Quelle: indymedia, übersetzt von acb wien
Im Morgengrauen des 26. August räumten massive Repressionskräfte vier Squats in der Nachbarschaft Exarchia, verhafteten drei Hausbesetzer*innen und nahmen 143 Geflüchtete und Migrant*innen fest. Während Männer*, Frauen* und Kinder von der bewaffneten Spezialeinheit zur Bekämpfung des Terrorismus in Polizeiwagen gestapelt wurden, setzte der institutionelle Faschismus seine ideologische Propaganda über die Medien frei: Ein Vertreter der griechischen Polizei verglich während er die Fortsetzung der repressiven Operation und ihr erklärtes Ziel ankündigte die Repressionskräfte mit einem „Staubsauger“ neuer Technologien, der aus Exarchia „den störenden Staub“, die Geflüchteten und Migrant*innen, und danach den wahren “ Müll“, die Anarchist*innen, vernichten wird.
Die jüngsten Polizeiinvasionen sind eine erste Manifestation der von Staatsbeamt*innen angekündigten Repressionskampagne gegen die anarchistische Bewegung, die Besetzungen, die selbstorganisierten Strukturen von Migrant*innen und Geflüchteten, die Welt der Solidarität, den sozialen und Klassenwiderstand im Allgemeinen. Eine repressive Kampagne, die die Speerspitze des Staates und des Angriffs des Kapitalismus auf die Plebejer*innen1 der Gesellschaft bildet, mit dem Ziel, sie zu terrorisieren und den Widerstand zu zerstören, um ununterbrochen mit dem Angriff der staatlichen und kapitalistischen Brutalität fortzufahren. Mit den Wahlen vom 7. Juli wurden die erstickenden Lebensbedingungen für Arbeiter*innen und Arbeitslose, die Inhaftierung von Migrant*innen und Geflüchteten in Flüchtlingslagern und die Todesfälle an den Grenzen, die Intensivierung der Plünderung von sozialem Reichtum und Natur, der Versuch, den Ausnahmezustand einzuführen, fortgesetzt. Die Regierung der „Neuen Demokratie“ baut auf der versuchten Zerstörung von Sozial- und Klassenkämpfen und den Dutzenden von repressiven Angriffen gegen Squats während der Regierung von SYRIZA auf und verspricht, die Menschen dieses Kampfes zu vernichten – an all jene, die sich gegen die Pläne der Regierung stellten und immer noch stellen.
Teil dieser Anti-Revolten-Strategie ist das erklärte Ziel, Exarchia zu besetzen – ein Viertel, in dem eine tiefe Kultur des Herausforderns von Autoritäten und ein großes historisches und politisches Potenzial steckt, das durch die Kämpfe von Tausenden von Menschen geschaffen wurde. Für die Zeit der nationalsozialistischen Besatzung, die Ereignisse vom Dezember 1945, die Junta, bis zum Aufstand vom Dezember 2008 und die großen Widerstandsmobilisierungen gegen die Auferlegung noch schlechterer Lebensbedingungen in den folgenden Jahren bis heute. Aus diesem Grund ist das Viertel Exarchia ein wichtiger Nährboden für die Entwicklung des sozialen und Klassenwiderstandes im Zentrum der Stadt. Es ist ein Dorn im Versuch des Staates, sich der Gesellschaft aufzuzwingen und die Stadt zu kontrollieren, was in den letzten Jahrzehnten den lang anhaltenden Zorn von Staatsbeamt*innen und zahlreiche Repressionen auslöste. [1] Ein Viertel, das untrennbar mit der anarchistisch-antiautoritären Bewegung verbunden ist, die in den letzten Jahren mit den Massen der von den Kriegskonflikten verfolgten Menschen durch zahlreiche Wohnungsbaue die Solidarität und gegenseitige Hilfe wiederbelebt hat. Eine Nachbarschaft, die der Staat durch die Etablierung von Drogenmafias und die Bemühungen, sozialen Kannibalismus durchzusetzen, all diese Jahre zu kontrollieren versuchte). Teil derselben Anti-Revoltenkampagne ist die Vertreibung von Squats – eine der langfristigen Absichten des Staates vor allem nach der sozialen Revolte von 2008 – und die Abschaffung des Universitätsasyls, die die Angst der Herrschenden vor Enklaven offenbart, die in der Vergangenheit funktioniert haben und immer noch als Funke für die Entwicklung der sozialen Dynamik fungieren, stark genug, um ihre Arroganz zu zerstören. Und wenn die Botschaft, die die Regierung durch die Freilassung des Mörderpolizisten Korkoneas, durch die Stärkung ihres rechtlichen Arsenals gegen die Menschen des Kampfes und die andauernden repressiven Angriffe aussendet, darin besteht, dass ihre mörderische Gewalt die Flammen der Revolte löschen wird, um die Gesellschaft ungehindert weiter zu zerstören, dann wissen wir: Keine Bedrohung könnte jemals die Solidarität auslöschen, den Wunsch, ein Leben ohne Herrscher*innen und Sklav*innen, ohne Staaten und Grenzen zu führen, beseitigen oder den Kampf zerschlagen.
Der angekündigte repressive Angriff begann mit dem Abschalten der Stromversorgung in der Wohnanlage für Geflüchtete „Notara 26“ und dem Versuch, dies auch in der Wohnanlage für Geflüchtete „Oneiro“ in Exarchia zu tun, setzte sich mit der Zerstörung der Wohnanlage Brooklyn in Ioannina fort und wurde durch zahlreiche Artikel in den Medien propagiert. Gegen diese repressive Kampagne beteiligen wir uns zusammen mit anderen Gefährt*innen aus Squats, selbstorganisierten Strukturen und politischen Kollektiven (Spirou Trikoupi 17, das am 26. August geräumt wurde, ist eines von ihnen), an der Versammlung NO PASARAN!, um die Räume des Kampfes kollektiv und dynamisch zu verteidigen und gegen die Drohungen des Staates zu erklären, dass es keine Kapitulation und keinen Waffenstillstand geben wird. In diesem Zusammenhang haben wir öffentliche Mobilisierungsveranstaltungen in dem Lelas Karagianni 37 Squat (8. August), im Notara 26 Housing Squat für Geflüchtete und Migrant*innen (7. August), im Spirou Trikoupi 17 Housing Squat für Geflüchtete und Migrant*innen (13. August) und schließlich im K* Vox Squat (20. August) mitorganisiert. In diesem Sinne rufen wir am Samstag, den 31. August, um 12 Uhr zu einer Demonstration in der Nachbarschaft Exarchia und am 14. September zu einer zentralen Demonstration im Zentrum von Athen auf.
Nach den Räumungen der vier Squats wurde eine erste Antwort durch einen Protest gegeben, zu dem Spirou Trikoupi 17 vor der benachbarten Besetzung von Notara 26 aufgerufen hatte, und eine Demonstration von Hunderten von Menschen vor den Polizeilinien vor den geräumten Squats von Spirou Trikoupi. Während die Leute Slogans riefen, kletterten Gefährt*innen auf das versiegelte Gebäude von S. Trikoupi 17 und hängten ein Banner hinter den Polizeilinien auf worauf stand: IHR KÖNNT KEINE BEWEGUNG RÄUMEN.
Wir rufen die anarchistischen Gefährt*innen und Bewohner*innen der Squats, all jene, die gegen die globale Diktatur des Staates und des Kapitals in allen Teilen der Welt kämpfen, auf, die NO PASARAN-Kampagne, den Kampf für die Verteidigung von Squats, Geflüchteten und Migrant*innen und den Gegenangriff gegen die staatliche Repression zu unterstützen.
Gegen unsere gemeinsamen Feinde und an jedem Punkt, an dem Unterdrückung stattfindet, sollten wir mit internationaler Solidarität entgegentreten, unserem gemeinsamen Kampf, der die zerfallene Welt der Autorität stürzen und den Weg für die soziale Revolution, für die Schaffung einer Welt der Gleichheit und Freiheit öffnen wird.
GEGEN STAATLICHE UNTERDRÜCKUNG, WIR BAUEN BARRIKADEN DER SOLIDARITÄT.
KEINE KAPITULATION – KEIN WAFFENSTILLSTAND!
NO PASARAN!
DEMONSTRATION SAMSTAG, 31. AUGUST, EXARCHIA SQUAR
DEMONSTRATION SAMSTAG, 14. September, PROPYLEA, ATHEN
Keine Sehnsucht nach dieser verfallenen Welt, die schon so lange der Vergangenheit angehört. Kein Kompromiss mit der unerträglichen Gegenwart, die nur das Schlimmste verspricht. Kein Zögern und keine Angst vor der Zukunft, die wir uns wünschen: Soziale Revolution, Anarchie und Kommunismus.
Athen, August 2019
Lelas Karagianni 37 Squat
1 Plebejer*innen (lateinisch plebs „Menge, Volk“) waren in der römischen Republik das einfache Volk, das nicht dem alten Adel, den Patrizier*innen (lat. patres „Väter, Vorfahren“), angehörte. Es bestand vor allem aus Bäuer*innen und Handwerker*innen.