegen die Unternehmen, die an der Verwaltung der oben genannten Aufnahmestrukturen beteiligt sind, beeinflussen soll und kann.“
(“aver promosso, costituito, organizzato e partecipato a un’associazione sovversiva (ex art. 270 c.p.) diretta e idonea a influire sulle politiche nazionali in materia di immigrazione mediante la ripetuta distruzione dei CIE/CPR e con sistematici atti di violenza e intimidazione nei confronti delle imprese impegnate nella gestione delle sopra indicate strutture di accoglienza”.)

Den Verhafteten werden „21 Angriffe mit subversiven Zwecken“ in verschiedenen italienischen Städten vorgeworfen: Einerseits sollen 15 Pakete mit Sprengstoffen an Unternehmen in Turin, Bologna, Mailand, Rom (Französische Botschaft), Bari und Ravenna geschickt worden sein, sechs weitere Sprengstoffe haben die Büros der italienischen Post (Poste Italiane) in Turin, Bologna und Genua betroffen. Die Poste Italiane wurde angeblich getroffen, da sie als Eigentümerin der Fluggesellschaft „MistralAir“ seit 2011 den Ministerialauftrag für Ausschaffungsflüge innehat. Zwei der Verhafteten wird vorgeworfen, am 30. April und 9. Juni 2016 gemeinsam mit bisher unidentifizierten Personen Sprengkörper vor Bankomaten der Poste Italiane in Turin platziert zu haben.

Zudem:

„Um Kontakte innerhalb der CPR herzustellen, warfen sie Tennisbälle mit einer mehrsprachigen Broschüre und einer Mobiltelefonnummer, mit der sie gleichzeitige Aktionen innerhalb und ausserhalb der CPR-Struktur vereinbarten. Dann steckten sie in Paketen mit Keksen und anderen Waren Streichhölzer und alles, was nötig war, um eine Revolte zu starten und Feuer zu legen“.

Ziel dieser Aktionen sei es gewesen, die „Aufnahmefähigkeit“ der CPR zu schwächen oder zu zerstören (siehe http://www.nuovasocieta.it/operazione-scintilla-sgombero-dellasilo-e-anarchici-arrestati-per-associazione-sovversiva/).

Das Klima in Italien und weitere Randnotizen
Italiens Politiker*innen wollen mit „aller Härte durchgreifen“:
 Der Polizeipräsident Messina beschreibt die (konstruierte) Gruppe der Verhafteten als „höchst gefährliche Zelle“.  Der italienische Innenminister Matteo Salvini fordert „Gefängnis für diese Berüchtigten“ und will alle „von Kriminellen frequentierten Sozialzentren“ schliessen.  Die Bürgermeisterin Chiara Appendino gratuliert der Polizei zur Räumung.  Alessandro Ciro Sciretti, ein Turiner Lega-Nord-Politiker, wünscht sich „keinerlei Gnade“ für die Demonstrierenden der Soli-Kundgebungen für den Asilo-Squat. Sein Vorschlag: es bräuchte „ein wenig von der Diaz-Schule“ (https://www.autistici.org/macerie/?p=33326#more-33326)

Nebst allen schlechten Neuigkeiten hat folgende Nachricht für Heiterkeit gesorgt:
Kurz nach der Demo vom Samstag fand am 13. Februar – wie jedes Jahr – eine antifaschistische Demo gegen einen faschistische Gedenk-Fackelmarsch der Casa Pound im Bezirk Vallette statt. Die antifaschistische Demo endet vor dem Gefängnis, wo die Gefangenen inhaftiert sind. Laut dem Communiqué war dies „ein herzlicher Gruss an alle Gefangenen und vor allem an die Gefährt*innen und Freund*innen, die seit einigen Tagen eingesperrt sind. Dabei fängt ein Schuppen im Gefängnishof durch einen glücklichen Zufall [laut Medien ein Molotov Cocktail] Feuer und wird zerstört.“
https://www.autistici.org/macerie/?p=33336

Und tatsächlich werden heute anscheinend keine politischen Gefangenen mehr in das Gefängnis Vallette verlegt, aus Angst vor weiteren feurigen Grussbotschaften.

Mehr zu Operazione Scintilla: https://barrikade.info/article/1883

Antonio und Beppe wurden am 6. Mai 2019 freigelassen. Sie müssen sich jeden Tag auf dem Posten melden. Silvia verbleibt im Knast, da ihr noch eine andere Tat zur Last gelegt wird. Ein Prozess findet am 2. Juli 2019 statt.

Mehr zu Silvia – siehe unten zu ihrem nun beendeten Hungerstreik, sowie https://barrikade.info/article/2202

Silvias Adresse:
Silvia Ruggeri
CASA CIRCONDARIALE
Via Amiternina 3
67100 L’Aquila (AQ)
Italien

In der Nacht vom Mittwoch, 22. Mai 2019, nach 23 Uhr, klopfte die Polizei an die Tür von Boba, Mitzi und Victor unter dem Vorwand, eine mündliche Verwarnung für die Gefährtin zu überbringen. Einmal im Haus, zogen sie auch noch einen Haftbefehl gegen Boba aus der Tasche.
Die Untersuchung steht mit den ersten Initiativen in Verbindung, die gegen die Operazione Scintilla ergriffen wurden, insbesondere mit einer Episode im Quartier Vallette am Ende der antifaschistischen Demonstration gegen das jährliche faschistische Gedenken an die Foibe. An diesem Abend fing die Konditorei des Gefängnisses Vallette Feuer. Bobas Anklage lautet Brandstiftung (Art. 423), mit einer Strafe von drei bis sieben Jahren, mit dem erschwerenden Umstand (Art. 425), dass die Tat an „öffentlichen Gebäuden [….], die für den Wohnbereich bestimmt sind [….], auf Ansammlungen von brennbarem oder explosivem Material“ begangen worden sei.

Darüber hinaus wird unserem Gefährten Boba das Verbrechen der gefährlichen Zündungen (Art. 703) vorgeworfen, weil er nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine „nautische Rakete“ eingesetzt habe, was jedoch eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr vorsieht. Während ihrem Einbruch führte die Polizei eine Hausdurchsuchung durch und beschlagnahmte alle Computer im Haus. Wir warten auf Updates.

Derweilen die Adresse von Boba, ihr könnt ihm Briefe schreiben:

Marco Bolognino
C/o C.c. Lo Russo e Cutugno
via M.A.Aglietta 35
10151 Turin
Italien


Frei übersetzt vom Turiner Blog „Macerie“, 23. Mai 2019
https://www.autistici.org/macerie/

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Es wird viel Geld benötigt, es drohen lange Haftstrafen – mensch ist sehr dankbar für Solibeiträge an das folgende Konto:

Giulia Merlini e Pisano Marco
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Operazione Prometeo

Verhaftung der anarchistischen Gefährt*innen Natasha, Beppe und Robert am 21. Mai 2019.
Die Verhaftung wurde von der ROS der Carabinieri im Rahmen einer repressiven Operation namens „Prometeo“ („Prometheus“) durchgeführt. Es wurden auch einige Durchsuchungen durchgeführt. In den Medien wird berichtet, dass der Hauptvorwurf „Angriff mit dem Ziel des Terrorismus oder der Subversion“ ist, da die drei Gefährt*innen für die Versendung von drei Briefbomben verantwortlich gemacht werden, die im Juni 2017 an den Staatsanwalt Rinaudo (Rinaudo ist Staatsanwalt in Prozessen gegen mehrere italienische Anarchist*innen) und den Staatsanwalt Sparagna (Sparagna ist Staatsanwalt im Prozess um die Operation „Scripta manent“) sowie an Santi Consolo, den damaligen Direktor des DAP (Department of Penitentiary Administration – Strafvollzugsbehörde) in Rom.

Nach den Verhaftungen vom 21. Mai 2019 für die repressive Operation „Prometeo“ wurden Robert und Beppe bis zum 21. Juni im Mailänder Opera Gefängnis und Natasha in Frankreich inhaftiert. Im Hochsicherheitsgefängnis Opera verbrachten Robert und Beppe einen ganzen Monat in Isolation in Abschnitt 41bis, da es keinen AS2-Abschnitt [„Hochsicherheit 2“] gibt, mit nur einer Stunde pro Tag „Gesellschaft“, bei dem sie sich gegenseitig sehen konnten, und den Rest des Tages bei geschlossener Schranke. Dieses „illegale“ Regime wurde dem Richter, Staatsanwalt und Garanten der Häftlinge gemeldet, zumal die Isolation vom Richter nicht beantragt worden war, sich aber einen Monat lang nichts daran geändert hat.

Für diejenigen, die dies beantragt haben, wurden Gespräche genehmigt; Briefe und Bücher wurden empfangen und verschickt, auch wenn sie nur langsam ankamen; Geld und Pakete mit Kleidung und Essen konnten sie erhalten, mit ganz willkürlichen Verboten von bestimmten Dinge (so wurden anscheinend weißer Reis und Bücher mit Fotos von Berglandschaften unverständlicherweise belastet). Insbesondere Beppe erlebte mehrere Misshandlungen durch die Wachen, darunter homophobe Beleidigungen, es wurde ihm 3 Tage lang der Zugang zu den Duschen verwehrt, er bekam mindestens zweimal kein Essen und nach einem Verhör wurde er für mindestens zwei Stunden in einem kleinen Raum allein gelassen, bevor er in die Zelle zurückgebracht wurde.

Gegen den 13. Juni wurde Natasha nach Italien, in das Gefängnis Rebibbia, ausgeliefert. Die Gefährt*innen schickten Geld und Pakete mit den wichtigsten Dingen. Das erste Verhör wurde durchgeführt, sie konnte Gespräche mit einer Anwaltsperson ihrer Wahl führen, sie bat um Nachrichten von den inhaftierten Gefährt*innen im Hungerstreik, eine Presseschau über die Operation Prometeo und einige Bücher.

Wenige Tage später schloss sich auch Natasha dem Hungerstreik an, den Anna und Silvia am 29. Mai im Gefängnis von L’Aquila begonnen hatten. Gegen den 21. Juni wurde sie nach L’Aquila versetzt. Am 19. Juni gab es eine Überprüfung [eine gerichtliche Anhörung] für Robert und Beppe und zwei Tage später, am 21. Juni, hatten sie ein Verhör mit dem Anwalt. Am 22. Juni wurde Beppe nach Alessandria versetzt. Am 24. Juni wurde die Verlegung von Robert in das Gefängnis von Terni bestätigt. Am 24. Juni kam die offizielle Antwort auf die Überprüfung und bestätigte die Strafmassnahmen im Gefängnis. Ihre Post wird immer noch zensiert bezüglich des „politischen Inhalts“.

Wir bekräftigen unsere Solidarität, und wir fordern alle auf, sie weiterhin zum Ausdruck zu bringen, auch durch das Senden von Karten, Briefen und Büchern, die dazu beitragen, die Moral unserer Gefangenen hochzuhalten.

Freiheit für Robert, Natasha und Beppe!
Keinen Schritt zurück, keine Reue.

Die neuen Adressen sind:

Natascia Savio
C. C. de L’Aquila
via Amiternina 3
Località Costarelle di Preturo
67100 L’Aquila
Italia [Italy]

Robert Firozpoor
C. C. di Terni
via delle Campore 32
05100 Terni
Italia [Italy]

Giuseppe Bruna
C. C. di Alessandria “San Michele”
strada statale per Casale 50/A
15121 Alessandria
Italia [Italy]

Operazione Renata

Am 19. Februar 2019 wurden im Trentino 7 Gefährt*innen verhaftet. Ihnen wurde eine subversive Vereinigung mit dem Ziel des Terrorismus (Artikel 270 bis) und ein Angriff zu terroristischen Zwecken oder Subversionen (Artikel 280) vorgeworfen. Zusätzlich zu den Verhaftungen wurden mehr als 30 Hausdurchsuchungen durchgeführt.

Am 9. Mai wurden fünf Anarchist*innen, die für diese repressive Operation inhaftiert waren, zum Hausarrest überführt: Agnese (die erst kürzlich in den neuen AS2-Abschnitt im Gefängnis von L’Aquila versetzt wurde), Giulio, Roberto (die in Tolmezzo festgehalten wurden), Andrea und Nicola (die in Ferrara festgehalten wurden).

Nur der Gefährte Luca Dolce (bekannt als „Stecco“) blieb wegen anderer Urteile im Gefängnis. Bei einem anderen Gefährten, Sasha, der ebenfalls am 19. Februar verhaftet und sofort unter Hausarrest gestellt wurde, wurde als letzte „Vorsichtsmaßnahme“ (Strafmassnahme) Hausarrest zwischen 21.00 Uhr und 7.00 Uhr angeordnet.

Stecco wurde aus dem Gefängnis von Tolmezzo (in der Provinz Udine) in das Gefängnis von Ferrara überführt, genau gesagt in der Sektion AS2 („Hochsicherheit 2“), wo die anarchistischen Gefährt*innen gefangen genommen werden, die kürzlich in erster Instanz wegen der Operation „Scripta manent“ verurteilt wurden.

Im März, nach einer Gerichtsentscheidung, dass die Vorwürfe und erschwerenden Umstände des „Terrorismus“ nicht zu halten waren, wurde auch der Vorwurf der „subversiven Vereinigung mit dem Zweck des Terrorismus und der Untergrabung der demokratischen Ordnung“ (Art. 270bis), für den ein Teil der verhafteten Gefährt*innen zunächst beschuldigt wurde, fallen gelassen. Die Anklage lautet nun „subversive Vereinigung“ (Art. 270) (und nicht Art. 270bis).

Die Anklagen, welche sich auf spezifische Tatsachen beziehen („Störung des öffentlichen Dienstes“, „Sachbeschädigung“, „Sabotage von Telematikgeräten“, „Brandstiftung“ und „Transport von explosiven Stoffen“) sind unverändert.

Die Adresse von Stecco:

Luca Dolce
C. C. di Ferrara
via Arginone 32
44122 Ferrara
Italia [Italy]

Dies ist das Bankkonto für Solidaritätsspenden für die Gefangenen von Trento:
IBAN: IT04H3608105135138216260316268 (Name: bezerra kamilla)
BIC/SWIFT code: PPAYITR1XXX
FREIHEIT FÜR STECCO, RUPERT, AGNESE, SASHA, POZA, NICO, GIULIO

Der Artikel „41bis“ in italienischen Gefängnissen

Im italienischen Strafvollzugssystem unterliegen die Gefangenen einer Vielzahl von Bedingungen. Je nach der Massnahme, der sie unterliegen, werden sie in einem bestimmten Abschnitt des Gefängnisses festgehalten.

Der schlechteste Ort auf der Skala der im Gefängnissystem herrschenden Bedingungen ist die Massnahme „41bis“. Sie wurde vor 30 Jahren als vorübergehende und dringende Maßnahme eingeführt, aber sie hat sich mit der Zeit eingebürgert und noch verschlimmert. Heute gibt es in diesem Regime der Inhaftierung 748 Gefangene, die in einem Dutzend Gefängnisabschnitten in ganz Italien eingesperrt sind.

Der Artikel „41bis“ legt fest:
 Einzelhaft 23 Stunden pro Tag (in der nur einen Stunde außerhalb dürfen sie sich mit maximal 3 anderen Gefangenen treffen)
 Treffen nur mit unmittelbaren Familienmitgliedern (eine Stunde pro Monat), aber durch ein Glas, Kameras und Gegensprechanlage/Telefon, wodurch jegliche Art von direktem Kontakt verhindert wird.  Ausschluss von einer möglichen Zulassung zu alternativen Maßnahmen der Gefängnishaft. Interventionen von G.O.M. (Gruppi Operativi Mobili), einer Sonderpolizeigruppe der Strafvollzugspolizei, bekannt für ihre Schläge in Gefängnissen und die Massaker während der G8 in Genua 2001. Prozess durch eine Videokonferenz: Die Angeklagten können ihrem Prozess nur in einer speziell ausgestatteten Gefängniszelle über eine Videoverbindung beiwohnen. Die Gefängniszelle wird von den Richtern und dem Strafvollzugspersonal überwacht. Die Gefangenen haben so keine Möglichkeit, bei ihrem Prozess dabei zu sein. Zensur/Beschränkung der Post, Bücher, sonstiger Publikationen.

Um diesen Bedingungen zu entkommen, müsste die gefangene Person mit den Justizbehörden zusammenzuarbeiten. Dies hätte aber nichts zu tun mit einer echten Überprüfung der eigenen Verantwortung, sondern mit einem Zwang, der sich aus der alltäglichen Brutalität des 41bis ergibt. Das ist genau das, was passiert, wenn jemensch Opfer von Folter wird: die Person könnte alles tun, um ihr Leiden zu beenden.

Notstandsgesetze und -massnahmen nehmen immer mehr zu, so dass alle Bedingungen des „41bis“ – wohl unter anderen Namen und auf andere Arten – früher oder später bei anderen Abteilungen der italienischen Gefängnisse übernommen werden.

Das passiert gerade mit zwei Gefährtinnen, die in der Abteilung „Hochsicherheit“ des Frauengefängnisses in L’Aquila eingesperrt sind. Deshalb haben Silvia und Anna am 29. Mai den Hungerstreik begonnen: Ihr Ziel ist es nicht nur, verlegt zu werden, sie wollen, dass diese Gefängnisabschnitte geschlossen werden, so dass niemand sonst mehr solchen scheusslichen Bedingungen ausgesetzt werden kann. In Solidarität mit ihnen begannen andere Gefährt*innen den Hungerstreik.

Wir können sie in diesem Kampf nicht allein lassen, wir müssen ihre Stimmen aus diesem Grab herausholen!
Gegen jedes Gefängnis, gegen die 41bis!
Brennt die Knäste nieder! Anarchist*innen aus Berlin.
(Solidaritätserklärung aus Berlin, Juni 2019)
https://roundrobin.info/2019/06/berlino-striscione-in-solidarieta-con-lo-sciopero-della-fame/

Ende des Hungerstreiks von Silvia und Anna gegen das Gefängnis L’Aquila (Italien)

Am 28. Juni 2019, nach 31 Tagen, beendeten Anna und Silvia offiziell ihren Hungerstreik. Zusammen mit ihnen hat Natasha (Operazione Prometeo) auch wieder angefangen zu essen, und wahrscheinlich wird Marco es tun, sobald er die Mitteilung erhält. Silvia wurde in das Gefängnis von Vallette (Turin) gebracht, um am Dienstag, den 2. Juli, an einem Prozess wegen einer Räumung in Turin teilnehmen zu können. (siehe https://insuscettibilediravvedimento.noblogs.org/post/2019/06/30/it-torino-italia-2-07-2019-presenza-solidale-in-aula/ )

Anna und Natasha werden sich einen Protest anderer Gefangener anschliessen, der momentan in der Abteilung 41bis im Gange ist: mit Plastikflaschen gegen die Gitterstäbe zu schlagen. Anna und Silvia hörten seit einiger Zeit jeden Tag ein Trommeln. Das erste Geräusch war das einer Plastikflasche – denn Metallgegenstände können nicht in der Zelle aufbewahrt werden -, die immer wieder gegen die Gitterstäbe der Zelle geschlagen wurde. In den folgenden Tagen wurde das Schlagen ein richtiger Chor und zu einem täglichen Ritual. Es findet jeden Tag von 12 bis 12:30 Uhr statt und wird sicherlich von fast allen weiblichen Gefangenen solidarisch ausgeübt, über die Teilnahme der männlichen Gefangenen hingegen haben wir noch keine genauen Nachrichten.

Erklärung von Silvia und Anna zum Beginn ihres Hungerstreiks im Gefängnis von L’Aquila

Silvia Ruggeri wurde am 7. Februar im Rahmen der repressiven Operation “Scintilla” und der Räumung des Asilo Occupato in Turin verhaftet. Die anarchistische Gefährtin Anna Beniamino ist seit dem 6. September 2016 aufgrund der Operation “Scripta Manent” inhaftiert. Am 24. April wurde sie erstinstanzlich zu 17 Jahren und vier weitere Gefährten zu 5 bis 20 Jahren Gefängnis verurteilt.
Revolutionäre Solidarität mit den Gefährt*innen im Hungerstreik und mit allen gefangenen Anarchist*innen!
 
Hier ist der Text von Silvia und Anna:

“Wir sind seit fast zwei Monaten im Frauen-AS2-Abschnitt von L’Aquila eingesperrt. Inzwischen ist es hier und draußen bekannt, dass diese Haftbedingungen das aufgeweichte Produkt der angeblichen 41bis-Regierungsvorschriften sind. Wir sind sicher, dass es weder die Möglichkeit noch die Absicht gibt, eine Verbesserung der Situation zu verlangen, und zwar nicht nur wegen objektiver und struktureller Fragen, die sich auf unseren “gelben Abschnitt” (den alten 41-bis-Abschnitt) beziehen: Dieses Gefängnis ist fast vollständig den Gefangenen des 41-bis-Regimes vorbehalten. so dass uns eine Vergrößerung der Maschen der Verordnung geschmacklos und nicht praktikabel erscheint. Wenn man bedenkt, dass ein paar Schritte von hier entfernt noch härtere Bedingungen zu finden sind, können wir uns kaum vorstellen, wie viele und wie viele seit Jahren kämpfen und Disziplinarberichte und Strafprozesse anhäufen. Hinzu kommt der ungeschickte Versuch des DAP (Department of Penitentiary Administration – Strafvollzugsbehörde), mit der Einrichtung einer gemischten anarcho-islamischen Sektion ihre Bücher auszugleichen. Dies führte zu einem weiteren Verbot von Treffen mit anderen Gefangenen innerhalb derselben Sektion und zu einer weiteren Isolation (einer der Gefangenen), die bis heute andauert.

Häufig gibt es Haftbedingungen, die noch schlimmer sind als die in L’Aquila. Doch ist das kein Grund, nicht dem entgegenzutreten, was sie uns hier aufzwingen. Wir werden dieses Brot nicht mehr essen: Am 29. Mai beginnen wir einen Hungerstreik, in dem wir die Verlegung aus diesem Gefängnis und die Schließung dieses abscheulichen Teils fordern”.
Silvia und Anna”
Übersetzung: https://www.abc-wien.net/?p=7379

Operazione Scripta Manent

Über das Urteil im Prozess „Scripta Manent“
Am 24. April verkündete das Beistandsgericht Turin die Strafe in erster Instanz für den Prozess „Scripta Manent“ . Bei dieser repressiven Operatio wurden am 6. September 2016 fünf Gefährt*innen verhaftet, und zwei weitere (Alfredo und Nicola) hatten die Nachricht über die Untersuchungshaft erhalten, während sie bereits im Gefängnis für den Angriff auf Roberto Adinolfi vom 7. Mai 2012 waren (Alfredo Cospito und Nicola Gai waren bereits in Haft, da sie dafür verurteilt wurden, Roberto Adinolfi, CEO von Ansaldo Nucleare, verletzt zu haben (Genua, 7. Mai 2012). Die Aktion wurde in einem Communiqué der „Nucleo Olga“ der FAI/FRI begründet. Im Prozess haben sich beide individuell zur Tat bekannt. Die beiden wurden für jeweils etwa 9 und 8 Jahre verurteilt.)

Alfredo wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt, er wird verantwortlich gemacht für den Besitz und den Transport von Sprengstoffen im Zusammenhang mit der Bombe im Parco Ducale in der Nähe der Parma RIS („Department für wissenschaftliche Untersuchungen“ der Carabinieri) vom 24. Oktober 2005 (der Vorwurf des Anschlags wurde fallengelassen, da dies unmöglich war, da der Zünder der Bombe ausgeschaltet war), der Briefbombe, die am 2. November 2005 an den damaligen Bürgermeister von Bologna Cofferati geschickt wurde (hier lautet die Verurteilung Bombenanschlag sowie „Besitz und Transport von Sprengstoffen“), von Anschlägen mit mehreren Sprengkörpern an der Carabinieri-Schule in Fossano am 2. Juni 2006 und im Bezirk Crocetta in Turin am 7. März 2007 (Verbrechen des „Massakers, das dadurch verschärft wurde, dass das Ziel die Polizei gewesen wäre“ – vom erschwerenden Umstand der politischen Motivation wurde Alfredo freigesprochen), die Versendung von Sprengstoffpaketen an den damaligen Bürgermeister von Turin (Chiamparino), an den Herausgeber der Zeitung „Torino Cronaca“ (Giuseppe Fossati) und an COEMA Edilità (Unternehmen, das an der Umstrukturierung des CIE, „Identifikations- und Ausweisungszentrum“ für Migrant*innen, beteiligt ist) im Juli 2006. Er ist auch beschuldigt, Unterstützer der FAI (Federazione Anarchica Informale) zu sein, welche als „subversive Vereinigung mit terroristischen Zwecken“ definiert wird. Der erschwerende Umstand der Transnationalität wurde fallengelassen.

Anna wurde wegen der Bomben in Crocetta und Fossano (2006 und 2007) und der explosiven Pakete vom Juli 2006 (für die gleichen drei, für die Alfredo verurteilt wurde) sowie wegen einer „subversiven Vereinigung mit terroristischen Zwecken“ als Unterstützerin der FAI zu 17 Jahren Haft verurteilt.

Nicola wurde wegen „subversiver Vereinigung mit terroristischen Zwecken“ zu 9 Jahren Haft verurteilt.

Marco und Sandro wurden wegen der Teilnahme an einer „subversiven Vereinigung mit terroristischen Zwecken“ zu 5 Jahren verurteilt.

Alle anderen Angeklagten wurden freigesprochen (für alle 23 Gefährt*innen war die Hauptanklage „subversive Vereinigung mit dem Ziel des Terrorismus und der Untergrabung der demokratischen Ordnung“ und nur für einige Gefährt*innen der „Anstiftung zur Begehung eines Verbrechens“ und „Terroranschlags“). Alle Verurteilten bleiben im Gefängnis, während Danilo aus dem Gefängnis entlassen wird und Valentina den Hausarrest verlässt (in diesen wurde sie im Dezember 2017 vom Rebibbia-Gefängnis in Rom aus verlegt).
Das Gericht hat ab dem 24. April 90 Tage Zeit für die Urteilsbegründung.

Hier die Adressen der Gefährt*innen :

Alfredo Cospito, Nicola Gai und Alessandro Mercogliano.
C. C. di Ferrara, über Arginone 327, 44122 Ferrara, Italien.

Marco Bisesti
C. C. di San Michele, strada statale per Casale 50/A, 15121 Alessandria, Italien.

Anna Beniamino
C. C. de L’Aquila, via Amiternina 3, località Costarelle di Preturo, 67100 L’Aquila, Italien.

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Postepay Kartennummer: 5333 1710 7777 2446
Für eine Überweisung: Schickt ne Mail an cassamanent@tutanota.com und sie senden die IBAN-Koordinaten und alle Angaben.

Der anarchistische Gefährte Marco Bisesti in Isolation vom 6. Mai 2019:
Wir erfahren, dass Marco Bisesti ab dem 6. Mai 10 Tage lang in Isolation war. Dies, nachdem Mitte April ein verbaler Streit mit einer Wache stattfand, der einen Hydranten gegen einen Häftling in Einzelhaft auf der Etage unter der Zelle, in der Marco eingesperrt ist, einsetzen wollte.
Freiheit für alle!
Quellen:insuscettibilediravvedimento.noblogs.org
https://roundrobin.info/2019/05/italy-about-the-sentence-in-scripta-manent-trial-and-update-on-comrade-marco-bisesti/

Aktuelles zum Hungerstreik
Alfredo Cospito, seit dem 29. Mai im Hungerstreik in Solidarität mit den Gefährtinnen Anna und Silvia, hat 15 Kilo abgenommen, sagt aber, es geht ihm gut. Er fing an, Zucker einzunehmen. Er bekräftigte, dass er den Streik erst beenden werde, wenn die beiden Gefährtinnen im Gefängnis von L’Aquila diesen beenden würden.

Am 24. Juni 2019 musste der anarchistische Gefangene Alfredo Cospito den Hungerstreik beenden.
Stecco (Luca Dolce), seit dem 29. Mai ebenfalls im Hungerstreik, unterbrach den Streik am 17. Juni, nachdem er zu viele Kilos verloren hatte.

Operazione Panico

Die Operazione Panico umfasste acht Verhaftungen, einige Hausdurchsuchungen und die Räumung der „La Riottosa“-Besetzung in Florenz am 3. August 2017.

Giovanni, Ghespe und Paska werden beschuldigt, am 1. Januar 2017 einen explosiven Anschlag auf die faschistische Buchhandlung “Il Bargello” verübt zu haben, bei dem ein*e Polizist*in schwer verletzt wurde.

Für die inhaftierten anarchistischen Gefährten Giovanni und Paska wurde Hausarrest angeordnet.
Am Freitag, den 21. Juni, wurde nach fast zwei Jahren Haft auch Hausarrest für Ghespe angeordnet. Der Hausarrest umfasst alle möglichen Restriktionen, es gibt aber die Möglichkeit, dreimal pro Woche eine Stunde Gespräche zu führen.

Trentino, Manifest über die Operazione Panico, Ghespe im Hungerstreik

EIN AUFLEUCHTEN DER ERINNERUNG UND DER RACHE.
Am Silvesterabend 2017 fanden die Digos in Florenz ein handwerkliches Gerät in den Rolladen der mit Casapound verbundenen faschistischen Buchhandlung „il Bargello“. Ohne Schutz haben sie eingegriffen und vielleicht wegen der Feierlichkeiten betrunken, lässt ein Polizist des Sprengkommandos es zu, dass das handwerkliche Gerät vor seinem Gesicht expldiert und wird schwer verletzt.
Etwa einen Monat später wird die Operation Panico begonnen, bei der in zwei verschiedenen Razzien Vorsichtsmaßnahmen gegen verschiedene Anarchisten und Anarchistinnen getroffen werden, darunter einige Hausarreste und Inhaftierungen. Gleichzeitig werden auch die zehnjährigen Squats „Villa Panico“ und „la Riottosa“ geräumt.

Neben krimineller Vereinigung und anderen geringfügigen Verbrechen werden die Gefährt*innen in verschiedenen Punkten für zwei weitere Schäden am ehemaligen Sitz der faschistischen Buchhandlung angeklagt.

Für den „Silvesterknall“ sitzen drei Gefährt*innen- Giovanni, Vespertino und Paska – seit mehr als einem Jahr im Gefängnis, auch wegen versuchten Mordes an dem Polizisten. Am 22. Juli wird das Gericht das Urteil in der ersten Instanz erlassen.

Wir sind nicht daran interessiert, ob die Gefährt*innen diese Aktionen tatsächlich durchgeführt haben. Wir müssen nur ihre Lebensentscheidungen kennen, die sich aus der Ablehnung von Faschismus, Rassismus und Unterdrückung sowie der Gesellschaft, die sie hervorbringt, ergeben. Wir wissen, dass sie nie wahllose Gewalt ausgeübt haben, geschweige denn gegenüber denen, die kein Geld oder „ausreichende“ Dokumente in der Tasche haben. Wir wissen, dass sie den Krieg zwischen den Armen nie angeheizt haben. Wir wissen auch, dass vor einer gewissen Frevelhaftigkeit, diese Gefährt*innen einen fairen und vor allem konsequenten Hass haben.

Zwischen neonazistischen Treffen über die Familie und auf See getöteten Migrant*innen, zwischen einem Innenminister, der die Lizenz zum Töten für die Polizei fordert, und Casapound, die die Bücher veröffentlicht, die Faschist*innen weiter schlagen, töten, vergewaltigen oder drohen (wie in Viterbo und Casal Bruciato). Viele Leute sagen, dass es eine schlechte Sache ist. Wer wird uns beschützen? Die Verfassung? Die Carabinieri? Oder jene „Antifaschist*innen“ der Partei, die erst jetzt „Bella Ciao“ wiederentdecken, nachdem sie Konzentrationslager für Migrant*innen eröffnet hatten (damals CPT, dann CIE, jetzt CPR), die Strassen mit Soldat*innen füllten, ein „Sicherheitspaket“ nach dem anderen starteten, die „Jungen von Salò“ rehabilitierten, die libysche Regierung und ihre Lager finanzierten…?
Willkommen zum anderen Aufleuchten der Erinnerung und Rache, um sich daran zu erinnern, wer die Faschist*innen sind und dass es richtig ist, sie zu treffen.

SOLIDARITÄT MIT DEM ANGEKLAGTEN DER OPERAZIONE PANICO
FREIHEIT FÜR GIOVANNI, PASKA UND VESPERTINO
Anarchist*innen von Trient und Rovereto

http://panopticon.blogsport.eu/2019/05/31/italien-trentino-manifest-ueber-die-Operation-panico-ghespe-im-hungerstreik/
https://www.abc-wien.net/?p=7459

P.S.

Bild:
An einem Kran im historischen Herzen von L’Aquila wurde im Juni 2019 ein langes schwarzes Banner aufgehängt: «SCHLIESST die AS2 von L’AQUILA» «41bis = FOLTER»
https://www.autistici.org/macerie/?p=33642#more-33642

 

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