Aus der Webseite der anarchistischen Publikation Todo por Hacer entnommen.
2007 veröffentlichte Naomi Klein die Schock-Strategie: Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, eine wichtige Studie, die erklärte, dass die unpopulärsten Reformen des Neoliberalismus (entworfen von Milton Friedman und der Chicagoer Schule) nach traumatischen Ereignissen, die sich auf die Sozialpsychologie auswirkten (Schocks), durchgesetzt wurden. Globale Umwälzungen wie der Falklandkrieg (1982), der Tsunami in Indonesien (2004), 9/11 (2001) oder der Hurrikan Katrina, der New Orleans verwüstete (2005), wurden genutzt, um die Klassenunterschiede durch die Verabschiedung ultraliberaler sozioökonomischer Reformen, die den Wohlfahrtsstaat untergruben, zu vertiefen.
Während der Entwicklung der Krise aufgrund des Covid-19 konnten wir
zahlreichen Interventionen von Regierungsvertretern beiwohnen, wobei wir
auf die Erzählung zurückgreifen, dass wir uns in einem Krieg befinden.
In
jedem Berliner Park eine Wanne. Die Besatzungen beäugen
misstraulisch jede Aktivität Derjenigen, die sich in die
Frühlingssonne gewagt haben. Drei Fußball spielende Kinder sind ein
Grund einzuschreiten. Wir haben schon vor Jahren gelernt, ab Drei ist
man eine terroristische Vereinigung. Nun also auch die Kinder. Völlig
willkürliche Größenordnungen werden verkündet und durchgesetzt.
Wir erinnern uns, noch vor ein paar Wochen versammelten sich
Zehntausende in den Fußballstadien, da waren schon Tausende in China
an dem Virus gestorben, der jetzt als Begründung für jegliche
Absurdität des Pandemie Ausnahmezustandes herhalten muss. Drei
Kinder sind eine Gefahr, fünfzig Menschen in einen S Bahn Waggon auf
dem Weg zu gesellschaftlich unsinniger Arbeit sind kein Problem.
CHRONIK VON AUFSTÄNDE, GEFÄNGNISAUSBRÜCHEN UND VORFÄLLEN AUFGRUND DER CORONAVIRUS-KRISE
Der Alarmzustand, in dem wir uns aufgrund der sozialen
Panik und der durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Gesundheitskrise
befinden, hat in verschiedenen Teilen der Welt Eindämmungsmaßnahmen mit
sich gebracht, die immer weiter verbreitet werden. Diese Maßnahmen
werden in vielen Gefängnissen durch die Aussetzung von Familienbesuchen
umgesetzt, die das Einzige ist, was die Gefangenen mit der Außenwelt und
ihren Menschen verbindet. Die Erlaubnisse für Freigänge unter der
Wochen in mehreren Zentren, Besuche und Vis a Vis mit Anwälten wurden
ebenfalls ausgesetzt. Gleichzeitig werden die Telefontarife erhöht und
die Anrufe über die NIS personalisiert, um die Weiterleitung von Anrufen
zwischen den Gefangene zu vermeiden. Diese soziale Isolierung zeigt
sich, wenn die Schließer („Gefängnisbeamte“) täglich zwischen den
Gefängnissen hin- und hergehen und keine Schutz- und
Vorbeugungsmaßnahmen gegen die Pandemie haben. Aufgrund dieser
restriktiven Bedingungen sind in verschiedenen Gefängnissen auf der
ganzen Welt Versuche zur Rebellion aufgetreten, und hier ist eine Liste
derer, die wir sammeln konnten.
Die Geißeln sind in der Tat eine
gewöhnliche Sache, aber man glaubt kaum an Geißeln, wenn sie auf den
Kopf fallen. In der Welt hat es zu gleichen Teilen Seuchen und Kriege
gegeben; und doch erwischen Seuchen und Kriege die Menschen immer
unvorbereitet. (Albert Camus, Die Pest)
Chaos… oder nicht?
Die Ankunft der Epidemie in Italien ist der Ausgangspunkt einer noch
nicht bekannten Umwälzung. Die Wirtschaft bricht zusammen. Hunderte von
Milliarden Euro sind verschwunden. Die Geschäfte werden geschlossen.
Öffentliche Ämter, Schulen, Sporthallen… alles ist blockiert. Nur
Supermärkte und Geschäfte für den grundlegenden Bedarf bleiben geöffnet
und werden täglich geleert. Die Menschen gehen meist aus dem Haus nur
zum Einkaufen. Aus Angst sprechen sie nicht miteinander, jeder versucht,
so schnell wie möglich es alles zu erledigen. Es scheint als wäre ein
vor-apokalyptisches Szenario zu sein, manche könnten denken, dass dies
das Vorzeichen zu einer Periode des Chaos ist. Doch die heutige
Situation scheint ganz anders als chaotisch: Millionen von Menschen
geben es auf, ihren Haus im Namen einer kollektiven Verantwortung voller
Patriotismus zu verlassen, der Staat befehlt und die Bürger gehorchen;
einige aus Angst, andere, um Vergeltungsmaßnahmen zu vermeiden.
Beziehungen werden meist durch Computermedien vermittelt, und der
menschliche Kontakt ist Verstoß der kollektiven Gesundheit geworden. Die
Wirtschaft orientiert sich an webbasierten Plattformen, große
multinationale Unternehmen verwalten den gesamten Warenverkehr und
Supermarktketten werden zum Hauptbezugspunkt, um die Bedürfnisse zu
befriedigen. Der Unterricht erfolgt über eine Fernverbindung, sicherlich
werden die Klassenzimmer jetzt ruhig sein… Was wäre bei all dem
chaotisch?
Natürlich ist die Lage in den Krankenhäusern alles andere als unter
Kontrolle, aber warum sollte es so überraschend sein, hat sich der Staat
jemals um die Gesundheit der Menschen gekümmert? Krankheit ist mehr als
eine Bedrohung sondern es ist eine Gelegenheit zu Profit oder
Kontrolle.
Der Ausnahmezustand ist das neue Normal. Die derzeitigen gesellschaftlichen Einschränkungen bis hin zu vollständig außer Kraft gesetzten Grund-, Bürger- und Menschenrechten, in der Absicht einer (unbestritten notwendigen) Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus überschlagen sich. Beinahe täglich werden weiter gehende Vorschläge diskutiert und per Allgemeinverfügung umgesetzt. Wir sind uns daher bewusst, dass unser heutiges Augenmerk (22.3.20) auf aktuell besonders weit greifende Maßnahmen in wenigen Wochen in ein neues Koordinatensystem von Akzeptanz bzw. Empörung einsortiert werden wird. Die Geschwindigkeit dieser Koordinatenneusetzung könnte ein geeignetes Maß für die Transition vom Antiterror- zum epidemischen Ausnahmezustand sein. Darin erfährt der „Gefährder“ eine qualitative Neuinterpretation.
Sein Name ist mir letzte Woche buchstäblich in den Sinn gekommen. Ich war unterwegs, um Brot zu holen, und als ich in der Bäckerei ankam, zählte ich instinktiv diejenigen der Kunden, die dort ein- und ausgingen, die die Maske trugen. Dort ist mir das passiert. Mir wurde plötzlich klar, dass ich gerade die Zählung des deutschen Philologen Victor Klemperer, eines Zeugen und Gelehrten des Aufstiegs des Dritten Reichs, wiederholt hatte: “Unsere Moral ändert sich von Tag zu Tag. Wir zählen, wie viele Menschen in den Geschäften “Heil Hitler!” und wie viele “Guten Morgen” sagen. Gestern sagten in der Bäckerei fünf Frauen “Guten Morgen” und nur zwei “Heil Hitler”: Die Moral steigt. Heute, in der Metzgerei, sagten alle: “Heil Hitler”… die Moral geht unter.” Ich gebe zu, dass ich genau in diesem Moment ein Frösteln im Nacken verspürte.
Erster Toter nach Besuchsverbot im deutschen Knastwesen!
Am 17.0.3.2020 wurde in der JVA Bruchsal (Nordbaden) ein 25-jähriger irakischer Gefangener, also kurz nach Inkrafttreten des Besuchsverbots wegen Corona, tot in seiner Zelle aufgefunden. In der JVA Freiburg kam es, auch in Folge der ganzen Restriktionen wegen der Pandemie, zu einer Auseinandersetzung eines 39-jährigen Sicherheitsverwahrten mit dem Personal.
Seit dem Inkrafttreten der Notverordnung zur Eindämmung der Ansteckung mit dem Virus hat die Wut in den Gefängnissen nicht lange auf sich warten lassen. Tatsächlich wurde das Besuchsverbot, das in einigen Gefängissen bereits in Kraft war, auf alle Gefängnisse ausgedehnt. Es würde sehr lange dauern, alle 27 Gefängnisse aufzulisten, in denen Unruhen ausbrachen. Revolten, die zu mehr oder weniger vorübergehenden Umwälzungen der Gefängnisrealität geführt haben (die auf nichts anderes als die Vernichtung und Entpersönlichung des Individuums abzielt): Gefängnisse und Einrichtungen für die Wärter in Flammen, besetzte Strukturen, Gefangene auf den Dächern, Umkehrung der Wärter – Gefangenen Rollen mit der Geißelnahme ersterer, verbrannte Dokumente, versuchte und erfolgreiche Fluchten.
In Mailand hat heute Morgen eine Gruppe von Solidarischen die
Polizeikontrollen umgangen um mit dem Fahrrad an das Gefängnis von San
Vittore zu fahren. Während eine Gruppe rufend nach Neuigkeiten von den
Häftlingen von der Piazza Aquileia fragte, ging eine andere vor der
Frauenabteilung und der fünften Abteilung vorbei, um ihre Solidarität
auszurufen, sowie um von den Unruhen zu erzählen, die bezüglich des
Opera – Gefängnisses und im restlichen Italien passierten und wie sie
unterdrückt wurden. Auch die Situation vom draußen, des Ausnahmezustands
wurde erläutert. Leider gab es keine Reaktion von drinnen, anders als
in den vergangenen Tagen, wo uns diese unsere Herzen erwärmt hat. Wurde
die ganze Abteilung wirklich unbenützbar gemacht und sind die Insassen
deshalb verlegt worden? Hat die harte Repression entmutigt und die
Kommunikation zwischen Innen und Aussen noch schwieriger gemacht? Die
Präsenz der Solidarität ist und wird in diesen Tagen notwendig sein,
unser Wille, die Verordnungen in Frage zu stellen, um als erste die
Verantwortung für unsere eigene Sicherheit und die der Menschen um uns
herum zu übernehmen. Eine Gruppe von Solidarischen erreichte auch die
Mauern des Opera – Gefängnisses. Nach einigen Feuerwerken konnten sie
ein paar Worte mit den Gefangenen wechseln, die um Hilfe riefen und
sagten, sie seien hungrig und ängstlich. Sie wiederholten auch, dass sie
kein Fernsehen, keine Dusche, kein Essen hatten, keine Pakete, keine
Post, keine Telefonanrufe, keine Ersatzinterviews erhielten, dass sie
nur eine halbe Stunde Luft hatten und dass sie zu Tode geprügelt worden
waren. Die Patroullie vor dem Gefängnis schaltete die Sirene ein um das
Gespräch zu blockieren. Wir erfuhren auch, dass einer der Jungen, der
als einer der Täter des Aufstandes identifiziert wurde, versetzt wird.
Auf der Seite der Unterdrückten Zahlenspiele zu machen, ist ein
risikoreiches Unterfangen, man läuft Gefahr dabei, sich zurückzulehnen,
die Arme vor dem eigenen immer fetter werdenden Wanst zu verschränken
und sich in seiner eigenen Eitelkeit und “Ich habs euch ja gesagt”
Mentalität zu verstecken. Ein jeder findet genug Gründe sich mit etwas
unangenehmen abzufinden. Jeder trägt sein Schärflein bei zum Status Quo.
Eines jeden Handlung oder nicht Handlung ist mitentscheidend, für die
Entwicklung der Geschehnisse. Sich Im letztlich freiwilligen Hausarrest
zu befinden, lädt einen geradezu dazu ein, sich in Texten, Büchern und
der virtuellen Welt zu verschanzen und so zu tun, als könnte man nichts
tun als warten, warten, bis eine kritische Masse erreicht ist, welche
der Herrschaft “zuviel” wird uns sie “aus eigenen Stücken” entscheidet,
die Welt wieder “Normal” werden zu lassen. Aber von welchem Normal reden
wir hier eigentlich? Es gibt nie einen Weg zurück, den hat es niemals
gegeben, jeden Tag trifft man bewusst, oder unbewusst Entscheidungen,
auch sich die Wampe vollzufressen und sich zuzudröhnen, sei es in der
virtuellen, derealisierten Welt, dem eigenen derealisierten Dasein, oder
über ebenso derealisierende Substanzen oder eben Kohlenhydraten. Die
Grenzen verschwimmen sehr leicht. Man kann nicht warten bis genug
Einzelfälle passiert sind, wie am 18.März in Via Lucio Petrone in
Salerno (Kampanien), wo sich eine 52 jährige alte Frau das Leben nahm
indem sie vom Balkon sprang, Mutter von zwei Kindern, angeblich mit
einem leichten Zustand der Depression, was auch immer das heissen mag.
Weiters schreibt die Zeitung, soweit man diesen Aasgeiern vertrauen
will, dass sie Besessen war von der Angst sich vom Corona-Virus
anzustecken, bis sie ihrer Angst nachgab und sich umbrachte. Sie wird
lapidar als “Corona – Opfer”, wenn auch “indirekt” geführt. Der Zynismus
der Speichellecker der Herrschaft kennt keine Grenzen.
Über COVID-19, autoritäre Wahnvorstellungen und die beschissene Welt, in der wir leben…
Die makabre Zahl der Todesopfer nimmt von Tag zu Tag zu, und in der
Vorstellung eines jeden Menschen stellt sich das zunächst vage, dann
immer etwas stärkere Gefühl ein, vom großen Sensenmann immer mehr
bedroht zu sein. Für Hunderte von Millionen von Menschen ist diese
Vorstellung sicher nicht neu, die Vorstellung vom Tod, der jeden
Menschen jederzeit treffen kann. Denkt nur an die Verdammten der Erde,
die täglich auf dem Altar der Macht und des Profits geopfert werden:
diejenigen, die unter staatlichen Bomben überleben, inmitten endloser
Kriege um Öl oder Bodenschätze, diejenigen, die mit unsichtbarer
Radioaktivität koexistieren, die durch Unfälle oder Atommüll verursacht
werden, diejenigen, die die Sahelzone oder das Mittelmeer überqueren und
in Konzentrationslagern für Migrant*innen eingesperrt sind, Diejenigen,
die durch das Elend und die Verwüstung, die durch die Agroindustrie und
die Rohstoffgewinnung verursacht werden, in Fleisch und Knochen
verwandelt werden… Und selbst in den Ländern, die wir bewohnen, haben
wir in nicht allzu langer Zeit den Schrecken von Metzgereien im
industriellen Maßstab, Bombenanschlägen, Vernichtungslagern kennen
gelernt… immer geschaffen durch den Durst nach Macht und Reichtum der
Staaten und Bosse, immer getreulich eingerichtet von Armeen und Polizei.
Die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Planeten bringt die
Menschheit an den Rand der Selbstzerstörung: Wir leben inmitten von
Epidemien, die vor allem durch die ständige Verbreitung von Chemikalien
(Pestizide, Insektizide, endokrine Disruptoren usw.) verursacht werden
und gleichzeitig gesundheitsschädlich sind, und wir leben umzingelt von
einer Atmosphäre mit einem so hohen Verschmutzungsgrad, dass ein großer
Teil der Bevölkerung Allergien und Krankheiten entwickelt. Diese
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen bringt auch die Verwüstung des
Territoriums durch die Techno-Industrie mit sich: das Mittelmeer wird
zur Kanalisation-Kloake, Südostasien zur chemischen Wüste, Afrika zur
großen Deponie usw.
Die Auseinandersetzung mit dem Corona-Virus verlangt uns allen im
Moment vieles ab, sorgt für Verunsicherung und Angst, und auch für
Vereinzelung und Isolation. Gerade jetzt ist es wichtig, dass wir
aufeinander aufpassen und uns solidarisch verhalten. Einige Ansätze zur
gegenseitigen Unterstützung und Vernetzung sind in den letzten Tagen
entstanden und müssen in nächster Zeit weiterentwickelt und erprobt
werden.
Uns muss dabei klar sein, dass die Marginalisierten der Gesellschaft
auch in der aktuellen Situation vor weitaus größeren Problemen stehen
und wesentlich gefährdeter sind, als die meisten anderen.
Nachfolgend
zwei Berichte von Gefangenen aus dem Knast Plötzensee/Berlin bezüglich
der Situation in den Knästen trotz der Corona Pandemie.
Plötzensee, 16.03.2020:
“ Gerade wo sich das Corona Virus rasant verbreitet, spürt man in
der JVA Plötzensee keine drastischen und gesundheitsschützenden
Maßnahmen. Die Zustände sind katastrophal, es gibt keine Seife oder
Desinfektionsspender, Putzmittel steht nur spärlich von Seiten der
Anstalt zur Verfügung und die Bediensteten melden sich vermehrt krank,
was dazu führt, dass Gefangene früher eingeschlossen werden müssen.
Gegen den hiesigen Anstaltsarzt, Dr. Henning D. ist zumindest von einem
erheblich chronisch kranken Gefangenen, dessen Werte sich zunehmend
verschlechtern, bekannt, dass gegen den Anstaltsarzt eine
Dienstaufsichtsbeschwerde und ein Verfahren bei der Berliner Ärztekammer
anhängig ist. Dr. Henning D. schweigt gegenüber der Ärztekammer zu den
Vorwürfen, wonach er trotz schriftlicher Aufforderungen, den Insassen
fachärztlichen Untersuchungen zuzuführen, über ein halbes Jahr nicht
nachgekommen ist und nicht einmal ein Blutbild erhebt, obwohl der
Insasse mehr als 20 Medikamente am Tag einnehmen muss. Zu Zeiten, wo
sich Corona erheblich ausbreitet und gerade Patienten mit
Vorerkrankungen wie Herzerkrankung und Diabetes besondere
Schutzmaßnahmen im realen Leben von der Regierung auf den Weg gebracht
werden, ist in der JVA Plötzensee nichts zu spüren und wird nicht
veranlasst. Bekannt ist, dass sich die JVA Plötzensee auf eine
Isolierstation mit 14 Betten vorbereitet, aber keine Beatmungsgeräte für
den Ernstfall vorhält. Ein großes Sicherheitsrisiko ist zudem gegeben,
dass das Essen in der JVA Charlottenburg gekocht und täglich mittels LKW
zur anderen Straßenseite, der JVA Plötzensee gefahren wird, wodurch
zusätzlich Risiken erhöht werden, Corona frei Haus zu liefern.“
“Die
furchterregendste Tyrannei ist nicht die, die den Anschein von Willkür
erweckt, sondern die, die mit der Maske der Legalität bedeckt zu uns
kommt. »
A. Libertad, 1907
Angesichts der sich weltweit ausbreitenden Covid-19-Epidemie und der
drastischen Maßnahmen, die von China bis Italien nacheinander folgen,
stellt sich als erstes die Frage, wer zwischen der Henne der Autorität
und dem Ei der Unterwerfung derzeit den größten Schaden anrichtet. Diese
abrupte staatliche Beschleunigung von Kontrollen, Verboten,
Schließungen, Militarisierung, Verpflichtungen, Medienbombardierungen,
roten Zonen, Priorisierung von Toten und Leiden, Beschlagnahmungen,
Einsperrungen aller Art, die typisch für jede Kriegs- oder
Katastrophensituation sind, fällt nämlich nicht vom Himmel. Sie gedeiht
auf einem Terrain, das weitläufig durch den sukzessiven Verzicht der
tapferen Untertanen des Staates auf jegliche formelle Freiheit im Namen
einer illusorischen Sicherheit gepflügt ist, aber sie gedeiht auch durch
die allgemeine Entmachtung jedes Aspekts unseres Lebens und durch den
Verlust der autonomen Fähigkeit des Einzelnen, an eine völlig andere
Welt als diese zu denken.
“Der Zweck des Terrors und seiner Taten ist es,
die Anpassung der Menschen an sein Prinzip auf vollständige Art zu
erpressen, so dass auch sie letztlich nur einen Zweck erkennen: den der
Selbsterhaltung. Je mehr Menschen skrupellos ihr eigenes Überleben im
Blick haben, desto mehr werden sie zu psychologischen Marionetten eines
Systems, das keinen anderen Zweck hat, als sich selbst an der Macht zu
halten”.
Leo Löwenthal, 1945
Hier sind wir also. Vor einigen Stunden
wurde der landesweite Gesundheitsnotstand ausgerufen. Eine praktisch
totale Sperre. Halbverlassene Straßen und Plätze. Verboten – das Haus ohne einen von den Behörden als gültig erachteten Grund zu verlassen (von wem? aber natürlich von den Behörden). Verboten – sich zu treffen und zu umarmen. Verboten –
jegliche Initiative zu organisieren, die auch nur ein Minimum an
menschlicher Präsenz (von Parteien bis hin zu Kundgebungen) vorsieht. Verboten –
einander zu nahe zu sein. Aussetzung jeglicher Geselligkeit. Die
Ermahnung, soviel wie möglich im Haus eingeschlossen zu bleiben und sich
In Erwartung von Neuigkeiten an ein elektronisches Gerät zu klammern.
Die Verpflichtung zur Befolgung von Direktiven. Die Verpflichtung, immer
eine “Selbstzertifikat” (Passierschein) mitzuführen, das die eigenen
Bewegungen rechtfertigt, auch wenn man zu Fuß geht. Für diejenigen, die
sich solchen Maßnahmen nicht unterwerfen sollten, gibt es Sanktionen,
die Festnahme und Inhaftierung bedeuten kann.
-Vorab: Dies ist keine
vollständige Analyse. Die Ereignisse überschlagen sich derzeitig, wir
versuchen am Ball zu bleiben. Weitere konkrete Infos folgen.-
In jeder Krise zeigen sich die
Auswirkungen vom Kapitalismus besonders deutlich und die Herrschenden
nochmal mehr als sonst ihr wahres Gesicht. So auch in dieser.
Die meisten Regierungen setzen derzeitig
alles auf Isolation – keine sozialen Kontakte, keine Begegnungen in
Räumen, nur die Haustür verlassen, wenn es „notwendig“ ist, Einkäufe auf
Vorrat, keine Menschenansammlungen, Grenzschließungen, ach – am besten
gleich zu Haue bleiben und sich einsperren. Diese Regel gilt für „alle“,
wobei damit diejenigen gemeint sind, die sich eine Isolation zu Hause
und Hamsterkäufe leisten können. Sie gilt nicht für Wohnungslose,
Arbeiter*innen, deren Jobs auch in Krisenzeiten (ökonomisch)
existenziell sind und erst recht gilt sie nicht für Gefangene.
Nun
ist schließlich jenes destabilisierende Ereignis eingetroffen, dass das
kapitalistische System blockieren könnte. Und anders, als wir uns das
vorgestellt haben, ist die Ursache dafür nicht das Handeln einer Gruppe
von Revolutionären oder einer sozialen Gruppe eines Territoriums oder
gar einer Bevölkerung im Aufstand. Das Ereignis entsteht im
kapitalistischen Körper selber und breitet sich in ihm mit der gleichen
Geschwindigkeit aus, mit der sich ein Virus in einem organischen Körper
ausbreitet, wobei dadurch verschiedene Funktionen des Systems blockiert
werden.
Nun ist schließlich jenes destabilisierende Ereignis
eingetroffen, dass das kapitalistische System blockieren könnte. Und
anders, als wir uns das vorgestellt haben, ist die Ursache dafür nicht
das Handeln einer Gruppe von Revolutionären oder einer sozialen Gruppe
eines Territoriums oder gar einer Bevölkerung im Aufstand. Das Ereignis
entsteht im kapitalistischen Körper selber und breitet sich in ihm mit
der gleichen Geschwindigkeit aus, mit der sich ein Virus in einem
organischen Körper ausbreitet, wobei dadurch verschiedene Funktionen des
Systems blockiert werden.
-mit alten Menschen, Menschen mit (Lungen-) Vorerkrankungen oder Immunschwäche,
für die COVID-19 besonders gefährlich ist.
– mit allen Menschen, die durch die jetzige Situation an ihrem Arbeitsplatz massiv unter Druck geraten (z.B.
Überstunden).
– mit Menschen, die durch (drohende) Entlassung in einer finanziellen Notlage landen.
– mit allen Menschen, die neben ihrer Arbeit die Betreuung von Kindern und alten oder kranken
Familienangehörigen auf sich nehmen müssen (Das trifft meistens Frauen).
– mit allen, denen aufgrund von Armut und/oder Obdachlosigkeit medizinische Versorgung verwehrt wird.
– mit allen, die jetzt vermehrt rassistischen Übergriffen ausgesetzt sind.
– mit allen Migrant_innen, die unter unmenschlichsten Bedingungen an den EU-Außengrenzen festsitzen
und somit von medizinischer Versorgung ausgeschlossen werden.
Nein,
wir stimmen nicht mit ein in den Chor der Panik-Pandemisten. Wir
glauben auch nicht, dass das Corona-Virus einem geheimen Labor entstammt
und freigesetzt wurde, um zugunsten eines weltwirtschaftlichen Schocks
die ökonomischen Koordinaten neu setzen und die globalen Beziehungen neu
ordnen zu könnnen.
Aber: Wir sehen deutliche Anzeichen für eine Nutzung der
Panikstimmung zugunsten neuer Programme der Verhaltenslenkung in
krisenhaften Ausnahmezuständen. Wann sonst lassen sich nahezu
widerspruchsfrei ganze Regionen abriegeln? Es ist definitiv noch zu
früh, die Akzeptanzbedingungen globaler Bevölkerungskontrolle zu
analysieren. Wir wollen jedoch warnen vor der Möglichkeit von
Massen-DNA-Screenings und Positionsdatenauswertungen im großen Stil.
In Zeiten wo selbst Standard Redakteur_innen davon
sprechen, dass sie froh sind, dass es den Verfassungsgerichtshof gibt,
weil sie sich Sorgen machen, dass der Staat die momentan notwendigen
Maßnahmen nicht zurück nimmt, treffen anarchistische Ideen und Praxen
den Punkt.
Wir hätten gerne eine Information, wie die JVA bei einer möglichen
Erkrankung umgeht. Es gibt selten einen Tag, wo keine Frau inhaftiert
wird. Wer versichert uns, dass sich Person X NICHT angesteckt
hat? Ist eine Quarantäne-Station geplant, wo der Zugang (neue
Inhaftierte) vorerst untergebracht werden, bis eine Erkrankung definitiv
ausgeschlossen werden kann. Die Justiz hat eine Informations- und
Fürsorgepflicht. Soweit, so gut, nur leider scheitert es an der
Umsetzung! Die Vergangenheit hat leider gezeigt, dass wir mit den
Ängsten, durch mangelnde Aufklärung allein gelassen werden. Wie soll
man, durch ein derartiges Verhalten ein Gespür von Sicherheit verspüren,
das ist sicher unmöglich. Man steht am Morgen auf, schaut TV oder hört
Radio und es ist eigentlich egal auf welchen Sender man schaltet, Corona
ist überall. Zwei Beispiele aus vergangenen Tagen 2019/2020, welche
aufzeigen, dass Prävention und Aufklärung nur im Kreise der
privilegierten Gesellschaft, der Blauhemdem stattfindet. Im vergangen
Jahr 2019, waren es die Tuberkulose Fälle in der JVA Chemnitz. Wo wir
seitens der JVA im Dunkeln gelassen und nicht im Geringsten informiert
wurden. Damit meinen wir nicht, dass gegen die Schweigepflicht verstoßen
werden soll. Manchmal sind es dir beruhigende Worte, die ein Gefühl von
Sicherheit geben. Wo man zum Ausdruck bringt: keine Angst, wie haben
alles unter Kontrolle! Oder auch das Gegenteil möchte man gerne
mitgeteilt bekommen, keine Details, aber ein Hinweis, wo es jetzt am
Sichersten wäre. Empathie wäre ein Vorteil. Unser Live-Ticker heißt hier
Buschfunk. Dass wenn überhaupt 20% der Wahrheit ausspuckt. Als ich die
Reaktion auf meinen Artikel vom Justizministerium erfahren habe, was ich
schlicht weg sauer. Denn wir wussten von hinter den Mauern von drei
Fällen, was auch schon viel zu viel ist! Durch mangelnden
Informationsfluss stärkt es nicht das Vertrauen. Nun durch die
Stellungsnahme des Justizministeriums erfahren wir, dass es sogar acht
bestätigte Fälle in der JVA Chemnitz waren. Tuberkulose ist eine hoch
ansteckende und gefährliche Lungenerkrankung.
Erst am 9. März
berichtete ich über Restriktionen im Justizvollzugsbereich (JVA) wegen
der Corona-Epidemie. Nun haben sich weitere Einschränkungen
hinzugesellt.
An niemandem dürfte die
Berichterstattung über den neuartigen CORONA-Virus vorbei gegangen sein.
Nun treffen Behörden auch erheblich in die Besuchsmöglichkeiten von
Gefangenen eingreifende Maßnahmen.
Der spanische Staat hat heute, am 10.03.2020, entschieden
8000 Gefangene aus 12 Gefängnissen zu isolieren, der offizielle Grund
dafür ist weitere, oder überhaupt, Ansteckungen durch das Coronavirus,
zu vermeiden. Damit reiht sich auch der spanische Staat in den Maßnahmen
die schon der italienische Staat durchgezogen hat, ein.
Zwar gibt es für den „Coronavirus-Notfall“ Maßnahmen, die zumeist aus Verboten bestehen, doch scheint sich niemand um einen Ort zu sorgen, an dem das Ansteckungsrisiko sehr hoch ist: im Gefängnis.
Die Proteste in den Gefängnissen weiteten sich in ganz Italien aus.
Darum gibt es die Idee, pensionierte Justizwachebeamte wieder in den
Dienst zu holen.
Flucht aus Foggia: In Foggia, Puglia haben etwa 250 – 300 Gefangene
einen gewalttätigen Protest gestartet um etwas gegen die Entscheidung zu
tun, die Besuche der Angehörigen komplett aufzuheben.
11:00 Der Protest ist im Gange, im Inneren des
Gefängnisses versuchen die Aufstandseinheiten die Lage unter Kontrolle
zu bringen. Draussen patroullieren Polizei und Carabinieri gemeinsam auf
den Strassen. Einer Gruppe Gefangener ist es gelungen zu den Mauern zu
gelangen, mit dem Versuch auszubrechen, wie das schon in anderen
Gefängnissen in Italien geschehen ist. In diesem Zusammenhang wird
zumindest ein Insasse verletzt.
11:30 In Villaggio Artigiani (Provinz von Foggia)
versuchen etwa 20 Gefangene, denen der Ausbruch gelungen ist, Autos zu
übernehmen. Angeblich wurde ein Mechaniker bedroht und beraubt.
12:30 Giuseppe Martone, vom Verwaltungsamt für die
Justizadministration von Puglien ist am Gefängnis um mit einer
Delegation der Gefangenen zu diskutieren um einen Stopp der Proteste zu
erreichen.
13:30 Es ist nicht klar wieviele Gefangene in die
Freiheit gelangten, nicht offizielle Daten sprechen von 30 – 40
Gefangenen, von welchen etwa die Hälfte schon wieder angehalten wurde,
während der Rest gesucht wird. Ein Hubschrauber der Polizei ist im
Einsatz. Einige wurden in Bari gefunden, ein anderer in Orta Nova,
andere wieder in via Galliani und in via Capozzi, in Foggia.
15:00 Etwa 50 Gefangenen gelang es heute morgen das
Tor des “black house” aufzubrechen, welche das Gefängnis von der Strasse
trennt und folglich zu fliehen. 36 wurden wieder gefangen.
16:30 Einige Gefangene kommen “spontan” wieder ins Gefängnis zurück. Die Proteste im Inneren gehen weiter.
19:00 Nach einem Treffen mit dem Präfekt und dem
Verwaltungsamt haben die Inhaftierten von Foggia entschieden wieder in
die verwüstete Gefangenenanstalt zurückzukehren. Es wurde ein
“Kompromiss” gefunden, welcher es den Justizwachebeamten erlaube eine
Bestandsaufnahme zu machen um herauszufinden, wieviele und wer der
Häftlinge ausgebrochen seien. Es seien mehr als 30 Geflohene, einige
seien mit Autos getürmt.
Zu den Revolten in den Knästen in Italien, konnten wir erfahren, dass
im Knast von Foggia, um die 370 Gefangene ausgebrochen sind. Ein Tor
des Knastes wurde aufgebrochen und aus diesem konnten die Gefangene
fliehen. Einige Gefangene sollen Autos angehalten haben und die
FahrerInnen raus gezogen haben um zu fliehen. Nicht desto trotz sind bis
jetzt die meisten der Gefangenen schon wieder erwischt worden.
Wie seit heute die deutschsprachigen Medien berichten, finden seit wenigen Tagen in Italien, aber auch in anderen Ländern der EU, Aufstände innerhalb der Gefängnisse statt. Alles hat mit der Ausrede für mehr Paranoia und der Verschärfung der Militarisierung des Alltages zu tun, was in diesen Tagen auch bekannt ist als Coronavirus. Mit dem Einwand dieser „Epidemie“, werden in Italien den Gefangenen nicht mehr erlaubt, dass sie von ihren Angehörigen Besuche kriegen dürfen. Gefangene dürfen nicht mehr die Zelle verlassen, rundum die Lage in den Knästen hat sich seit dem Auftreten von Coronavirus noch mehr verschlechtert. Dies in alten und seit langem überfüllten Knästen, was seit jeher ein chronisches Problem in Italien ist. Zugespitzt hat sich die Lage, nicht nur Aufgrund der massiven Repression gegen Gefangenen durch Schließer*innen und Aufstandseinheiten der Bullen, sondern jetzt auch, durch dass Ausrücken der Armee, siehe Video, um die Lage unter Kontrolle zu kriegen. Hier sind auch Videos von Intervention der Bullen in den Knästen von Foggia, Mailand, San Vittore, I, II und Modena.
Alles was diese untergehende Zivilisation noch am Leben hält ist
die Angst. Alle haben Angst. Die Machthabenden dass ihnen die
Kartentricks ausgehen könnten mit denen sie vortäuschen Lösungen
für die gegenwärtigen und kommenden Katastrophen zu haben. Die
Mittelklasse hat Angst nach unten durchgereicht zu werden, hat Angst
um ihre Privilegien, um ihre Schimäre ihr Leben hätte nur einen My
mehr Bedeutung als das des Pöbels, der die Quartiere neben ihnen
bewohnt. Die Linken haben vor allem Angst. Vor den Nazis, um ihre
Laufbahn, vor dem kommenden Aufstand, der ihrer Kontrolle entgleiten
würde.
26.09.24 | 20:00 Mein Genosse, der Spitzel. Über Security Culture und dem Umgang mit verdeckten Ermittler*innen und anderen Informant*innen @ekh [mehr Infos]
28.09.24 | 20:00 ABC Solidarity Ball - Dress up and celebrate with us! @ekh more infos soon!
ABC-Schreibwerkstatt
Aufgrund des fehlenden Interesses findet die offene Schreibwerkstatt im Moment nicht mehr statt.
Monatliches Infoblatt von ABC Wien
Internationale Woche der Solidarität mit anarchistischen Gefangenen
Internationaler Tag der Solidarität mit Marius Mason & allen anarchistischen Langzeitgefangenen