Quelle: freedom for thomas
Gehen Sie doch in ihre Zelle und hängen sich auf!
Vor einigen Jahren machte die Stationspsychologin Frau W. in der JVA Freiburg Furore mit dem Hinweis auf ‚Kollateralschäden‘, die im therapeutischen Alltag nun mal entstehen würden, wenn die Anstalt etwas umsetzt. Nun hat sie offenbar einem Sicherungsverwahrten den Rat gegeben, er möge sich aufhängen.
Herr M. in der Freiburger Sicherungsverwahrung
Vor vielen Jahren lernte ich Herrn M. in der JVA Bruchsal kennen, er war noch keine 30 und hatte schon die Sicherungsverwahrung (SV) vor sich. Zusammen mit Peter, der im Herbst 2018 dann in Haft verstarb, saßen wir Sonntags gerne bei Kaffee und Keksen zusammen. Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr um Jahr. Als Herr M. dann 2018 in die JVA Freiburg verlegt wurde, um dort die SV zu verbüßen, stellte er recht rasch fest, dass die relativ positiven Beurteilungen aus Bruchsal, hier wenig zählten. Nachdem er mit dem ihm zugewiesenen Therapeuten G. keine tragfähige Beziehung aufbauen konnte, wurde Herr M. auf die Station 2 (seit 2013 als die ‚Todesstation‘ bekannt und auch ein bisschen berechtigt) verlegt, wo Frau Diplom-Psychologin W. für ihn zuständig sein sollte.
Frau Psychologin W.
Während ihr Ehemann in der Strafanstaltsabteilung arbeitet, ist sie seit 2012 im Bereich der SV engagiert tätig. Wie sie selbst immer wieder und nachdrücklich berichtet, sei sie oftmals sehr eingespannt, gestresst und brauche dringend Erholung. Phasenweise betont sie dies so ausdrücklich, dass sich jene Insassen die in einem intensiven therapeutischen Dialog mit ihr befinden, von der Sorge umgetrieben werden, sie könnte abspringen und einen Burn Out bekommen. Manche ihrer Bemerkungen sind recht speziell. Das erfuhr ich selbst, als nach einer Zellenrazzia in meinem Haftraum 2019 Aufkleber gefunden wurden. Einer trug die Aufschrift: ‚Die ganze Welt hasst die Polizei‘. Auf mein Unverständnis was hieran denn zu bemängeln sei, meinte sie trocken, also wenn man bei einem pädophilen Sicherungsverwahrten Kinderbilder fände, dann würde sich die Anstalt ja wohl auch zurecht so ihre Gedanken machen; solche Aufkleber wie der meine sprächen für ein hohes Aggressionspotential.
Hängen Sie sich auf!
Vor ein paar tagen hatte Herr M. seinen üblichen Termin bei Frau W. Wie er hernach erzählte, habe er mit ihr darüber gestritten, dass es seiner Ansicht nach zu Sonderbehandlungen für Lieblingsinsassen der Psychologin komme. Er selbst habe seine Hochzeit im Dezember letzten Jahres nicht in einem teuren Restaurant feiern dürfen, ein anderer Insasse gehe aber bei seiner Ausführung in exquisite Restaurants die mindestens ebenso teuer seien. Oder wenn es um den Termin für Autogenes Training gehe, werde zeitnah der Wunsch eines bestimmten Insassen berücksichtigt, ohne auf die Interessen anderer Insassen einzugehen, oder diese auch noch vorab zu befragen.
Sie sei, wie Herr m. berichtet, im Rahmen dieses Gesprächs sehr emotional geworden und habe im schließlich den Ratschlag gegeben, er möge doch in seine Zelle gehen und sich aufhängen. Hieraufhin habe er das Gespräch beendet und telefonisch seine Ehefrau und auch seinen Anwalt informiert.
Ein Stationsbeamter kommentierte den Vorfall lapidar, dass Frau W. wohl schon im Moment als sie diesen Ratschlag gab, merkte, dass er verfehlt war. Sie hat sich anschließend auch schriftlich und mündlich bei Herrn M. entschuldigt.
Die neue Suizidpräventionsstrategie ?
Die JVA Freiburg behauptet nach jedem Suizid, sie verfüge über hervorragend geschulte MitarbeiterInnen und eine ausgeklügelte Suizidprävention. Wenn dann leitende Fachkräfte, aus welcher emotionalen Erregung oder Befindlichkeit heraus auch immer, einem Insassen raten, er möge sich umbringen, fragt sich der Laie, wo man denn diese Strategie wohl lehrt.
In den 80’ern gab es gerade im Bereich der SV in Freiburg eine ganze Suizidserie; angesichts der enormen Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit nicht wirklich überraschend.
Herr M., viele Jahre intensiver therapeutischer Arbeit hinter sich, in der JVA Bruchsal im Grunde nicht weit davon entfernt in den offenen Vollzug zu wechseln, kommt dann hier zur Vollstreckung der SV nach Freiburg und erfährt hier, dass all die Erfolge nicht viel zählen. Ihm dann, der noch keine 40 ist, als Alternative das Erhängen anzubieten, nun über die Sinnhaftigkeit und auch das Menschenbild das hier sichtbar wird, kann sich jede/r selbst ein Urteil bilden.
Thomas Meyer-Falk, c/o JVA (SV),
Hermann-Herder-Str.8,
D-79104 Freiburg
Deutschland