[Griechenland] Der neue Krieg gegen Migrant*innen und Anarchist*innen – Interview

Quelle: crimethinc, übersetzt von abc wien

Das von besetzten sozialen Zentren geprägte Viertel Exarchia in Athen, Griechenland, ist seit langem ein wichtiger Bezugspunkt für autonome Bewegungen auf der ganzen Welt. Die neue rechte Regierung, die in Griechenland an die Macht gekommen ist, hat angekündigt, dieses Experiment an Inklusivität und Selbstbestimmung zu zerschlagen. Am 26. August wurden bei massiven Polizeirazzien vier Besetzungen geräumt, darunter einige für Geflüchtete, von denen viele in Flüchtlingslager geschickt wurden. In diesem Moment umzingelt die Bereitschaftspolizei Exarchia und bereitet ihre nächsten Angriffe vor. Als Reaktion darauf wurden Demonstrationen für den 31. August und den 14. September anberaumt. Wir haben eine*n Bewohner*in Exarchias zum Kontext dieses neuen Kampfkapitels und zu den Perspektiven für diejenigen befragt, die eine Welt ohne Kapitalismus oder staatliche Unterdrückung suchen.

Im Januar 2015, als die globale Welle rechter Wahlsiege an Fahrt aufnahm, gewann die neue linke Partei Syriza die griechischen Wahlen. Damals weckte dies viel Begeisterung bei Linken und Sozialist*innen in Griechenland und anderswo auf der Welt; dennoch argumentierten wir, dass Syriza Bewegungen von der Straße holen, die Institutionen des Staates wieder legitimieren würde, ohne ihren im Wesentlichen repressiven Charakter zu ändern, und letztlich die Folgen des Kapitalismus nicht angehen würde, indem es die griechischen Wähler*innen nach rechts polarisierte. Wie von uns erwartet, hat Syriza ihre Versprechen, Griechenland vor den von der Europäischen Union geforderten Sparmaßnahmen zu schützen, nicht eingehalten. Stattdessen haben sie selbst Sparmaßnahmen ergriffen, Griechenland weiter polarisiert und bestätigt, dass es keine tragfähige Wahllösung für die vom Kapitalismus verursachten Krisen gibt.

So gewann im Juli 2019 die langjährige rechte Partei Neue Demokratie mit klarer Mehrheit die nationalen Wahlen. Einige Medienjournalist*innen feierten den Sieg der Neuen Demokratie als Rückkehr zum Business as usual, als Ablehnung des vermeintlichen „Extremismus“ sowohl von Syriza als auch der faschistischen Golden Dawn Partei. Aber der Sieg der Neuen Demokratie ist auch ein Sieg für die extreme Rechte, die gesehen hat, wie ihre rassistische, nationalistische Agenda zum Mainstream wurde. Sie übernahmen ihr Amt mit der Absicht, Migrant*innen und Anarchist*innen für das Versagen des neoliberalen Kapitalismus und den Verrat linker Politiker*innen zum Sündenbock zu machen. Sie nutzen die Sommerferien um zuzuschlagen und haben bereits damit begonnen, anarchistische soziale Zentren und selbstorganisierte Geflüchtetenunterkünfte in Athen gewaltsam zu räumen und allen, die ihrer repressiven Vision von Ordnung im Wege stehen, offen den Krieg zu erklären.

Wir führten das folgende Interview mit einem/einer anonymen in Exarchia lebenden Anarchist*in, nachdem es in den frühen Morgenstunden des 28. August zu einem kleinen Aufruhr gekommen war.

Die Neue Demokratie begann mit der Kriegserklärung gegen Anarchist*innen, insbesondere gegen die Nachbarschaft Exarchia in Athen. Wir haben eine Reihe von schlecht geschriebenen Artikeln in der Boulevardpresse gesehen, die Angst vor „anarchistischer Gewalt“ verbreiten und massives Durchgreifen der Regierung versprechen. Warum haben sie die Konzentration auf Anarchist*innen und insbesondere Exarchia als Hauptfeind des Staates in den Vordergrund gestellt? Wie viele der Bevölkerung stimmen deiner Meinung nach mit dieser Charakterisierung von Anarchist*innen überein?

Die Neue Demokratie hat eine Art wahnhafte Besessenheit von Exarchia gezeigt. Sie beziehen sich darauf, als ob es die Ursache der Krise hier wäre, als ob es die Grundlage für alle Probleme Griechenlands wäre. Als Bewohner*in von Exarchia und aktive*r Anarchist*in kann ich bestätigen, dass die Sprache, mit der sie meine Nachbarschaft beschreiben, lächerlich übertrieben ist.

Sicher, es gibt einige Probleme mit Drogenhandel und räuberischen Mafiapraktiken in Exarchia. Die Mafia rekrutiert Geflüchtete, nutzt ihre verzweifelte Not bei der Suche nach Arbeit und hofft, dass Anarchist*innen, die sich den opportunistischen Versuchen einen Drogenmarkt in der polizeifreien Zone von Exarchia zu errichten, widersetzen, zögern werden, bevor sie sich gegen eine*n Geflüchtete*n stellen. Diese Situation ist das Ergebnis der Armut, mit der Geflüchtete konfrontiert sind, die auf Asyl warten oder darum kämpfen, in Athen ihr Zuhause zu finden, und versuchen, Bedrohungen durch Polizei oder Faschist*innen zu vermeiden.

Das ist tragisch, aber es ist nichts im Vergleich zu einem typischen Ghetto in den Vereinigten Staaten; es ist das unvermeidliche Ergebnis der Kombination aus Wirtschaftskrise und so genannter Flüchtlingskrise. Das Bild eines*einer Geflüchteten, der*die in Exarchia mit Drogen handelt, ist ein leichter Sündenbock für die Rechte, und die Neue Demokratie hat dies immer wieder auf feige Weise genutzt, um reaktionäre Unterstützung zu ernten.

Die meisten Menschen außerhalb Griechenlands verstehen nicht, dass Exarchia eine sehr große Nachbarschaft ist. Es ist nur fünf Gehminuten vom teuersten Teil des Stadtzentrums, Colonaki, einem Viertel der Mittel- bis Oberklasse, das mit Manhattans Upper West Side vergleichbar ist, entfernt. Die anarchistische Bewegung entstand Anfang der 1970er Jahre aus dem Widerstand der Student*innen gegen die Junta, der sich auf das nahe gelegene Polytechnikums, die Architekturuniversität Athens, konzentrierte. Bis dahin war Exarchia eine Art Erweiterung von Colonaki. Seit den 1970er Jahren ist das Viertel zu einem Treffpunkt für Anarchist*innen und Besetzer*innen, aber auch für die Theatergemeinschaft, Linke, Intellektuelle, Künstler*innen und die Besucher*innen einer Reihe von alternativen Bars geworden. Es ist lokal als Nightlife-Ziel an den Wochenenden für Student*innen und Partygäste ebenso bekannt wie für Unruhen und Squats.

Während all diese Elemente in einer Art chaotischem Gleichgewicht nebeneinander existieren, beklagen sich die alten Bewohner*innen von Exarchia noch immer. Wenn du nicht eine*r der*die wenigen Glücklichen bist, die hier eine Wohnung im Besitz einer älteren Person gefunden haben, die sich des Airbnb-Potenzials der Wohnung sowie des explodierenden Immobilienmarktes im Zentrum Athens nicht bewusst ist, oder wenn du in einem Squat oder in einem Haus im Familienbesitz lebst, ist es unwahrscheinlich, dass es sich ein*e typische*r Griech*in der Arbeiterklasse leisten kann, hier zu leben. Die wohlhabenden Einwohner*innen von Exarchia beschweren sich bei der Gemeinde. Das tun sie seit Jahren. Die Neue Demokratie reagiert auf eine Weise, die weit über ihr Gejammer hinausgehen wird.

Zum Beispiel gibt es den berühmten Hügel Streffi, wo jugendliche und anarchistenfreundliche Menschen mit ihren Freund*innen und Gefährt*innen chillen. Es ist auch ein schöner Park, in dem früher Partys und Versammlungen stattfanden, um die Punk und Hip-Hop Gegenkulturen, anarchistische und antifaschistische Bewegungen zu feiern und zu fördern. Da der Hügel einen Ausblick auf die Akropolis und einige der teuersten Häuser Exarchias hat, begann im Sommer 2018 eine brutale Initiative, um die cop-free-zone Kultur von Streffi zu zerstören. Die Bereitschaftspolizei umstellte den Hügel vor jedem angekündigten Event und zerstörte das einzige Squat in der Gegend vollständig, kurz nachdem es sich mit denen solidarisierte, die versuchen, Streffi zurückzugewinnen.

Kurz gesagt, Exarchia ist keine schöne Utopie, in der Anarchist*innen in Harmonie miteinander und mit anderen Ortsansässigen leben. Hier gibt es Spitzel und „gute Bürger“, die der Polizei applaudieren.

Die Neue Demokratie war schon einmal an der Macht; sie ist nichts Neues. Aber nach fünf Jahren im Exil unter Syriza wollen sie sich an der Linken rächen. Im Gegensatz zu Syriza, die ein realistisches Verständnis von Exarchia hat, haben die Mitglieder der Neuen Demokratie ein kindisches Bild von Exarchia. Sie mystifizieren es als den Feind aller griechischen Zivilisiertheit und als das Epizentrum aller Dinge, die links oder anarchistisch sind.

Während Kyriakos Mitsotakis, der neue Premierminister, ein reiches Kind ist, das wahrscheinlich noch nie einen Fuß in die Nachbarschaft gesetzt hat, ist die Polizei noch mehr von Exarchia besessen. Am Morgen des 26. August, als vier Squats geräumt wurden, sagte ein Polizeisprecher im nationalen Fernsehen: „Ein neuer Staubsauger, nämlich die Polizei, wurde gestartet, um langsam den ganzen Dreck aus Exarchia nach und nach, demokratisch, nach einem Plan der Polizist*innen, zu saugen“. Die 143 Geflüchteten, die festgenommen wurden, bezeichnete er als „Staub mit lästigem Charakter“.

Ein Polizist trug während der Räumung einen Patch, der seine faschistische Ideologie verriet. Dort stand „Come and Get It“, ein Slogan der faschistischen Partei Golden Dawn.

Die Polizei fühlte sich von Syriza verraten. Sie denken, dass die Regierung in den letzten fünf Jahren die wöchentlichen Aktionen gegen die Bereitschaftspolizei, die Exarchia umgeben, stillschweigend geduldet hat. Jetzt ist die Polizei bereit für den Krieg. Kaum war die Neue Demokratie gewählt, schlug die Bereitschaftspolizei, die das alte politische Hauptquartier der PASOK in Exarchia bewachte, eine*n Obdachlosen fast zu Tode. Als ein lokaler Journalist versuchte einzugreifen, wurde er von der Polizei bedroht und ein*e Polizist*in wurde zitiert: „So werden die Dinge ab jetzt laufen“. Sie werden jetzt auf die gleiche Weise ermutigt wie die amerikanische Polizei und die Faschist*innen, als Trump gewählt wurde. Ich könnte keinen genaueren Vergleich anstellen.

So ermutigt, warten sie mit großer Erwartung auf den nächsten Kampf. Die Bereitschaftspolizei, die sie in Exarchia stationieren, kommt in der Regel nicht aus Athen; sie wählen Polizeibeamt*innen mit rechtsextremen Einstellungen speziell für diese Rolle. Dies ist ein langjähriger Präzedenzfall für die Bereitschaftspolizei. In gewisser Weise genießen sie die Unruhen genauso wie Anarchist*innen; auch sie glauben, dass sie einen Krieg führen. Die Neue Demokratie hat ihnen ein klares Mandat erteilt, um die Ordnung in Exarchia wiederherzustellen.

Wir können auch sehen, dass Exarchia als Folge des Rückgangs der radikaleren Aktionen der anarchistischen Bewegung zum vorrangigsten Ziel geworden ist. Nach einer Zeit vieler Überraschungsangriffe und Bombenanschläge nach den Umbrüchen vom Dezember 2008 wurden viele Mitglieder der anarchistischen Gruppen Verschwörung der Feuerzellen und des Revolutionären Kampfes gefangen genommen und inhaftiert, und es gab einen deutlichen Rückgang des so genannten politischen Terrorismus. Solche Aktionen finden immer noch statt, aber nicht in der gleichen Häufigkeit und Intensität wie zuvor.

Dies ähnelt dem, was mit US-Anarchist*innen nach der Operation Backfire geschah, nachdem das FBI die Animal und Earth Liberation Fronts zur Nummer eins der nationalen „Terror“-Bedrohungen in den Vereinigten Staaten erklärt hatte. Nach einer Welle von Infiltration, Repression und überhöhten Strafen, die auf klandestine Direkte Aktionen abzielen, verlagerte sich die anarchistische Bewegung der USA in Richtung Massenstraßenaktionen. Der Staat verlagerte ebenfalls seine Strategie, indem er mit Grand Jurys Menschen schikanierte, klassische Formen des Protestes verteufelte und Polizeidienststellen militarisierte.

In ähnlicher Weise war die griechische Rechte aufgrund des Rückgangs der heimlichen Angriffe gezwungen, sich einen neuen Feind zu bauen. Dies ist wahrscheinlich der Grund, warum sie sich für das Viertel Exarchia entschieden haben und sich auf die lokale anarchistische Gruppe Rouvikonas (Rubicon) konzentrierten. Rouvikonas hat in Athen einen guten Ruf und die Medien lieben sie. Im Wesentlichen sind sie eine anarcho-kommunistische Gruppe, die sich im zivilen Ungehorsam mit einem aggressiven Ansatz engagiert. Sie schüchtern Bosse ein, werfen Farbe auf Gebäude, zerschlagen Drehkreuze an U-Bahn-Eingängen und organisieren verschiedene andere Aktionen, die inspirierend und mutig, aber bewusst zurückhaltend sind, um das Risiko langer Haftzeiten zu vermeiden.

Ungeachtet ihrer Zurückhaltung und der Tatsache, dass sie nur eine von vielen Gruppen in der griechischen anarchistischen Bewegung sind, ist Rouvikonas neben den Anarchist*innen in der Exarchia insgesamt und dem Gespenst des Drogenhandels auf dem Platz zum Staatsfeind Nummer eins der neuen Regierung geworden. Wenn keine dringenderen Bedenken aufkommen, wird sich die Neue Demokratie auf diese konstruierte Bedrohung konzentrieren und sich als Retterin des griechischen Volkes präsentieren, ohne wirklich etwas zu tun, um das Leben der Menschen zu verbessern – eine klassische faschistische Strategie.

Es ist schwer zu wissen, wie viele Menschen sich in die Geschichte der neuen griechischen Rechte einreihen. Etwa 39 Prozent der griechischen Wähler*innen stimmten für Neue Demokratie, weitere 31 Prozent stimmten für Syriza, 5 Prozent für die Kommunistische Partei und 3 Prozent für Golden Dawn. Es ist schwer zu sagen, wie viel von der Bevölkerung den Unsinn dieser Regierung über Exarchia glaubt. Griechenland ist eine sehr polarisierte Gesellschaft, bekannt für ihre populäre Skepsis gegenüber Politiker*innen aller Couleur. Aber die Bewohner*innen des Landes und der Vororte von Athen, die Superreichen und die isolierten Armen, die für die Neue Demokratie gestimmt haben, stehen mit Sicherheit hinter ihrer Agenda.

„Guten Morgen aus dem Exarchia-Viertel. Am 8. Juli geben wir den Platz an seine Bewohner*innen. Die Gesetzlosigkeit ist beendet. Das Zutrittsverbot ist beendet. Mit der Neuen Demokratie wird dieses Viertel wieder ein normales Viertel sein.“ Nachdem er dieses Video hastig aufgenommen hatte, floh der rechte Politiker so schnell wie möglich aus Exarchia.

Von der ersten Welle von Polizeirazzien, bei denen vier Squats geräumt und 143 Personen verhaftet wurden, war die überwiegende Mehrheit der Verhafteten Migrant*innen, die in Lager gebracht wurden. Wie verhalten sich die von der Neuen Demokratie angekündigten Razzien zu der anhaltenden Schuldzuweisung und Unterdrückung von Migrant*innen? Wie gehen anarchistische Strategien zur Verteidigung gegen das Durchgreifen der Regierung gegen das Targeting von Migrant*innen vor?

Von den vier geräumten Squats waren nur in zweien Geflüchtete untergebracht. Die beiden anderen waren anarchistische Räume, die nicht diese Funktion hatten. Es ist nicht einfach, alle Squats, die ins Visier genommen wurden, in eine Kategorie einzuordnen, da sie mit verschiedenen Gruppen und unterschiedlichen Zielen verbunden sind. Eines dieser Squats, namens Gare, wurde bereits unter Syriza mehrmals geräumt – und wiederbesetzt.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass die Squats Spirou Trikopi 17 und Transito den Geflüchteten auf völlig selbstbestimmte Weise und unabhängig vom Staat Unterkunft und Unterstützung boten. Syriza hat diesen Besetzungen nie ins Visier genommen, soweit ich das sehe – und hier ist ein neuer Politikwechsel offensichtlich. Diese Besetzungen, zusammen mit mehreren anderen in der Nähe, bieten den Geflüchtetenfamilien freie Räume unter Bedingungen, die weitaus besser sind als die in den staatlich finanzierten Haftanstalten. Selbst wenn wir das Thema aus statistischer Sicht betrachten, spart es dem Staat tatsächlich Geld wenn Geflüchtete ihre Wohnungen auf diese Weise mit Unterstützung von Anarchist*innen selbst organisieren.

Es handelt sich also um einen explizit rassistischen und faschistischen Akt der symbolischen Rache der neuen Regierung: eine Erklärung an Geflüchtete und andere Migrant*innen, dass sie in Exarchias Asyl nicht mehr sicher sind. Viele der verhafteten Geflüchteten werden wahrscheinlich in das Gefangenenlager Petrou Ralli gebracht, ein unbeständiger Ort inmitten einer Industriezone in Athen. Andere wurden Berichten zufolge in verschiedene Flüchtlingslager in Athen und Griechenland verstreut. Wir hoffen, dass viele der Inhaftierten nach einer Untersuchung freigelassen werden, aber einige können abgeschoben werden oder in überfüllten Haftanstalten in Griechenland bleiben.

Ich wiederhole: Selbst aus staatlicher Sicht sparten die von der Polizei geräumten Plätze den griechischen Steuerzahlern Geld und milderten einige der Auswirkungen der so genannten Flüchtlingskrise. So wie die US-Regierung jedoch mehr Geld für die Festnahme und Inhaftierung von Migrant*innen und Obdachlosen ausgibt, als sie einfach nur für ihre Hilfe oder Unterbringung ausgeben würde, geht es darum, einen politischen Präzedenzfall für die Gesellschaft um jeden Preis zu schaffen. Migrant*innen und Geflüchtete sind hier nicht willkommen, Recht und Ordnung vor allem anderen, und wie alle anderen rechten Regierungen, die heute über verschiedene Teile der Erde herrschen, will die griechische Regierung ihre Basis ermutigen, die Verzweifelten und Ausgeschlossenen für ihr Leiden verantwortlich zu machen, und nicht die herrschende Ordnung oder die Eliten, die davon profitieren.

Syriza räumte während ihrer Zeit an der Macht viele Squats. Aber sie zielten auf die Migrant*innensquats, von denen sie behaupteten, dass sie Menschen beherbergen, die am Drogenhandel beteiligt waren, und die anarchistischen Squats, von denen sie behaupteten, dass sie zur Herstellung von Molotow-Cocktails verwendet wurden. In beiden Fällen versuchten sie, eine ethische Erzählung zu entwerfen, indem sie versuchten, eine Grenze zwischen „guten“ und „schlechten“ Squats zu ziehen.

Im Gegensatz dazu hat die Neue Demokratie deutlich gemacht, dass sie einen langfristigen Plan hat, nicht nur die bestehenden Besetzungen in Exarchia zu beseitigen, sondern das Besetzen selbst, zusammen mit all den Geflüchteten, Migrant*innen, Anarchist*innen, Jugendlichen und anderen Menschen, die dem Viertel seinen weltberühmten Charakter verleihen. Sie zielen darauf ab, die Kultur zu zerstören, die Exarchia ausmacht. Dies wird kein schnelles Verfahren sein; sie haben einen langfristigen Plan, der wahrscheinlich mit der Einrichtung einer U-Bahn-Station auf dem Exarchia-Platz und der Rückkehr zu den guten alten Zeiten endet, als Exarchia mehr mit Colonaki gemein hatte.

Neben der Regierung, die Familien inhaftiert, die in Exarchia ein selbst bestimmtes, friedliches Leben führten, war das auffälligste Element der Räumung vom 26. August der Zeitpunkt. Ende Juli 2019, etwa zur gleichen Zeit, als sie das Universitätsasyl offiziell aufhoben, entließ die „Neue Demokratie“ den Polizisten, der den jugendlichen Anarchisten Alexis Grigoropoulous ermordete; dies waren zwei dramatische Provokationen gegen die anarchistische und autonome Bewegung. Typischerweise hat der Staat zwischen Anfang Juli und Mitte August Squats geräumt. Während Besetzungen sowohl innerhalb als auch außerhalb von Exarchia – zum Beispiel in den Nachbarschaften Kipseli und Koukaki- den ganzen Sommer über wiederholt belästigt wurden und in diesem Moment weiterhin belästigt werden, wurde der Einsatz am 26. August so geplant, dass er unmittelbar vor der Rückkehr vieler Menschen aus den Sommerferien erfolgt. Die Durchführung dieser Angriffe zu diesem Zeitpunkt soll die Botschaft vermitteln, dass Exarchia und denen, die das von ihr vertretene Cop-freie und antifaschistische soziale Experiment unterstützen, der Krieg erklärt worden ist.

Um dies wieder auf die Situation der Migrant*innen zurückzuführen, ihr Leben wird erneut ruiniert. Die Menschen sind besorgt über Flüchtlinge, die Selbstmord begehen. Wir können eine Eskalation der Gewalt seitens der verzweifelten Geflüchteten beobachten. Viele Menschen, die sich den schlimmsten Umständen unseres Jahrhunderts stellen mussten und ihnen entkommen sind, haben Exarchia als sicheren Ort empfunden, den sie ihr Zuhause nennen konnten. Das Trauma, das die Neue Demokratie mit ihrer Herrschaft des Terrors anrichten will, kann zu unerwarteten Ergebnissen führen. Das ist eine traurige Realität, die wir diskutieren müssen. Wir sollten die Schwere der emotionalen Schäden, die die Razzien vom 26. August angerichtet haben, sowie die wahrscheinlich kommenden Razzien ernst nehmen.

Wir hören, dass die griechische Regierung das „sanctuary law“ aufgehoben hat, das das Universitätsasyl aufrechterhält und der Polizei den Zugang zu den Universitäten außer in Notfällen verbietet. Wie wird sich das auf die anarchistische Bewegung in Griechenland und den sozialen Kontext insgesamt auswirken?

Bislang hat das Ende des Universitätsasyls nur in Worten stattgefunden. Schon oft haben Polizist*innen bei Unruhen oder bei der Verfolgung sogenannter Krimineller Universitäten überfallen. Jetzt haben sie das Gesetz geändert, so dass die Polizei nicht die formelle Erlaubnis eines Universitätsdekans benötigt, um auf das Gelände gehen zu dürfen. Was das in der Praxis bedeutet, bleibt jedoch abzuwarten. Universitätsasyl ist ein hart erkämpfter Sieg, der von einem großen Teil der griechischen Bewegung geschätzt wird. Viele Menschen haben viel investiert. Es geht nicht nur darum, dass Menschen manchmal das Polytechnikum in Exarchia aufsuchen, um eine Verhaftung während der Unruhen zu vermeiden. Dies ist ein sehr kleiner Aspekt dessen, wie das Ende der Universitätsautonomie die Bewegung beeinflussen wird.

Universitäten sind wichtige Anlaufstellen für Versammlungen und Veranstaltungen in Griechenland. In vielen Universitäten gibt es besetzte Räume mit Sozialzentren (Steki) und anarchistischen Gruppen. Vor allem aber dienten die Universitäten als Rekrutierungsraum für Anarchist*innen und als Veranstaltungsort. Partys und Veranstaltungen an Universitäten in ganz Griechenland, von den Hip-Hop-Shows an der Wirtschaftsschule in Kipseli bis hin zu den Punk-Shows an der juristischen Fakultät in Neapoli, haben wichtige Infrastrukturen geschaffen, um Repressionen zu bekämpfen und Gelder zu sammeln, sowie einen sicheren und erschwinglichen Raum für Menschen, die sich politisch treffen und verbinden können.

Die Neue Demokratie war besessen von Junkies und Drogenhandel, aber kein informierter Mensch würde leugnen, dass die Polizei absichtlich Süchtige und Händler*innen an die Universitäten getrieben hat. In den meisten Fällen hat der Drogenkonsum und -handel die normale Funktion der Universitäten nicht unterbrochen. Aber die Drogenabhängigkeit ist ein großes Problem in Griechenland, wo die Armut im europäischen Vergleich hoch ist und der Hafen von Piräus als Drehscheibe für Heroin nach Europa dient. Ich beschuldige die Menschen nicht für ihre Abhängigkeiten, ich beschuldige den Kapitalismus. Gleichzeitig hat die Polizei die Epidemie genutzt, um Universitäten und Exarchia ins Visier zu nehmen. Seit langem drängen sie Süchtige an die Peripherie der Universitäten, um das Asylrecht zu delegitimieren und die Autonomie der Studierenden zu untergraben. Und während die Situation des Drogenhandels in Exarchia traurig und verwirrend geworden ist, entstand sie 2010 durch einen gewaltigen polizeilichen Einsatz, um Süchtige nach Exarchia zu drängen.

Übrigens, die Polizei hat nicht nur den Drogenhandel an die Universitäten gedrängt, sondern auch versucht, ihn in die Nachbarschaft von (weitgehend legalen) Migrant*innen zu bringen. Dies ist ein Weg, um Drogen und Kriminalität in Nicht-Weiße- oder Migrant*innen-Gemeinschaften zu etablieren. In Athen erlebt die Nachbarschaft von Omonia einen so verheerenden Heroin- und Meth-Missbrauch, wie ich ihn in dieser Stadt noch nie gesehen habe. Es ist auch eine der größten Konzentrationen von pakistanischen und bangladeschischen Geschäftsinhaber*innen.

Die Zeit wird zeigen, ob die Polizei in der Praxis die Kontrolle über die Universitäten übernehmen kann. Wenn sie anfangen, am Campus zu patrouillieren, besetzte Zentren in den Universitäten zu räumen und Partys zu verbieten, würde dies die Bewegung dämpfen. Gleichzeitig würde es wahrscheinlich eine heftige Reaktion der Bewegung auslösen, die gegen die Neue Demokratie nach hinten losgehen würde.

Die Neue Demokratie könnte sich mit dem falschen Biest anlegen. Wenn sie härter vorgehen, anstatt sich an die langsame, geduldige Strategie der Repression zu halten, die Syriza angewendet hat, wird es ein breiteres Gegenspiel geben, das weit über Exarchia hinausgeht. Das Asylrecht wird nicht nur von Anarchist*innen geschätzt, sondern auch von Autonomen, Kommunist*innen, Linken aller Art und, vereinfacht gesagt, von Jugendlichen, die gerne feiern. Die Reaktion auf diesen Angriff ist noch nicht absehbar.

Wie verhält sich der staatliche Angriff auf Exarchia zu dem kapitalistischen Angriff auf die Nachbarschaft, der durch Gentrifizierung und städtische Vertreibung stattgefunden hat? Welcher Zusammenhang besteht zwischen Airbnb und Stadtentwicklungsinitiativen und der Bereitschaftspolizei?

Exarchia war schon immer eine Art Besessenheit für Menschen aus den konservativen Vororten und für Faschist*innen auf dem Land. Seit den 1970er Jahren gibt es Bemühungen, sich immer wieder mit Exarchia zu beschäftigen. Nach dem Aufstand von 2008 überfiel die Delta-Polizei nach dem Zufallsprinzip die Nachbarschaft, attackierte und schlug Menschen. Syriza hat die Truppe formell eliminiert; jetzt plant die Neue Demokratie, sie wieder aufzubauen.

Aber Airbnb ist der unsichtbare Feind, mit dem jeder zu kämpfen hat. Exarchia entwickelt sich zu einem der teuersten Wohnorte im Zentrum von Athen, und Airbnb ist zu fast 100 Prozent für diesen plötzlichen Anstieg des Immobilienwertes und kurzfristige Mietpreissteigerungen verantwortlich. Vor Airbnb konnte eine Dreizimmerwohnung 250 Euro im Monat kosten; jetzt könnte dieselbe Wohnung weit über 1800 Euro im Monat generieren, wenn sie für Airbnb genutzt wird.

Dies hat die Aufmerksamkeit von Immobilienbesitzer*innen und Investor*innen auf sich gezogen. Die Neue Demokratie verspricht Griechenland nach Jahren der Rezession einen neuen Wohlstand. In der melodramatischen Fernsehberichterstattung von Exarchia wird jedoch selten erwähnt, dass all diese dämonisierten alternativen und abweichenden kriminellen Elemente tatsächlich einen riesigen Markt des alternativen Tourismus unterhalten.

In Exarchia gehen deutsche, amerikanische und chinesische Tourist*innen Seite an Seite mit den gleichen Migrant*innen und Anarchist*innen, die die Polizei als Dreck bezeichnet. Es gibt sogar eine Tour als „Airbnb Experience“ namens „Sweet Anarchy“, die Exarchia und seine Straßenbewohner*innen beschreibt, als wären wir Tiere in einem Zoo.

Was hat sich im Krieg gegen Exarchia seit den Tagen vor Syriza geändert? Vor allem aber: Wenn die Neue Demokratie in ihren langfristigen Bemühungen um die Ausrottung derjenigen, die den Charakter des Quartiers verteidigen, erfolgreich sein kann, haben Airbnb und ausländische Investor*innen einen neuen Markt geschaffen, der bereit sein wird, Exarchia schnell neu zu definieren.

Wie werden Anarchist*innen auf die vom Staat versprochenen Angriffe reagieren? Gibt es Meinungsverschiedenheiten über Strategiefragen?

Ich glaube nicht, dass es sehr viele Meinungsverschiedenheiten über Fragen der Strategie gibt. Im Vergleich zu den USA gibt es hier weniger bürgerliche Stimmen, die Pazifismus in den Bewegungen fordern. Jede Strategie zur Selbstverteidigung von Exarchia und den Bewegungen, die sie definieren, wird willkommen sein, unabhängig von ihrer Form. Einige Gruppen sind offener für die Anwendung von Gewalt als andere, aber es ist selten die Art von Debatte über Gewalt und Gewaltlosigkeit zu hören, die oft in den USA stattfindet.

Aber die Herausforderung ist nicht die Trennung in Strategiefragen, sondern die Trennung selbst. Ich denke, die meisten Leute in der Bewegung würden sagen, dass die Moral an einem Tiefpunkt in der jüngsten Erinnerung ist. Es gibt mehr Anarchist*innen, Autonomen und Antifaschist*innen als je zuvor, aber die Spaltung ist gewaltig. Viele Gruppen haben eine wettbewerbliche Einstellung zueinander, pflegen persönliche Auseinandersetzungen, haben Streitigkeiten oder weigern sich, überhaupt zusammenzuarbeiten. Dennoch glaube ich, dass sich das schnell ändern wird.

Viele würden sagen, dass 2008 bis 2012 der Höhepunkt der anarchistischen Aktivität in Griechenland im 21. Jahrhundert erreicht wurde. Nach massiven Polizeieinsätzen gegen die Gruppen Verschwörung der Feuerzellen und des Revolutionären Kampfes gab es viele Herausforderungen, ganz zu schweigen von dem tragischen Tod von drei Bankangestellten während eines Generalstreiks im Jahr 2010.

Viele Menschen erlebten einen Aufstand, eine generalisierte Revolte, von der sie in der gegenwärtigen anarchistischen Bewegung in den Vereinigten Staaten nur träumen können. Sowohl die Plünderung als auch die Organisation fanden in großem Umfang statt. Nach diesen Jahren des Kampfes änderte sich jedoch nur sehr wenig. Sparmaßnahmen und Armut blieben die Norm, als Griechenland zum Sündenbock einer gescheiterten europäischen Politik wurde und die neue Generation gezwungen war, die Folgen der Wirtschaftskrise zu tragen.

Als Syriza an die Macht kam, stritten viele Anarchist*innen miteinander, ob sie für sie stimmen sollten. Einige argumentierten, dass eine Syriza-Regierung es einfacher machen würde, Exarchia zu verteidigen und das Leiden der Gefangenen zu lindern sowie den Stress, der durch staatliche Kräfte wie die Delta-Polizei verursacht wird, zu verkleinern. Dies führte zu einer großen Spaltung zwischen den Anarchist*innen und zeigte, wie verwirrend die Dinge wurden, als sich eine scheinbar soziale Revolution schnell nach links wandte und im Theater der griechischen Politik die Bühne betrat.

Syriza war strategisch wie eine Schlange. Die Parteiführer*innen kannten Exarchia; viele von ihnen waren linke Intellektuelle und Wissenschaftler*innen, die nach Exarchia kamen, um bei Kaffee oder Bier zu diskutieren. Sie wussten, wie man die Bewegung unterdrückt, wie man Menschen gegeneinander aufbringt. Sie wussten, wie man den Menschen gerade genug Platz zum Atmen gibt, damit sie sich nicht erwürgt fühlen. Aber sie hatten ihre Hände die ganze Zeit um unseren Hals.

Viele Menschen aus der Vorgängergeneration wurden depressiv oder zogen weiter. Es war traurig zu sehen, dass viele dachten, die linke Regierung, die dann die Sparmaßnahmen einführte, hätte all die richtigen Antworten. Es war ein trauriges Ergebnis aus den Spitzenjahren des Widerstands.

Die Zahl der Teilnehmer*innen an anarchistischen, autonomen und antiautoritären Bewegungen ist jedoch nicht gesunken. Im Gegenteil, sie hat sich dramatisch erhöht. In Griechenland existiert Anarchismus in großem Stil. Es ist schwer, das Ausmaß der Bewegung und ihre Vielfalt einem amerikanischen Publikum zu beschreiben.

Während der Syriza-Jahre gab es eine beträchtliche Menge an Repression. Die Polizei griff Squats an, tat dies aber sehr kalkuliert, damit die Menschen ihre Wut nach innen richten und kleine Konflikte und politische Unterschiede hervorheben konnten. Die Regierung Syriza half, die Flammen des Sektierertums in der Bewegung zu entfachen, indem sie die Bewegung eindämmte, anstatt zu versuchen, sie zu unterdrücken.

Nun gibt es Anzeichen dafür, dass Menschen zusammenkommen. Ein neues Plakat mit dem Aufruf zur Mobilisierung für den 14. September unter dem Motto „No Pasaran“ ist im Umlauf. Viele Gruppen in Exarchia, die in den Syriza-Jahren uneins waren, fordern diese Mobilisierung gemeinsam. Die Versammlungen, die in den letzten 48 Stunden stattgefunden haben, waren nicht durch den Kampf gekennzeichnet, an den viele von uns gewöhnt sind, und die Teilnehmerzahl war hoch. Die Menschen spüren den Druck. Sie wissen, dass sie ihre Kämpfe wählen müssen. Sie haben aus den Täuschungen von Syriza gelernt, dass es so etwas wie einen Sieg für unsere Bewegungen im Theater der Staatspolitik nicht gibt.

Ich denke, viele Leute haben das erwartet. Einige sind depressiv und gespalten, aber bereit, diese Probleme gemeinsam zu überwinden. Seit ihrer Gründung in den 1970er Jahren war die griechische anarchistische Bewegung, wie wir sie kennen, immer von Wellen geprägt. Während der Sommer zu Ende geht, sehen wir Menschen zusammenkommen, ihren Geist öffnen und die Ernsthaftigkeit des bevorstehenden Kampfes erkennen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die vier am 26. August geräumten Squats mit Gruppen in Verbindung standen, die uneins sind. Aber der anschließende Dialog hat Einheit und Solidarität zum Ausdruck gebracht. Die Dinge sind schlecht und sie werden definitiv noch schlimmer. Aber ich glaube, dass die Menschen zusammenkommen werden. Es passiert schon jetzt.

Was können wir außerhalb Griechenlands tun, um die anarchistische Bewegung und die Freiheit der Migrant*innen dort zu unterstützen? Welche sind die effektivsten Möglichkeiten, wie wir solidarisch handeln können?

Im Guten wie im Schlechten wurde Exarchia als das Mekka des globalen Anarchismus dargestellt. Manchmal lache ich darüber, aber dann erinnere ich mich daran, die schönen Elemente dieser Nachbarschaft nicht als selbstverständlich hinzunehmen.

Viele würden sagen, dass die Antwort auf deine Frage ist, zu den griechischen Versammlungen zu gehen und den griechischen Staat wissen zu lassen, dass Exarchia nicht isoliert werden kann, dass es in der ganzen Welt geliebt wird. Aber ich würde sagen, im Geiste der revolutionären Solidarität, dass das Wichtigste, was diejenigen, die diesen Text lesen, tun können, ist, weiterhin Räume und Gemeinschaft aufzubauen, wo immer ihr seid.

Exarchia hat einen angemessenen Anteil an Problemen, aber es ist im Allgemeinen ein sicherer Ort. In Anbetracht der Größe ist die Tatsache, dass es ohne Polizei so gut funktioniert – trotz so viel Vielfalt und innerer Unterschiede und äußerem Druck – ein Beweis für die Lebensfähigkeit des Anarchismus. Exarchia beweist, dass auch ein großer Ballungsraum ohne Polizei friedlich funktionieren kann. Eine Möglichkeit, Solidarität zu demonstrieren, besteht also darin, auf die Schaffung von mehr Gemeinschaften hinzuarbeiten, die die Selbstbestimmung feiern und die die Polizei nicht willkommen heißen.

In diesem Jahr werden die ersten wichtigen jährlichen Ereignisse im Rahmen der Neuen Demokratie begangen, darunter der 17. November, der Jahrestag des Todes von 23 Studenten die von der Junta im Polytechnikum in Exarchia getötet wurden, und der 6. Dezember, der Jahrestag der Ermordung von Alexis Grigoropolous, die den Aufstand 2008 ausgelöst hat. Die Neue Demokratie hat beide Tage genutzt, um ihre Anhänger zu versammeln und zu behaupten, sie müsse die Asylgesetze aufheben. Während die Bewegung im Allgemeinen den so genannten Anarcho-Tourismus kritisiert hat, denke ich, dass sich die Einstellung dazu ändert. Wenn Menschen für diese Tage nach Griechenland kommen, könnten sie zum Schutz von Exarchia beitragen.

Auch externe Unterstützer können nach Griechenland kommen, um Migrant*innen unabhängig vom Staat und NGOs innerhalb und außerhalb von Athen zu helfen. Das ist schon seit langem so.

Es ist nicht einfach, genau zu sagen, was man tun soll. Während ich dies schreibe, weiß ich immer noch nicht, was die Neue Demokratie geplant hat und wie die Anarchist*innen hier reagieren werden. Aber es gibt Polizist*innen in Kampfausrüstung rund um die Nachbarschaft, Undercover-Cops, die durch die Straßen streifen, und überall herrschen Spannungen. Ich bin ebenso besorgt und gespannt, was kommen wird.

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