[Griechenland] „Anti-Terror-Operation“ in Athen – Worte, Erklärungen und Berichte von betroffenen AnarchistInnen

Quelle: indymedia

Am 8. November 2019 führte eine Anti-Terror-Operation in Athen zu zwei Festnahmen, bei denen die Anarchisten des Raubes und der Beteiligung an einer Terrororganisation angeklagt wurden. Gleichzeitig suchen die Behörden nach einem weiteren Genossen. Bei dieser Operation überfiel die griechische Anti-Terror-Polizei 13 Häuser und nahm 16 Personen zur Befragung fest.

Die nachfolgenden drei Botschaften der von der Anti-Terror-Operation Betroffenen sind auf athens.indymedia.org in Griechischer und Englischer Sprache erschienen. Die Englischen Stellungnahmen wurden ins Deutsche übersetzt. Dabei wurde darauf geachtet sinngemäß zu übersetzen, leider können einige Formulierungen in ihrer Schärfe und Komplexität durch die doppelte Übersetzung verschwommen sein. Wir bitten um Anmerkungen und Verbesserungen sollten wir unserem Anspruch in ihrem Sinne die Worte der GefährtInnen übersetzt zu haben nicht gerecht geworden sein.

Wir halten es für notwendig die Erfahrungen der GefährtInnen weiter zu tragen und ihre Worte zu verbreiten. Sie hat es getroffen, gemeint sind wir alle!

Kraft und Freiheit für die Gefangenen und den gesuchten Gefährten!

 

Botschaft des anarchistischen Genossen Vangelis Stathopoulos vom GADA-Anti-Terror-Hauptquartier

Wieder einmal bin ich in der GADA beschuldigt für Handlungen. Doch dies trifft mich nicht, und zwar deshalb weil ich nicht aufgehört habe gegen Staat und Herrschaft zu kämpfen. Die von der Terrorismusbekämpfung ausgearbeiteten Szenarien tangieren mich nicht. Ich werde weiterhin standhaft bleiben und kämpfen entweder außerhalb oder innerhalb der Gefängnisse.

Vangelis Stathopoulos – GADA-Kerker


15. November 2019

Von Myrto S.

Öffentlicher Bericht über die Operation der staatlichen Terror-Einheiten und meine Festnahme

Am Abend des 8. November, gegen 19 Uhr, umringten 20 vermummte Söldner der „Anti-Terror“ Polizei und zwei Überfallkommandos der Aufstandsbekämpfungseinheiten (MAT) das Haus am Strefi Berg, wo ich mit meinem Partner und Kind wohne. Da ich zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause war, haben sie wahllos einen Nachbarn als Zeugen für die Durchsuchung herangezogen. Die gesamte Investigation dauerte bis 1 Uhr Nachts, die beschlagnahmten Materialien umfassten, so wurde ich später während meiner Gefangenschaft in der 12. Etage des GADA (Polizeihauptquartier) informiert, eine große Anzahl an Notizen und politischen Texten, einen Laptop und Speichergeräte.

Es ist nicht das erste Mal gewesen, dass die Bullen in das Zuhause des Anarchisten D.X. eindrangen und persönliche Gegenstände, politisches Material, Computer und andere wertvolle Gegenstände plünderten ohne Relevantes für ihre Ermittlungen zu finden. Die letzte Razzia fand am Tag der Räumungen des GARE Squats und drei weiteren Besetzungen am 26. August diesen Jahres, statt, wo sie den Genossen D.X. aus der Nachbarschaft kidnappten und ihn in ein verlassenes Haus verschleppten. Sie hatten dort einen Durchsuchungsbeschluss und suchten Drogen und Waffen, da jemand die Bullen benachrichtigt hatte, dass D.X. sich dort versteckt haben solle. Da sie in diesem Gebäude nichts fanden, setzten sie ihre Durchsuchung in unserem Zuhause fort, ohne Resultate. Der Zweck der ganzen Aktion war natürlich uns die Nachricht zukommen zu lassen, dass sie wann immer es ihnen beliebt Kämpfende mit irgendetwas bezichtigen werden und damit nicht genug, uns wie Drogendealer im Schlamm begraben können.

Die Nachricht der Razzia am 08. November kam nicht unerwartet. Es war mir klar, dass das Haus und auch ich persönlich seit einiger Zeit beschattet wurden. Da sie mich nicht zu Hause antrafen, holten sie mich am Morgen des 09. November aus dem Haus von Verwandten, wo ich die Nacht mit meinem Kind verbracht hatte. Fünf vermummte Männer der DAEEV (Anti-Terror Einheit) und ein Staatsanwalt verschafften sich Zugang zum Haus und forderten mich auf als Zeugin in einem Raubüberfall mit ihnen zu kommen. Ich verweigerte dies und forderte sie auf mir einfach eine Vorladung zu schicken, daraufhin drohten sie mir mich auch mit Gewalt mitzunehmen. Am Ende führten sie mich ohne Handschellen ab und brachten mich in die 13. Etage der GADA in ein Büro mit einem vermummten Bullen, der mich ununterbrochen überwachte. In der Zwischenzeit durchsuchten sie die Wohnungen der Schwester und der Mutter meines Partners. Ich sehe es als Notwendigkeit an, meine Erfahrung und was an diesen Tagen geschah dem allgemeinen Wissen zugänglich zu machen.

Die Gedanken sind ihr Ziel

In meiner Auffassung ist eine der wichtigstem Methoden der Terror Einheiten der Einsatz einer universellen psychologische Kriegswaffe. Psychologisch, weil es darauf abzielt jeden Widerstand mit allen psychologischen Mitteln zu brechen, und universell, da sie alle ins Visier nimmt.

Das Verhör in den weißen Büros der „Anti-Terror“ Einheit ist eine reine Theatervorstellung, interaktiv, mit ungewissem Ausgang. Die Verweigerung des Zugangs zu einem Anwalt unter dem Vorwand, dass dies eine vorbeugende Verfolgung und keine Verhaftung sei, macht einen Schritt der Isolation der sukzessive ihren Terror über uns bringen soll. Was dem folgt ist das ewige Festhalten auf einem Stuhl, in einem Büro, in absoluter Stille, alles was bleibt ist dem absoluten Feind gegenüber zu sitzen und die einem bleibenden eigenen Gedanken. Dies ist Folter, Qual und Langeweile, die unter der Androhung einiger erfundener Anschuldigungen und längerer Gefangenschaft und natürlich mit der gewaltsamen Trennung von meinem kleinen Kind vollzogen wird. Letzteres betrifft nicht nur mich, sondern vielmehr das Kind selbst, ein Fakt der die Folter per se verschlimmert. Das typische Verhör besteht aus einer fünf minütigen „Unterhaltung“ mit irgendeinem Verhörspezialisten, der sofort fragte wo D.X. sich aufhalte und ob ich wisse in welche Dinge er involviert sei etc.. Auf Mein Statement, dass als Anarchisten unsere politischen Aktionen bekannt sind und das der genannte Genosse in der letzten Zeit besonders ins Fadenkreuz genommen wurde, sogar mit dem Versuch ihm Waffen und Drogen anzuhängen, kam die Erwiderung: „Wir tun so etwas nicht, das war eine andere Behörde“! Desweiteren würden sie sich nicht für seine politischen Aktivitäten interessieren, sondern nur für illegal Aktionen. Er verkündete das D.X. wegen Raubes und für die Dinge die in meinem Haus gefunden wurden gesucht, festgenommen und angeklagt werden würde, ohne mir mitzuteilen um welche Gegenstände es sich handele. Es scheint, dass die Androhung falsche Beweise zu platzieren, ein Instrument aller Verfolgungsbehörden zu sein scheint. Von dem Zeitpunkt meiner informellen Festnahme bis zu der offiziellen Anklage vergingen 8 Stunden, die nur kurz durch eine „humanitäre“ Intervention des „Anti- Terror-Einheit“-Chefs unterbrochen wurde, der seine Sorge um Dimitri’s Gesundheit zum Ausdruck brachte und zu mir meinte, dies sei das doch alles nicht wert.

„Warte ein bisschen“ war die einzige Phrase die mir in den 8 Stunden von den vermummten Wachen entgegengebracht wurde. Ich verweigerte Wasser und Essen bis ich in die Zellen der 7. Etage gebracht wurde, wissend, dass Vergiftung ein Werkzeug der Folter und des Verhörs dieser Behörden ist. Als zum Schluss meine Anklage erhoben wurde, erfuhr ich, dass ich für den Fund von ein paar Schwertern, unbestimmbaren Rauchsignalvorrichtungen und ein paar Messern festgehalten wurde und am nächsten Tag dem Gericht vorgeführt werden solle.

Auf dem Weg zwischen einem Büro zum nächsten, stellten sie sicher, dass sich meine Wege mit anderen inhaftierten Zeugen kreuzten unter welchen ich GenossInnen erkannte. Das war der Moment an dem ich realisierte, dass eine umfangreiche Operation mit Verfolgungen, Razzien und möglichen Inhaftierungen von GenossInnen im Gange war. Ebendies wurde mir am nächsten Tag durch meinen Anwalt bestätigt, als ich dem Haftrichter vorgeführt wurde, bewacht von vermummten Wachen mit Maschinengewehren, obwohl mir nur Vergehen vorgeworfen wurden. Begründet wurde dies indem sie kund taten, ich sei die dritte Inhaftierte im Fall der Aufdeckung der Gruppe Revolutionäre Selbstverteidigung, für den der Anarchist V.S. und ein weiterer Genosse gefangen genommen seien und für welche mein Partner D.X. gesucht werde. Für meinen Fall wurde ich am nächsten Tag, mit derselben Spezialbehandlung der DAEEV ins Gericht gebracht. Das Verfahren wurde auf den 25. November verschoben, mit der Begleitforderung de Staatsanwalts, dass ich das Land nicht verlassen dürfe und alle meine Personaldokumente abzugeben hätte. Das Gericht widersprach dem und ich wurde vorerst ohne weitere Restriktionen entlassen.

Vom 08. November bis heute fanden dutzende Entführungen von GenossInnen und Razzien statt, die auch weitergehen werden. Ihr gesetztes Ziel ist endlos und weit gefasst, es betrifft GenossInnen von Besetzungen oder offenen Versammlungen, persönliche und soziale Beziehungen mit einem klaren Fokus auf das GARE Squat. Darauf wo es sich eingebracht hat, wie in den Kämpfen gegen Repression, besonders in Exarchia, der Solidarität mit politischen Gefangenen, internationale Solidarität und dem Kampf um die Besetzungen. In diesem Rahmen fand auch am 9. November die Belagerung und Invasion in der Nachbarschaft von Prosfygika mit Entführungen und langwierigen Verhören von Mitgliedern des besetzten Prosfygika-Viertel und die Plünderungen in den Häusern von GenossInnen aus der Nachbarschaft durch die Terroristen statt. In der Zwischenzeit bereichern die Sprachrohre der Autoritäten die Kriminalisierung der grass-root organisierten Räume mit Andeutungen von „Informationen“ darüber, dass der gesuchte Genosse sich in Besetzungen in Exarchia aufhält. Darüber hinaus haben sie bereits klargestellt, dass sie nach der vergangenen Pseudo-Linken Regierung, nach und nach die gesamte anarchistische Bewegung kriminalisieren werden. Praktiken des Kampfes werden als egoistische Verbrechen verleumdet und die Kämpfenden als Mafiosi, Schmuggler und Drogenhändler diffamiert. Diese gut orchestrierte dunkle Propaganda wurde mit besonderem Augenmerk auf das GARE Squat und den gesuchten Genossen in der vorangegangenen Periode bereits getestet.

Diese Operation findet wenige Tage vor dem Jahrestag des Polytechnio-Aufstands in einem Klima allgemeiner Unterdrückung und Angstverbreitung gegenüber denjenigen die Widerstand leisten statt. Dieser Zeitpunkt ist kein Zufall. Schon lange phantasierten die politischen Autoritäten in den Jahren der Sparmaßnahmen davon das Polytechnio in ein Museum zu verwandeln, mit anderen Worten davon jede Erinnerung und Aussicht auf eine Revolte zu Mumifizieren. Die Herrschenden und ihre Sheriffs verkünden schon seit Langem und implementieren bereits jede widerständige Praxis und Struktur umfassend anzugreifen bis hin zu der verstärkten Plünderung und Ausbeutung der ProletarierInnen, um sicherzustellen, dass die Vampire dieser Welt etwas mehr unseres Blutes saugen können. Das ist warum sie Besetzungen Räumen, dies ist wieso sie alle Orte des Zusammenkommens und Organisierens von der Karte streichen wollen, deswegen wollen sie unsere Nachbarschaften unter den Trümmern der Gentrifizierung begraben, dies ist der Grund wieso sie mehr Gefängnisse bauen, wieso sie unsere Straßen mit Bullen und DenunziantInnen fluten, wieso sie einen Apartheitsstaat für die Migrant*innen und die anderen ins Elend gezwungenen Menschen erschaffen. Weil sie Angst haben…

Aber wir, die ins Elend und die Armut gezwungenen, wir die Widerstand leisten sind keine Mäuse die sich in dunklen Abwasserkanälen verstecken. Unser „Kreis“ ist die gesamte Welt. Und wir wissen, dass wir frei sind solange wir kämpfen.

Kraft und Freiheit für die Gefangenen und den gesuchten Genossen!

Tod dem Faschismus!


11. November 2019

Von Karavoltsios Dimosthenis

Öffentliche Anklage zu meiner Verschleppung und Inhaftierung durch die Anti-Terror Einheiten am 09. November 2019

Manche der Geschehnisse vom 09. November sind bereits bekannt, da die nach Aufmerksamkeit heischenden, bürgerlichen Denunzianten der Medien bereits alle mit den Nachrichten über die Inhaftierungen der von ihnen als „Revolutionäre Selbstverteidigung“ benannten Gruppe überschwemmten. Hingegen wurden einige Informationen zum Charakter der Operation, wie die Verfolgung von GenossInnen und die Stürmung von zehn Wohnungen in terroristischer Manier, als „Kollateralschäden“ beiseite gelassen..

Um die Geschichte von Anfang an zu erzählen

An genanntem Tag gegen 12 Uhr Mittags, während ich gerade auf dem Weg von meiner Wohnung in der Prosfygika Nachbarschaft an der Alexandras Straße zu dem örtlichen sozialen Zentrum 50 Meter weiter war, überfiel mich eine Horde Männer, Terroristen der DAAEB, manche von ihnen vermummt und verschleppte mich in das zentrale Polizeihauptquartier. Mit mir zusammen entführten sie eine Genossin, einen Genosse und drei meiner Nachbarn, zwei von ihnen waren in der Nähe der dritte wurde verhaftet, als er aus seinem Haus kam und stehenblieb, um zu sehen was dies für eine „aufsehenerregende“ Situation in der Nachbarschaft war. Zur gleichen Zeit wurde ein Nachbar verhaftet, der gerade aus seiner Haustür kam. Diese Szene des Terrors war offensichtlich bereits gut vorbereitet. Seit der vorherigen Nacht, genauer vorangegangene Nacht um 1 Uhr morgens, als in ähnlicher Manier ein Genosse überfallen und festgenommen wurde, der gerade aus meiner Wohnung trat, was zu dieser Zeit niemand mitbekam. Er fand sich in einem zwölfstündigen Verhör wieder und wurde erst eine halbe Stunde vor dem Überfall auf mich und meine anderen GenossInnen entlassen.

Um die Situation genauer zu beschreiben: als ich an dem Morgen die Tür zum sozialen Zentrum erreichte, hörte ich Schreie hinter mir. Als ich mich umdrehte sah ich die Terroristen gestresst, eifernd und nervös auf mich zu rennen. Sie schrien, dass ich stoppen solle. Ich bewegte mich langsam auf sie zu und teilte ihnen beschwichtigend mit, dass sie sich beruhigen und durchatmen sollten, da ich lediglich in der Nachbarschaft umher ging und sicherlich keine Waffe bei mir tragen würde. Was sie später auch heraus fanden, als sie mich in der Polizeistation durchsuchten. Wahrscheinlich hatte ich Glück, dass sie mich in der Gegenwart von Menschen die mich kennen ausfindig machten, da ich mir sicher bin, wäre dies zu einer anderen Tageszeit und nicht mitten am Tag der Fall gewesen, dann hätten mich meine Genossen für Stunden im Labyrinth des Staates und den Para-Staatlichen Einheiten der Willkür gesucht hätten.

Von Anfang an fragte ich nach den Gründen für diesen Überfall und bestand darauf zu erfahren, ob ich Ingewahrsam genommen oder Inhaftiert würde. Sie bestritten, dass ich verhaftet sei und beteuerten, dass dies nur eine simple Ingewahrsamnahme darstelle. Sie fesselten meine Hände mit Handschellen auf meinem Rücken und verfrachteten mich in ein ziviles Polizeiauto. Sie brachten mich, wie auch die anderen GenossInnen, ins GADA und von dort aus in die 12. Etage ins berüchtigte Anti-Terror Dezernat. Sie ließen uns dort im Flur stehen, mit den Gesichtern zur Wand, immer noch gefesselt und begannen nacheinander unsere Ausweisdokumente zu prueefen. Während unseres gesamten Aufenthalts dort wurden wir von maskierten Männern und eventuell von Kameras, die um uns herum waren, überwacht.

Gegen zwei Uhr nachmittags fragte ich erneut nach dem Grund meiner Verschleppung und machte klar, dass ich wegen eines ernsten Gesundheitsproblems um 15 Uhr meine Medikamente einnehmen müsse. Ich verkündete, dass die einzige Möglichkeit des aktiven Widerspruchs die mir in dieser Situation bliebe und die ich ergriff, die sei, in einen unverzüglichen Hunger- und Durststreik zu treten, bis sie mich über den Grund meiner Inhaftierung unterrichten und mir meine Medikamente zugänglich machten. Dies war nicht nur ein Akt des Widerstands gegen die Gewalt der Polizei mir gegenüber, als auch eine Vorsichtsmaßnahme gegen die Foltermaßnahme mit vergiftetem Wasser und Essen, fur das die Anti-Terror Einheit im Umgang mit seinen Geiseln bekannt ist. Ich blieb in diesem Streik bis zu der Minute meiner Entlassung viele Stunden später. Mir war bewusst, dass in dieser Situation die Kombination aus fehlender Medikation und Nahrungs- und Wassermangel schwere Konsequenzen für meine Gesundheit bedeuten könnte und das, wo doch in solchen Momenten einem Kämpfer nichts außer seinem Körper und dem Geist bleibt. Ich begann mit all meiner Kraft danach zu rufen, dass man mich zu irgendeiner verantwortlichen Person bringe und verlangte meine Medikamente. Trotz der möglichen gewaltvollen Reaktion ihrerseits, fuhr ich damit fort. Einer der Vernehmungsbeamten brachte mich in einen Raum, befahl mir mich zu setzen und begann eine Befragung, die das Ziel hatte zu erfahren, ob ich D.X. kenne. Ich antwortete, dass ich ihn natürlich kenne, dass er Anarchist sei, aber nicht wisse wo er sich aufhalte. Nach der dreiminütigen „freundlich gehaltenen“ Befragung brachten sie mich in den Raum zu den anderen und verkündeten, dass sie mich in einer halben Stunde entlassen würden, was nicht passierte, da sie lediglich blufften und die anderen einzeln nacheinander entließen. Nachdem ich noch mehrere Stunden dort festgehalten wurde, ohne den Grund zu kennen und ohne die Möglichkeit einen Anwalt zu kontaktieren, wurde ich um 19:30 Uhr entlassen. Es wurde keine Anklage gegen mich erhoben und die persönlichen Gegenstände, die mir vorher genommen wurden, wurden zurückgegeben.

Razzia in meiner Wohnung und dem gesamten Wohnkomplex in dem ich lebe

Während ich in der 12. Etage des Anti-Terror Dezernats gefangen gehalten wurde, brachen andere maskierte Männer der selben Einheit bei mir ein und starteten eine Orgie des Terrors gegen die EinwohnerInnen der Nachbarschaft. Sie razzten nicht nur meine Wohnung, sondern das gesamte Gebäude. Bis an die Zähne bewaffnete, vermummte Männer terrorisierten eine Mutter mit ihrem Kind, indem sie ihre Haustür fast aus den Angeln brachen und sie gewaltvoll daran hinderten vor ihnen zu fliehen und in Sicherheit zu gelangen. Sie forderten von ihr als Zeugin der Durchsuchung zu fungieren und bei allen Durchsuchungen der Wohnungen dabei zu sein, auch bei denen, bei welchen die BewohnerInnen nicht einmal anwesend waren. Das gleiche Szenario wurde in sechs Wohnungen, meiner eingeschlossen, mit der indiskreten Mentalität der „kollektiven Verantwortung“ vollzogen. Hier zeigt sich die Essenz eines Terrorregimes, die Herrschaft und der Zwang über andere durch den Einsatz von Gewalt und Terror. Dies ist der tiefgreifende Unterschied Terror als reines Instrument des Terrorisierens und Terror als Mittel zur Erhaltung von Macht und Herrschaft. Denn worauf sonst, denn auf die Verbreitung von Angst und Schrecken, zielten die Terroreinheiten an diesem Tag? Wieso sonst stopften sie für Stunden eine Nachbarschaft von ProletarierInnen und MigrantInnen mit schwerbewaffneten, maskierten Männern voll? In den vergangenen Monaten wurden ich, aber auch andere GenossInnen aus der Nachbarschaft von Prsofygika, offensichtlich überwacht, als Teile einer Gemeinschaft von Besetzungen und sozialen Kämpfen. Und das ist kein Einzelfall. Das Gleiche passiert vielen kämpfenden Personen zur Zeit – bis hin zu AkademikerInnen, die nach kürzlich veröffentlichten Anschuldigungen offensichtlich verwanzt würden.

Bringt die gestohlenen Gegenstände zurück

Zurück zu der Invasion meiner Wohnung. Nachdem sie das komplette Haus auf den Kopf gestellt hatten, fanden sie natürlich weder die Waffen, noch die Drogen auf welche sie gehofft hatten. Misslicherweise für sie, fanden sie lediglich Dinge, die mit öffentlichen und gemeinschaftlichen politischen Vorgängen und Aktionen zu tun hatten oder mit Dingen, bei denen ich kein Problem habe sie öffentlich zu verteidigen. Die Horden der Anti-Terror Einheiten und der Staatsanwalt sammelten alles, was für sie interessant erschien – genauer eine große Sammlung an persönlichem und politischem Archivmaterial, welches nur in den dreckigen Gedanken der Anti-Terror-Einheiten als nützlich für ihre Sache erscheint, trotz der Nutzlosigkeit für ihre aktuelle Operation. Währenddessen stahlen sie auch meinen PC und mein Telefon. Diese Praxis, Sachen bei den Durchsuchungen zu stehlen, ohne Begründung oder juristische Grundlage, misst auch eine juristische Legitimation. Natürlich passiert es trotzdem und trifft auch Menschen, welche nicht einmal angeklagt sind. In diesem speziellen Fall bei fehlender Anklage und während einer simplen Ingewahrsamnahme auch ohne meine Anwesenheit. Welche ethische, politische oder legale Legitimation kann eine solche Praxis haben?

Dennoch war es nicht das erste Mal, dass die Anti-Terror Einheiten unter vorgefertigten falschen Anschuldigungen in Prosfygika eindrangen. Ein sehr ähnlicher Vorfall ereignete sich einige Jahre zuvor, wo ein anderer Anarchist in ihr Fadenkreuz geriet und sie ihm schwerwiegende und aufgeblasene Anschuldigungen aufdrückten und das Gericht im Nachhinein seine Unschuld feststellen musste. Die Praxis Menschen als Geiseln zu nehmen, sie zu foltern und das Kreieren von „Sündenböcken“ und „üblichen Verdächtigen“ um soziale Räume ins Visier zu nehmen sind Kern ihrer Unterdrückungsversuche.

Die Dinge beim Namen nennen

Die Anti-Terror Operation und meine Entführung und Ingewahrsamnahme durch die Anti-Terror Einheit findet in Zeiten harter Schläge des Staates und der neuen Regierung gegen eine soziale Basis, Local’s, MigrantInnen und Flüchtende, die im Territorium des griechischen Staates Leben und Arbeiten, statt. Ein Teil dieser großen Attacke ist die Repression gegen kämpfende AnarchistInnen und ihre Räume und Strukturen, aber auch gegen den noch verbliebenen schützenden institutionellen Kontext, der langsam auseinander fällt, wie der Schutz von Arbeitsbedingungen, das Universitätsasyl usw.. Schon jetzt erinnern die Bilder der dutzenden Frauen und Kindern, die in Polizeibusse gedrängt werden an die Pogrome anderer Regime, anderer Orte, anderer Eras. Ebenso die Bilder der Invasion von Orten des Kampfes innerhalb akademischer Räume. Der erst kürzlich stattgefunden offensive Ausschluss der ASOEE Universität zeigt in umfassender Weise, dass sich eine Front von düsteren Angriffen der urbanen Elite formiert. In seiner Tiefe führt die neoliberale und neokonservative Regierung von Neo Demokratia aus, was die Autorin Naomi Klein umfassend in ihrer Schrift „Schock Doktrin“ als die Politik des Plünderns und der Repression beschreibt, welche die ökonomische und politische Elite vorsätzlich den Bevölkerungen und ihren Ressourcen aufnötigt. In Griechenland, im mittleren Osten, in Chile und Afrika. Es ist mehr als offensichtlich, dass die ersten Maßnahmen die ergriffen wurden, die selben waren wie in den vielen anderen Ländern denen die Tyrannei des Neoliberalismus aufgezwungen wurde. Informationsmonopole, Machtkonzentration bei einer Person, nihilistische politische Positionen, harte politische Unterdrückung. In diesem Weg wird eine moderne Diktatur errichtet, die Diktatatur des 21. Jahrhunderts, ähnlich der Vorgänge, die das 20. Jahrhundert in den selben Dekaden erschütterte. Bedauerlicherweise hat die vergangene SYRIZA Regierung eine neue schwarze Seite aufgeschlagen, ungelernt von Allende oder der Weimarer Republik, brachte sie die Regierung der „Seriösen Goldenen Morgenröte“ hervor. Sie berücksichtigten nicht einmal die stattfindenden Kämpfe in Lateinamerika, wo Staatsstreiche und Interventionen einander abwechseln und die Errungenschaften der Bevölkerungen zu Nichte machen. Um die fortschreitende Dystopie zu lindern, müssen die Kämpfe, welche die griechische soziale Basis zu führen hat, unvergleichlich stärker sein. Das Schlimmste wird jedoch eine Entmenschlichung sein, die versucht, sich in die Menschen zu graben, wodurch das Drehbuch des großen Schriftstellers Kazantzakis „Christus Rekrutiert“ als moderner Albtraum wiederbelebt wird. Abschiebelager, Morde an den Grenzen, Alkoholparties und Schweinefleisch Grill Events neben hungrigen Menschen, faschistische Erziehung…und diese Liste wird endlos bleiben, bis die soziale Basis aufsteht und Widerstand gegen diesen barbarischen Vormarsch leistet.

Soweit es mich betrifft

Ich habe mich und meine Ideen nie versteckt. Seit ich 15 Jahre alt bin, bin ich ein organisierter Anarchist, bin Teil in politischen Kollektiven, sozialen Zentren und Besetzungen und auch Teil von sozialen, Klassen- und internationalen Kämpfen in einem größeren Rahmen. Ich bin in einer progressiven Familie und mit den Geschichten des Widerstands aufgewachsen, mit den Geschichten von meinem Großvater der an den Wahltagen zusammengeschlagen wurde und von meinem Vater aus Zeiten der Diktaktur und den „Bescheinigungen über die staatsbürgerliche Haltung“. Früh genug verstand ich, dass in dieser Welt und in seiner Komplexität zwei Klassen existieren und sich im Kampf befinden: die unterdrückte Gesellschaft und die tyrannischen, unterdrückerischen Eliten. Ich habe meinen Platz als Proletarier im Kampf für soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und Freiheit gefunden. Ich bin stolz auf mein Leben und meine Kämpfe und immer im Dienste der Schwachen ohne persönlichen Nutzen daraus zu schlagen.

Aus diesen Gründen habe ich keine Angst vor falschen Anschuldigungen und Einordnungen des Staates und bin immer bereit mich selbst, sowie die grundlegenden Prinzipien und Werte des sozialen Kampfes zu verteidigen. In der selben Art und Weise werde ich alle meine öffentlich persönlichen und politischen Beziehungen mit AnarchistInnen, egal welche Art von Galgen über ihren Köpfen hängen, verteidigen und egal was für Erpressungen oder Geschäfte mir angeboten werden auf diese verzichten.

Mit dieser Nachricht erkläre ich, dass ich wie zuvor weiter kämpfen werde, denn ich kämpfe seit langer Zeit voller Leidenschaft für Freiheit und Liebe für meine Mitmenschen und Mutter Natur. Auch weil ich nichts zu verlieren habe außer meine Ketten. Wenn die Möchtegern-Verfolger mich finden möchten, wissen sie sehr genau wo sie mich finden können.

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