Der Prozess steht im Kontext der Militarisierung der europäischen Außengrenzen, die zwischen Serbien, Bosnien, Kroatien und Ungarn stattfindet, sowie der weit verbreiteten Kriminalisierung von Bewegungsfreiheit und Solidaritätsakten, die die meisten Länder betrifft.
Am Morgen des 21. September 2016 fuhren die beiden Aktivist*innen mit einer vierköpfigen Familie in einem Auto auf einer Landstraße und stießen etwa 50 km vor der serbischen Grenze auf eine Straßensperre der Grenzpolizei. Da die Familie keine Papiere vorweisen konnte, wurden sie auf die Polizeistation von Tovarnik, einer Kleinstadt nahe der serbischen Grenze, gebracht. Nach einem stundenlangen Verhör wurden die beiden Aktivist*innen wegen Begünstigung der illegalen Einreise, Bewegung und des illegalen Aufenthalts im Land festgenommen. Die gegen sie erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe stützen sich auf eine rechtswidrige, erfundene Zeugenaussage, die angeblich von der Familie gesammelt wurde, wonach es einen ökonomischen Austausch zwischen der Familie und den Aktivist*innen gegeben hätte. Während der Inhaftierung wurde der Familie das Recht verweigert, Asyl zu beantragen – wie es gängige Praxis ist – und dem kranken Vater wurde der Zugang zu medizinischer Versorgung verweigert. Die Familie wurde drei Tage lang festgehalten, um als Hauptzeug*innen gegen die beiden Aktivist*innen auszusagen, bevor sie nach Serbien zurückgeschoben wurde. Die beiden Aktivist*innen wurden zu einem Monat Untersuchungshaft verurteilt, kamen aber kurz darauf wieder frei, da dank der Unterstützung von Solidaritätsgruppen Geld für die Kaution aufgebracht werden konnte.
2017 bot der Staat einen Geständnis-Deal an, den die beiden Aktivist*innen nicht annahmen. Im Juni 2020 wurden sie ohne Prozess für schuldig erklärt, basierend auf den erfundenen Aussagen des Staatsanwalts. Als Strafe erhielten sie 8 Monate Gefängnis auf Bewährung und die Zahlung einer Geldstrafe. Auch gegen dieses Urteil legten sie Berufung ein, da sie sich weigerten, diese Verurteilung kampflos hinzunehmen. Nach fünf Jahren, im März 2021, begann der Prozess und es wird erwartet, dass er für einige weitere Termine fortgesetzt wird, wobei Prozesskosten in Höhe von etwa 10.000 Euro anfallen.