Quelle: Liebig34
Liebe Nachbar*innen, liebe Genoss*innen,
an alle die noch nicht aus der Stadt der Reichen verdrängt wurden!
Am 15. September hat uns ein Schreiben vom Gerichtsvollzieher T. Knop erreicht: Darin steht, dass wir am 9. Oktober um 7 Uhr morgens geräumt werden sollen. Ein riesen Polizeiaufgebot soll die gesamte Straße abriegeln, gewaltsam ins Haus eindringen und uns aus unseren Zimmern, unseren Küchen, unserem geliebten zu Hause raus auf die Straße zerren.
Die Liebig34 ist seit 30 Jahren fester Bestandteil dieses Kiezes. Sie hat ihn mitgestaltet, unterhalten, hat anggeeckt und Widersprüche aufgezeigt. Die Liebig ist und war ein Ort für Vernetzung und Zusammenkommen. Tausende Menschen sind durch diese Tür ein und ausgegangen. Haben hier gewohnt, mitgestaltet, die Räume bemalt, hinterm Tresen gestanden, im Infoladen gestöbert, an der Feuertonne gesessen, von einer besseren Zukunft geträumt.
Eine Bewohnerin meinte mal in einem Interview: wenn diese Wände reden könnten, sie würden die verrücktesten Geschichten erzählen. Ein großes Stück Kiezkultur ist in diesen Wänden verwoben und soll uns jetzt genommen werden.
Die Liebig ist unser zu Hause, unser Rückzugsort, da wo wir Kraft tanken, um kämpferisch in den neuen Tag starten zu können. Das Haus ist ein widerständiger Ort, an dem sich nicht nur die GentrifiziererInnen im Kiez aufreiben, sondern auch Macker, die denken, Leute aufm Dorfplatz scheiße anzumachen. Die Liebig ist ein Ort der Solidarität, wo Menschen über die Jahre immer wieder ein Bett gefunden haben, wo sie sich vom Stress draußen in der Welt erholen konnten. Wo Leute unterstützt wurden, die Scheiße erfahren haben, wo man sich unter die Arme greift, wenns mal finanziell knapp wird.
Die Liebig ist vor allem eins der Symbole einer Stadt, wie sie sein könnte, wenn wir sie selber gestalten dürften. Immer weniger solcher Orte existieren und weichen Luxusbauten und Kapitalanlagen. Wenn diese Häuser erstmal weg sind, können wir sie nicht wieder zurück holen. Mit ihnen geht nicht nur Wohn- und Lebensraum verloren, sondern auch ein Berlin, welches nicht nur für Reiche, Start Ups und als Touriattraktion dient. Es steht für eine Stadt von unten. Dieser Kiez wird nicht mehr der selbe sein, wenn solche Ort verschwinden. Yuppie Cafés ersetzen die kollektiven Ort der Begegnung schon jetzt teilweise. Eine klinisch Reine Bambiland atmosphäre voller steriler Neubauten ersetzt die Alten Häuser, die diese Stadt in und auswendig kennen.
Wir haben nicht mehr viel Zeit, doch wir können sie nutzen, um mit aller Kraft zu zeigen, welches Berlin wir leben wollen. Organisiert euch, kommt vorbei – zeigt denen, die für diese Ungerechtigkeit verantwortlich sind, wie kacke wir das finden. Zeigt mit uns, dass dieser Kiez nicht nur Wohnungseigentümer*innen und Investor*innen gehört, sondern den Menschen, die ihn jeden Tag leben.
Seit kreativ. Am 9. Oktober darf die Liebig nicht geräumt werden. Für einen Kiez von unten!
Liebig 34 bleibt!