(gefunden auf: linksunten.indymedia.org)
Wie es der Zufall wollte, oder wahrscheinlich nur die spanischen Richter, am Tag nachdem zwei anarchistische GenossInnen aus Chile schon seit zwei Jahre in U-Haft in Spanien sitzen, wurden zum dritten Mal in Folge AnarchistInnen Ziel einer Repressionswelle. Seit Dezember 2014 fanden in Spanien drei Operationen des Staats gegen AnarchistInnen statt (Pandora, Pinata und jetzt vermutlich Pandora 2.0).
Vier wenn die Operation gegen die zwei GenossInnen aus Chile mitgerechnet wird. Eine Repressionswelle folgte bis jetzt der anderen und immer mit dem Vorwand, die Betroffenen standen in Verbindung mit einer anarchistischen Gruppe namens GAC (Grupos Anarquistas Coordinados – Koordinierte Anarchistische Gruppen). Diese Gruppe ist bis jetzt nur bekannt für die Veröffentlichung einiger Texte und eines Buches namens „Gegen die Demokratie„. Nichts desto trotz macht die spanische Justiz diese Gruppe für eine Reihe von Anschlägen gegen italienische Banken die in den Jahren 2012 und 2013 stattfanden verantwortlich. Die Verbindung die viele der Betroffenen in den Operationen hatten, war dass sie Monica und Francisco (die beiden chilenischen GenossInnen) im Knast besuchten. Für die spanische Justiz eine ausreichende Last um Ziel von Repression zu werden.
Die spanischen Medien, sowie mittlerweile ein paar anarchistische Infoseiten, berichten über einen erneuten Schlag gegen AnarchistInnen in Barcelona und Manresa der heute stattfand. Bis jetzt ist die Rede von neun bis zehn AnarchistInnen die festgenommen seien (je nach Seite und Bericht) sowie die Durchsuchungen von mehreren Wohnungen (in den Bezirken von Gracia, Sant Andreu, el Clot und Sants) und mindestens zwei anarchistischen Zentren in den Bezirken von Sants und el Clot in Barcelona. Angeordnet von der Audiencia Nacional (Sondergerichtshof für die Bekämpfung von Terrorismus, Nachfolger vom frankistischen Tribunal de Orden Publico) und durchgeführt von der katalanischen Polizei Mossos d’Esquadra. Es steht fest, da dieses mal es wieder die katalanische Polizei war die diese Operation gegen AnarchistInnen durchgeführt hat, dass dieser Schlag im direkten Zusammenhang mit der Operation Pandora steht. Solche Dinge sind in Spanien nicht belanglos, da die unterschiedlichen Polizeieinheiten (staatliche, regionale, städtische…) unterschiedlichen Behörden unterstehen. In diesem Falle zeigt dies, dass die Bullen in Katalonien auf keinen Fall die Ermittlungen abgeschlossen hatten und diese sogar erweitert haben.
Im Dezember 2014 fand hauptsächlich in Barcelona ein Repressionsschlag gegen AnarchistInnen statt, der durch die Mossos d’Esquadra durchgeführt wurde. Vier Monate später wurde Anhand der Policia Nacional auch ein Schlag durchgeführt, Operation Pinata, dieses mal aber in mehreren Städten (Barcelona, Madrid, Palencia) in ganz Spanien. Dies konnte auch nur die Policia Nacional durchführen, denn sie hat Kompetenzen landesweit und die katalanische Polizei nur in Katalonien. Inwieweit die Verhafteten jetzt nach Madrid überstellt werden sollten, falls auf sie auch das Antiterrorismusgesetz angewendet wird, um dort fünf Tage lang verhört und gefoltert, vor dem Richter gestellt und danach in U-Haft interniert zu werden, ist noch unklar. Vor allem auch weil genauso wie in Pandora und Pinata die Polizei die Verhafteten nur bedingt die Maßnahmen des Antiterrorismusgesetztes angewendet wurden. In Spanien steht das Antiterrorgesetz üblicherweise im Vergleich zu was hier (in Deutschland) der Paragraph 129/a ist. Dies auf der formellen Ebene, aber die beiden unterscheiden sich stark. Weil das spanische Antiterrorgesetz viel repressiver ist und heutzutage mit der Erweiterung der Definition des Begriffes viel diffuser geworden ist. Zum Beispiel reicht es heutzutage in Spanien aus, jihadistische Internetseiten anzuschauen um auch mit diesem Gesetz festgenommen zu werden. Eine weitere Erweiterung ist auch, Terrorist ist derjenige der eine terroristische Handlung gemacht hat, sei er oder sie Mitglied einer terroristischen Gruppe oder nicht. Das heißt in Spanien kann im Gegensatz zu der Vergangenheit ein einzelner auch eine Terrorzelle sein. Es ist aus der Sicht des Staates viel unkonkreter was den Begriff des Terrorismus ausmacht, sodass vieles unter diesem Begriff fällt was früher nicht der Fall war. Dies betrifft auch die Verschärfung des Strafgesetzbuches in Verbindung mit den Urteilen die die Richter erlassen können. Zum Beispiel, nach dem im Jahre 1995 das Strafgesetzbuch in Spanien verändert wurde, wurde dieses im Jahre 2000 erweitert um die Aktionen der Kale Borroka (Straßenkampf auf Baskisch, gleichgesetzt als Terrorismus der auf einem niedrigen Niveau stattfindet) im Baskenland auch als Akte des Terrorismus. Dies bedeutet, dass seitdem im Baskenland Menschen für das Anzünden eines Containers wie für eine terroristische Tat verurteilt werden können. Dass für das werfen eines Mollis auch wenn dieser nur materiellen Schaden verursacht, dies als ein terroristischer Akt gesehen wird. Während für diese Taten im Rest von Spanien die Strafe eine Geldstrafe oder eine geringe Haftstrafe wäre, wurden im Baskenland dafür Menschen für etliche Jahre verurteilt und eingeknastet.
Doch diese verzerrte und banalisierte Anwendung davon was Terrorismus sei, wird langsam auch außerhalb des Baskenlandes angewendet. Mit der Ausrede dies seien notwendige Maßnahmen um den Jihadismus in Spanien zu bekämpfen, auch wenn sie auf weitere Bereiche, Gruppen oder Bewegungen ausgeweitet werden. Das politische Leben in Spanien beinhaltet seit jeher die Gefahr des Damoklesschwertes der Anwendung der Antiterrorgesetze auf einen selbst, einer Gruppe oder einer Bewegung. Auch wenn dies im Baskenland härter war, fanden Repression und Folterungen überall statt. Nicht nur auf Menschen die in bewaffneten Zusammenhängen oder Gruppen waren, sondern auch deren Umfeld (sei dieses politisch, familiär oder freundschaftlich) betroffen von Repression war. Dies ist nichts neues und auch für die anarchistische Bewegung nicht. Alle Jahre wieder wurden wir von Repression getroffen und etliche GenossInnen waren in Haft. Auch wenn einige dies wie es scheint vergessen haben.
All dies sollte gesagt werden, weil in den letzten Repressionsfällen in Spanien viel von der Ley Mordaza (Maulkorbgesetz) gesprochen wurde. Die Verschärfung des Demonstrationsrechtes in Spanien hat mit all diesen Fällen nichts zu tun. Politische Menschen werden unter dem Antiterrorgesetz festgenommen und gefoltert. Den Fokus von dem Antiterrorgesetz auf das neue Maulkorbgesetz zu richten, was einige Male gemacht worden ist, wäre fatal. Denn wie oben schon erwähnt, hinter dem Antiterrorgesetz in Spanien steht eine Strategie der Angst. Eine reale Angst die einigen das Leben während dem fünftägigen Verhör gekostet hat, bei vielen anderen unsichtbare Narben hinterlassen hat.Was die spanischen (und daher herrschenden) Behörden damit bezwecken ist es jede Form von Dissidenz zu bekämpfen. Wir werden daher auch sehen wie die neuen aufkommenden spanischen linken Parteien (wie Podemos) oder die separatistischen Kräfte (wie Junts pel Si oder CUP in Katalonien) darauf reagieren werden, denn auch sie würden Revolutionäre bekämpfen. Genau an einem Tag nach der Erklärung der katalanischen Bourgeoisie, die Hand in Hand mit katalanischen linksradikalen SeparatistInnen agieren, Katalonien von Spanien zu spalten, fand dieser Repressionsschlag durch die katalanische Polizei. Nicht das wir einem neuen und noch so linken Staat Glauben schenken würden, aber eins ist klar, die katalanischen Bullen arbeiten für den spanischen Staat und der bekämpft auch jene Kräfte die für den katalanischen Staat ein Problem sind.
Freiheit, für die Freilassung aller Gefangenen!
Für die Zerstörung jeglicher Form von Unterdrückung und Herrschaft!
Für die Anarchie!
Solidarische Grüße aus Berlin!
Solidaritätskundgebungen heute in ganz Spanien:
- Gràcia: 20h. Pl. Diamant. Convocatoria unitaria de Barcelona
- Girona. 12:30h. Davant la Generalitat
- Madrid. 20h. Tirso de Molina
- Manresa. 20h. Pl Sant DomènecqVe
- Berga. 20h. Pl Sant Pere
- Zaragoza. 20h. Pl España